Dazu bestimmt die Vorschrift des § 166 BGB:
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
(2)
Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht)
der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann
sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die
Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der
Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
1. Grundsatz
Es kommt also nach dem Gesetz grundsätzlich auf die Kenntnis des Vertreters an (vorbehaltlich von § 166 II BGB). Sollte dieser allerdings seine Kenntnis bei Vertragsschluss wieder durch Vergessen verloren haben, kann keine Zurechnung erfolgen (Buck, Wissen und juristische Person, 2001, 133).
Somit kann der Geschäftsherr etwa die Willenserklärung des Vertreters anfechten, obwohl Letzterer sich geirrt hat.
In diesem Fall wäre selbstverständlich auch eine Anfechtung durch den Vertreter möglich, wenn seine Vertretungsmacht auch diese Erklärung umfasst.
Aus § 166 I BGB ist sodann zu schließen, dass der Geschäftsherr die Willenserklärung, welche ihm zugerechnet wurde, nicht anfechten kann, wenn lediglich er einem Irrtum unterlag, nicht aber der Vertreter.
Gemäß § 166 I BGB ist für das Kennenmüssen ebenso auf den Vertreter abzustellen, was etwa bei der Gutgläubigkeit nach §§ 892, 932 BGB von Bedeutung ist, wobei wiederum die Ausnahme nach § 166 II BGB bei einer Weisung besteht.
2. Ausnahmen
In allen Fällen (die nicht schon nach § 166 II BGB zu behandeln sind) ist vom Grundsatz her allein der am jeweiligen Rechtsgeschäft beteiligte Vertreter maßgeblich, also nicht etwa ein solcher, der in der Vergangenheit einmal als Vertreter gehandelt hatte oder am konkreten Geschäft nicht beteiligt war.
Davon können aber auch Ausnahmen bestehen:
Das ist der Fall bei einem „Wissensvertreter“ in einer arbeitsteiligen Organisation, bei dem die Vorschrift des § 166 I BGB analog gilt.
Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vertretene Organtheorie besagt, dass einer juristischen Person das Wissen des organschaftlichen Vertreters selbst dann zurechnet werden kann, wenn dieser am konkreten Vertragsschluss gar nicht teilgenommen hat. Diese Rechtsprechung gelte dann auch für eine nicht rechtsfähige Gesellschaft (BGH NJW 2001, 359, unter II 3 b).
Allerdings muss es sich dann auch um einen „Wissensvertreter“ handeln. Der Bundesgerichtshof sieht als "Wissensvertreter" jeden an, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten; er brauche weder zum rechtsgeschäftlichen Vertreter noch zum "Wissensvertreter" ausdrücklich bestellt zu sein (BGHZ 117, 104, unter II 3 a).
Falls der Vertreter z.B. das
entsprechende Wissen nicht im Gedächtnis hat, kann eine Zurechnung in diesen
Fällen dennoch erfolgen, wenn es um aktenmäßig
festgehaltenes Wissen geht. Es
genügt dann, dass die Tatsachen in den Akten niedergelegt sind, wenn ein Anlass
zum Einsehen dieser Akten gegeben war.
Der Bundesgerichtshof geht sodann über die soeben genannte Rechtsprechung hinaus noch einen Schritt weiter:
Selbst wenn dieses typischerweise aktenmäßig festgehaltene Wissen nicht mehr in den Akten vorhanden ist, der Geschäftsherr jedoch dokumentationspflichtig war, muss er sich bei nicht ordnungsgemäßer Dokumentation so behandeln lassen, als ob er das verlorene Wissen zur Zeit des Vertretergeschäfts gehabt hätte (BGHZ 132, 30, unter II C 2 a). Dann ist es sogar unerheblich, wenn das wissende Organ bereits ausgeschieden oder verstorben ist, um zu einer Zurechnung des Wissens zu kommen.
Eine weitere (oben schon angesprochene) Ausnahme bestimmt § 166 II BGB, also die Weisung des Geschäftsherrn.
Nach umstrittener Ansicht gilt diese Norm wegen ihres Wortlauts nur bei der rechtsgeschäftlichen Vollmacht (a.A. MüKo/Schramm, BGB, 6. Auflage, 2012, § 166 Rn. 57).
Darüber hinaus nimmt die
herrschende Ansicht eine Anwendbarkeit entgegen dem Wortlaut nicht nur bei Kenntnis
oder Kennenmüssen, sondern auch bei Willensmängeln an.
Der Begriff der Weisung ist hier weit auszulegen, sodass es schon ausreicht, wenn der Vertreter im Rahmen der ihm erteilten Vollmacht ein Rechtsgeschäft abschließt, zu dessen Vornahme ihn der Vollmachtgeber veranlasst hat, damit sich Letzterer nicht hinter der Gutgläubigkeit seines Vertreters verstecken kann (BGHZ 38, 65, 68).
Allerdings gesteht eine verbreitete Ansicht in der Literatur dem Geschäftsherrn dann nach § 166 II BGB analog eine Anfechtung zu, wenn er seinem Vertreter bestimmte Weisungen gegeben hat und dabei aber selbst einem Irrtum unterlag (Jauernig, BGB, 14. Auflage, 2011, § 166 Rn. 6).
Jedenfalls nach völlig herrschender Ansicht gilt das bei einem Irrtum, der auf einer arglistigen Täuschung des Geschäftspartners beruht (BGH NJW 1969, 925, unter II 2 b; Medicus, BGB AT, 10. Auflage, 2010, Rn. 902).
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