Wer das Studium der Rechtswissenschaft aufgenommen hat, muss sich im Klaren darüber sein, dass die Juristerei (ja, dieses Wort darf man tatsächlich verwenden) auch ordentliche Kenntnisse der deutschen Sprache voraussetzt. Zudem muss man die Bedeutung rechtlicher Begriffen kennen. Die Wortwahl im Jurastudium und im Staatsexamen ist in der Tat wirklich wichtig, um ein gutes Gesamtbild in der Prüfung abzugeben.
Im Folgenden sollen ein paar Tipps für die richtige Wortwahl hinsichtlich gängiger Missverständnisse gegeben werden.
Als Jurist/in muss man seine beste Waffe kennen: die Sprache. Wer das zweite Staatsexamen hinter sich hat und ins juristische Berufsleben einsteigt, merkt sehr schnell, dass man sehr viel schreiben und reden muss. Das gilt jedenfalls für die hauptsächlich nach der Ausbildung ergriffenen Berufe.So muss man als Rechtsanwalt/in mit den Mandanten/innen
reden, Schriftsätze verfassen und vor
Gericht mündliche Ausführungen machen. Aber auch Staatsanwälte/innen oder
Richter/innen leisten enorm viel Schreibarbeit in den Verfügungen, Anklagen und
gerichtlichen Entscheidungen, und sie müssen darüber hinaus mündliche
Verhandlungen leiten oder an ihnen teilnehmen. Das bedeutet, sie müssen nicht
nur mit den rechtlichen Vertretern/innen, sondern auch mit den am Verfahren
beteiligten Parteien sprechen.
Es bietet sich also an, dass man bereits im Jurastudium damit beginnt, sich auf die Sprache zu konzentrieren und sich an den doch recht eigenen Sprachgebrauch unter Juristen/innen gewöhnt.
Man sollte diese
Gesichtspunkt der Ausbildung nicht herunterspielen, denn gerade in der
mündlichen Prüfung im ersten Staatsexamen, aber auch in schriftlichen Prüfungen
kann ein schlechter Gesamteindruck entstehen, wenn man die falschen Worte wählt
oder ihre Bedeutung nicht verstanden hat.
Die häufigsten Ungenauigkeiten
Hier sind die nach meinem Dafürhalten häufigsten Ungenauigkeiten in der Wortwahl, die man vermeiden
sollte:
Und hier habe ich ein kurzes Video dazu gemacht:
Anfechtung
Man kann sich trefflich im Bereich des Allgemeinen Teils des
BGB über das Recht der Anfechtung streiten. So ist es durchaus vertretbar, wenn
man sagt, man wolle „einen Vertrag anfechten“. Das entspricht zwar nicht der
herrschenden Meinung, denn die geht davon aus, dass die auf den Vertrag
gerichtete Willenserklärung angefochten werden kann und nicht der Vertrag selbst.
Das wird teilweise in der Literatur aber auch anders vertreten. Wenn man dann
wenigstens die Argumentation kennt, kann man auf Nachfrage mit Wissen glänzen.
Darum soll es hier aber nicht gehen. Um beim
Anfechtungsrecht zu bleiben: Man liest immer wieder, dass Person X „den Vertrag
anfechtet“. Die richtige Formulierung wäre, dass man die Willenserklärung (oder
mit der Mindermeinung den Vertrag) „anficht“. Eine Erklärung wurde z.B. auch
nicht „angefechtet“, sondern „angefochten“. Derartige Fehler wirken nicht gut
und sind leicht vermeidbar.
Mietwagen
Alle Studierenden sollten schon recht schnell im Studium
lernen, dass man etwa bei Hertz oder Sixt keinen „Leihwagen“ nimmt, sondern
einen „Mietwagen“. Denn immerhin will das Unternehmen ja Geld für die
Zurverfügungstellung eines Kfz, weshalb es sich bei dem Vertrag nicht um eine
unentgeltliche Leihe gem. § 598 BGB handeln kann.
Firma
Ein Klassiker im Handelsrecht ist dieser Satz: „Der Kaufmann
geht jeden Morgen in seine Firma.“ Wer genauer hinsieht, wird feststellen, dass
gem. § 17 I HGB die Firma eines Kaufmanns der Name ist, unter dem er seine Geschäfte
betreibt und die Unterschrift abgibt. Der Kaufmann oder die Kauffrau gehen also
in ihr Büro
oder ihr Geschäft, aber nicht in die Firma.
Besitz am Haus
Ein weiteres Beispiel aus dem Sachenrecht: Im allgemeinen
Sprachgebrauch heißt es oft, dass der X seinen „Besitz an dem Haus auf den Y
umgeschrieben“ hat. Regelmäßig ist damit gemeint, dass der X sein Eigentum an
dem Grundstück (das Haus ist ein wesentlicher Bestandteil und kann nicht
separat übertragen werden) auf den Y übertragen hat und dies im Grundbuch
eingetragen wurde. Als Jurist/in muss man zwingend zwischen Besitz und Eigentum
unterscheiden und sollte derartige Formulierungen vermeiden.
„Rechtskräftiger“ Vertrag
In Diskussionen zum Schuldrecht liest man gelegentlich, dass die Parteien einen
„rechtskräftigen“ Vertrag geschlossen haben. Der Vertrag mag vielleicht
rechtswirksam sein, aber rechtskräftig wird er selbst nicht, sondern nur ein
etwaiges Urteil.
Mündliche Verhandlung / Hauptverhandlung
Im Prozessrecht wird oft das Strafrecht mit dem Zivilrecht
verwechselt. Man sollte sich vergegenwärtigen, dass es im Zivilprozess eine
„mündliche Verhandlung“ gibt, aber keine „Hauptverhandlung“. Letzteres ist dem
Strafrecht vorbehalten.
Fazit
Diese kleine Auswahl an Beispielen soll einmal
verdeutlichen, dass wir Juristen nun einmal eine eigene Sprache haben und hier
auch sehr sorgfältig mit ihrem Umgang sein sollten. Die Wortwahl im Jurastudium
ist durchaus wichtig. Wer etwa in einer Klausur im Staatsexamen alle oben
genannten Fehler begeht, wird sicherlich einen schlechten Gesamteindruck abliefern
und mit Punktabzug rechnen müssen.
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