Das Verfahren der einstweiligen Verfügung gehört zum Pflichtstoff in der juristischen Ausbildung an der Universität. Hier sind lediglich die Grundzüge in diesem zivilprozessrechtlichen Gebiet erforderlich, also kein tieferes Wissen.
Das Oberlandesgericht Dresden hat in einer neuen Entscheidung dazu Stellung genommen, welche Beweismittel in einem solchen Verfahren zulässig sind. Zur Vertiefung der Problematik bietet sich die Lektüre des Beschlusses daher an.
Das Gericht führt u.a. aus:
"a) Sie übersieht insbesondere die Beschränkung der Beweisaufnahme im Verfügungsverfahren, das nur eine eingeschränkte Schlüssigkeitsprüfung vorsieht und als Beweismaß die Glaubhaftmachung ausreichen lässt (§§ 920 Abs. 2, 935, 294 ZPO). Die beweisbelastete Partei kann sich in diesem Rahmen grundsätzlich aller – d.h. nicht nur der förmlichen Beweismittel nach § 355ff. ZPO bedienen; es gilt also der Freibeweis (Saenger, ZPO § 294 Rn. 6, beck-online). Zulässig ist daher etwa die Vernehmung der Gegenpartei ohne die Voraussetzungen des § 445 ZPO genauso wie die Vorlage unbeglaubigter Kopien von Schriftstücken (zB Fristen- oder Wiedervorlagekalender: BGH NJW 2002, 1429, 1430; OLG Köln FamRZ 1983, 709, 711) oder einer anwaltlichen Versicherung. Auch schriftlich vorgelegte Zeugenaussagen oder Privatgutachten können genügen. Im Anwendungsbereich des § 511 Abs. 3 ZPO reicht nach der Rechtsprechung des BGH sogar eine einfache Parteierklärung aus (BGH NJW 2015, 873, 874, Zöller-Gelmer und Greger, ZPO, 35. Aufl. § 294 Rn 5; Senat Beschluss vom 10. März 2022 – 4 W 94/22 –, Rn. 6, juris). Auch der Zeuge vom Hörensagen ist geeignet, die Grundlage für eine Glaubhaftmachung im Verfügungsverfahren zu legen, mag auch der Beweiswert einer solchen Aussage geringer sein als die Bekundung unmittelbar eigener Wahrnehmungen (BGH NJW 2017. 386 Rn 27; Zöller-Greger, aaO. § 286 Rn 9a m.w.N.). Die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ist auch im Verfügungsverfahren nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Frage beschränkt, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig oder unrichtig sind und ob aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird (BGH, Urteil vom 14. Februar 2017 - VI ZR 434/15 - juris; Urteil vom 21. Juni 2016 - VI ZR 403/14 - juris; Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03 - juris. Senat, Beschluss vom 14. September 2017 - 4 U 975/17 -, Rn. 3, juris; Senat, Beschluss vom 10. Januar 2018 – 4 U 750/17 –, Rn. 2, juris). Dies ist hier nicht der Fall."
Fazit
Wie man sieht, sind in einem solchen Verfahren sehr viel geringere Anforderungen an den Beweis (die Glaubhaftmachung) gestellt als in einem förmlichen Beweisverfahren der ZPO.
Oft finden sich in Klausuren zum ersten Staatsexamen Zusatzfragen am Ende des Sachverhalts, die sich mit zivilprozessualen Problemen beschäftigen. Wer also hier noch ein paar Punkte herausholen will, sollte sich dieses überschaubare Gebiet der einstweiligen Verfügung einmal genauer ansehen.
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