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Freitag, 30. Oktober 2015

Halloween – It’s all fun and games until…

Halloween – It’s all fun and games until…: Eine rechtliche Beurteilung zum Schadensersatz bei unerlaubten Handlungen von Minderjährigen und Kindern


Der morgige Tag ist hier in Amerika ein “big deal”.  Es handelt sich um Halloween.

Hier meine Gedanken mit dem Titel: Halloween – It’s all fun and games until…

Am späten Nachmittag machen sich dann wieder Horden von Kindern auf den Weg durch die Nachbarschaft, um sich an jeder Haustür Süßigkeiten abzuholen.  Je später der Tag, desto älter sind die umherziehenden Kinder.

Sobald es dann richtig dunkel ist, kommen gelegentlich auch Leute vorbei, welche die Grenze von Spaß zu Ernst überschreiten.  Insbesondere das Werfen von faulen Eiern löst bei manchem Jugendlichen eine solche Faszination aus, dass er (in aller Regel ist es keine Sie, deshalb soll im Folgenden die männliche Version benutzt werden) einfach nicht anders kann, als wahllos Eier auf irgendwelche Häuser zu werfen.

Das mögen manche Menschen noch als Spaß ansehen, es vergeht einem aber doch recht schnell das Lachen, wenn man am nächsten Morgen feststellt, dass die Burschen Eier auf das vor der Garage abgestellte Auto geworfen und dadurch den Lack zerstört haben.

Wie sieht es dann mit einer zivilrechtlichen Haftung aus, wenn der genannte Fall in Deutschland spielt?

Zunächst einmal liegt eine deliktische Haftung des Täters nach § 823 I BGB sowie § 823 II BGB, § 303 StGB (ab 14 Jahre) auf der Hand.  Dann wäre die Deliktsfähigkeit des jeweiligen Jugendlichen zu prüfen.  Deliktsunfähig sind gem. § 828 I BGB Kinder bis sie das 7. Lebensjahr erreicht haben.  Das dürfte in der Praxis eher unbedeutend sein, denn so junge Kinder sind regelmäßig mit ihren Eltern unterwegs, sodass sich die Zahl der Eierwerfer in diesem Alter in Grenzen halten dürfte.

Kinder zwischen dem 7. und dem 18. Lebensjahr sind nach § 828 III BGB beschränkt deliktsfähig.  Dann kommt es also auf den Einzelfall an und es muss festgestellt werden, ob der Täter die Einsicht in das Unrecht seines Tuns und die Verantwortung seines Verhaltens hatte.

Entscheidend ist daher, dass der Jugendliche die geistige Entwicklung aufweist, die ihn generell das Unrecht seiner Handlungen und seine Verantwortung für sein eigenes Tun erkennen lässt (BGH NJW 2005, 354, 355).  Hier soll sogar schon ein allgemeines Verständnis dafür ausreichend sein, dass das Verhalten Gefahren herbeiführen kann (BGH NJW 1984, 1958).

Auf den Fall des Eierwerfens übertragen wird wohl niemand ernsthaft bezweifeln, dass ein Kind mit normalem Entwicklungsstand die Gefahr seines Handelns erkennen kann.  Und das sicherlich auch schon ab dem 7. Lebensjahr, wobei die Beurteilung immer klarer wird, ja älter das Kind ist.  Hier nimmt das Gesetz im Übrigen an, dass diese Personengruppe grundsätzlich schuldfähig ist.  Demnach trägt das Kind die Beweislast dafür, dass ihm ausnahmsweise die Verschuldensfähigkeit fehlt (BGH NJW 1984, 1958).

Neben dem Kind kommt aber auch noch eine Haftung des gesetzlichen Vertreters, also regelmäßig der Eltern, in Betracht.  Einschlägige Norm ist die Vorschrift des § 832 I BGB.  Für den/die fortgeschrittene/n Jurastudenten/in ist hier klar, dass es sich um eine Haftung für eigenes Verschulden des Aufsichtspflichtigen handelt und der weit verbreitete unsinnige Satz „Eltern haften für ihre Kinder“ aus juristischer Sicht genau das ist, nämlich Unsinn.

In tatbestandlicher Hinsicht muss das Kind durch eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige unerlaubte Handlung einen Schaden zugefügt haben, wobei ein Verschulden nicht notwendig vorliegen muss.

Die Aufsichtsbedürftigkeit des Täters ergibt sich hier schon aus der Minderjährigkeit.  Das Alter des Kindes spielt dann erst für das Ausmaß der Aufsichtspflicht eine Rolle.  Die Eltern als in der Regel Aufsichtspflichtige müssten also ihrer Aufsichtspflicht genügt haben, um das vom Gesetz vermutete Verschulden zu widerlegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimme sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Eltern in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden könne, wobei entscheidend sei, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssten, um die Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern (BGH NJW 2009, 1954, Rn. 8).

Wenn also das Kind schon älter ist und auch öfters bereits durch ein vorsätzlich schadensverursachendes Verhalten aufgefallen ist, hielte ich es nicht für ausreichend, wenn die Eltern das Kind an Halloween ohne Aufsicht mit Freunden durch die Straßen ziehen ließen.  Dann käme auch eine Haftung der Eltern auf Schadensersatz wegen ihres eigenen Verschuldens in Betracht.

Und die Moral von der Geschicht:

All die soeben gemachten rechtlichen Ausführungen nützen dem Geschädigten aber nichts, wenn er nicht weiß, wer die Eier geworfen hat.  Dann bleibt er auf seinem Schaden sitzen.  Deshalb werde ich dieses Jahr mein Auto in der Garage parken. :)


Hier ist ein weiterer Artikel zu amerikanischen Traditionen







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