1. Unterschiedliche Folgen der verschiedenen Vertragstypen
Bei einem Kaufvertrag muss der Verkäufer die Sache mangelfrei übergeben und das Eigentum daran verschaffen, während der Käufer den Kaufpreis zahlen muss, § 433 BGB.
Im Rahmen eines Werkvertrags wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, § 631 I BGB.
Es wird also deutlich, dass der Unternehmer
beim Werkvertrag einen bestimmten Erfolg schuldet, der über die bloße
Verschaffung des Eigentums hinausgeht.
Der Werklieferungsvertrag enthält demgegenüber ein werkvertragliches und
ein kaufvertragliches Element, nämlich die Herstellung und die Übergabe und
Übereignung.
Wenn man nach dem zu prüfenden Sachverhalt dann zu dem Ergebnis kommt, dass ein Werklieferungsvertrag gegeben ist, muss für die Ermittlung des anzuwendenden Rechts eine Weichenstellung erfolgen.
Sollte es sich bei der herzustellenden Sache um eine vertretbare Sache handeln, gilt das Kaufrecht. Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen, § 91 BGB.
Bei einer unvertretbaren Sache gelten zudem die Vorschriften der §§ 642, 643, 645, 649, 650 BGB, die zu ganz anderen Rechtsfolgen führen können.
Eine genaue Einordnung des Vertragstyps und
dann die Unterscheidung zwischen vertretbarer und unvertretbarer Sache sind
deshalb von großer Bedeutung.
Beispiel: Wenn ein Kunde bei einem Unternehmer einen serienmäßig herzustellenden Holztisch bestellt, der entsprechend seinen Wünschen in einer später noch zu bestimmten Farbe gestrichen werden soll, liegt ein Werklieferungsvertrag über eine vertretbare Sache vor, für den ausschließlich das Kaufrecht gilt.
Sollte der Kunde hier auch nach einer befristeten Aufforderung an der Fertigstellung nicht mitwirken, indem er sich hinsichtlich der konkreten Farbe nicht festlegt, könnte der Unternehmer vom Vertrag nach § 323 BGB zurücktreten. Dann erhielte der Unternehmer aber auch keine Teilvergütung. Er kann aber den Tisch ohne Probleme auch anderweitig verkaufen, sodass ihm keine große Ungerechtigkeit widerfährt.
Wenn es sich dagegen um eine unvertretbare Sache handelt, wie etwa der
Anfertigung eines nach den besonderen Bedürfnissen des Bestellers hergestellten
Tiefladesattelaufliegers (BGH BB 2010, 1561, Rn. 8), wobei der Besteller
wiederum nach Fristsetzung nicht mitwirkt, da er die zur Fertigstellung nötigen
konkreten Daten nicht liefert, sieht die Situation anders aus. Hier gelten die Vorschriften der §§ 651 S. 3,
643 S. 1, 645 I BGB, sodass der Kunde einen der geleisteten Arbeit
entsprechenden Teil der Vergütung zahlen muss.
Diese Folge leuchtet ein, denn der Unternehmer kann ja mit dem nicht
fertiggestellten Tiefsattelauflieger (anders als mit dem Tisch im vorigen Fall)
nichts anfangen.
2. Abgrenzungskriterien
Die Einordnung des Vertrags
als Werklieferungsvertrag ist im jeweiligen Einzelfall anhand der
Gesamtumstände vorzunehmen. Das ist
sicherlich nicht immer einfach.
Allerdings gibt es bestimmte Kriterien, die in diesem Zusammenhang
nützlich sein können.
Zunächst ist festzuhalten,
dass rein geistige Leistungen dem
Werkvertragsrecht unterfallen, auch wenn der Erfolg in einer Sache verkörpert
ist.
Beispiel: Wenn der Rechtsanwalt etwa ein
Gutachten hinsichtlich der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels gegen eine
Entscheidung erstellen soll, schuldet er einen Erfolg in Form einer geistigen
Leistung, sodass die Verkörperung in den tatsächlich bedruckten Seiten nicht
maßgeblich ist.
Der Bundesgerichtshof hat in
der Entscheidung zum Tiefsattelauflieger (siehe oben) allerdings entschieden,
dass die Planungsleistungen im Vorfeld der Erstellung einer Sache an der
Einordnung als Werklieferungsvertrag nichts änderten, da eine gewisse Planung
in diesen Fällen immer nötig sei und die Lieferung im Mittelpunkt des Vertrags
gestanden habe (BGH, aaO, Rn. 9).
Ebenso sind Arbeiten eines
Unternehmers an den Sachen des Kunden ausschließlich nach Werkvertragsrecht zu
beurteilen, wenn es sich um eine Reparatur
handelt.
Beispiel: Wer seine Armbanduhr zu einem
Fachgeschäft bringt, um sie dort reparieren zu lassen, schließt einen
Werkvertrag über den herbeizuführenden Erfolg ab, selbst wenn der Unternehmer
hier einzelne Ersatzteile einbauen muss.
Sofern der Unternehmer eine
Sache herstellen und sodann beim Kunden montieren soll, ist die Abgrenzung zum
Werkvertrag danach vorzunehmen, ob die Montage
lediglich eine Nebenleistung ist, denn dann wäre ein Werklieferungsvertrag mit
einer Verpflichtung zur Montage als Nebenleistung gegeben. Ein Kaufvertrag wird regelmäßig anzunehmen
sein, wenn der Vertragspartner die Montage grundsätzlich auch selbst vornehmen
kann (OLG Stuttgart NJW-RR 2011, 669, Rn. 54).
Beispiel: Wenn man in einem Möbelhaus ein
einfaches und noch herzustellendes Regal kauft, das sodann vom Unternehmer in
der Wohnung des Käufers nur mit einigen Schrauben aufgebaut werden muss, wäre
die diese einfache Montage wohl nur als Nebenleistung zu einem
Werklieferungsvertrag zu sehen.
Demgegenüber ist ein reiner
Werkvertrag gegeben, wenn der Erfolg so bedeutend ist, dass die Montage nicht
das entscheidende Kriterium ist, wie etwa beim Einbau einer Küche nach den
speziellen Wünschen des Bestellers (BGH NJW 2013, 1431, Rn. 18). Auch das Errichten eines Gebäudes auf einem
dem Kunden gehörenden Grundstück ist als reiner Werkvertrag zu beurteilen. Zwar werden zur Errichtung des Gebäudes
zahlreiche bewegliche Sachen verwendet, dennoch ist die Herstellung des
Bauwerks (und damit der geschuldete Erfolg) als ausschlaggebendes Kriterium zu
betrachten.
Wenn beim Kauf eines Kfz
dieses nach den Wünschen des Bestellers umgerüstet wird (Einbau einer
Flüssiggasanlage), so liegt ein reiner Kaufvertrag vor, denn im Mittelpunkt des
Vertrages steht die Übertragung von Eigentum und Besitz an dem - umgerüsteten -
Fahrzeug, wobei der Verpflichtung zum Einbau der Flüssiggasanlage im Vergleich
dazu kein solches Gewicht zukommt, dass sie den Vertrag prägen würde (BGH NJW
2013, 2584, Rn. 15).
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