1. Wahlrecht
Wenn der Verkäufer eine
mangelhafte Sache an den Käufer übergeben hat, kann Letzterer grundsätzlich
eine Nacherfüllung verlangen. Dabei hat
der Käufer ein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Nacherfüllung, § 439 I BGB:
Der
Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder
die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
Es bestehen also zwei Varianten der Nacherfüllung, nämlich die Nachbesserung, also die Reparatur der Sache, und die Nachlieferung, also die Neulieferung eines mangelfreien Kaufgegentands. Dieses Wahlrecht betrifft aber nur die beiden Nacherfüllungsarten der Neulieferung und der Nachbesserung, nicht aber die Wahl, wie innerhalb der Nachbesserung die Reparatur technisch vollzogen wird, denn letztere Wahl steht allein dem Verkäufer zu.
Somit kann der Verkäufer entscheiden, ob die
Nachbesserung dann so erfolgt, dass ein fehlerhaftes Teil der Kaufsache ersetzt
oder lediglich repariert wird. Auch
bleibt es dem Verkäufer überlassen, ob er die Nachbesserung durch Einsendung an
den Hersteller oder selbst durch sein Personal reparieren lässt. Bei einer Einsendung an den Hersteller muss
der Verkäufer allerdings die Versendungskosten ersetzen.
Des Weiteren stehen die
Nachlieferung und die Nachbesserung nach der herrschenden Ansicht in elektiver
Konkurrenz. Das bedeutet, dass der
Käufer darüber entscheidet, welche Art er wählt und keine Bindung an diese Wahl
besteht, falls etwa die von ihm verlangte Art der Nacherfüllung unmöglich wird.
Eine Übertragung dieses
Wahlrechts auf den Verkäufer ist beim Verbrauchsgüterkauf nicht möglich, § 475
I BGB. Außerhalb dieser Verträge könnte
man der Ansicht sein, dass dies etwa bei einem Vertrag zwischen Unternehmern
durch AGB möglich sei. Allerdings hat
der Verkäufer durch die Übergabe einer mangelhaften Sache seine vertraglichen
Pflichten verletzt, sodass er nicht auch noch einen Schutz durch Ausübung des
Wahlrechts erhalten soll. Deshalb würde
ich eine solche Vorgehensweise in AGB für unzulässig halten, da sie vom
gesetzlichen Leitbild zu weit abweicht.
2. Relative Unverhältnismäßigkeit
Hinsichtlich seiner Wahl zwischen den Arten der Nacherfüllung muss sich der Käufer nicht um die Interessen des Verkäufers kümmern, sondern kann seine Entscheidung allein an seinen eigenen Interessen ausrichten.
Allerdings gibt es dazu enge Ausnahmefälle. Zum einen gilt das für Fälle der
Unmöglichkeit hinsichtlich der verlangten Art der Nacherfüllung. Zum anderen hat der Verkäufer auch die Einrede der Unverhältnismäßigkeit der
Nacherfüllung, die er dann jedoch auch erheben muss, da ein Gericht diese nicht
von Amts wegen prüfen würde.
Wenn der Käufer sein
Wahlrecht ausgeübt hat, kann der Verkäufer die gewählte Art der Nacherfüllung
verweigern, falls sie für ihn unverhältnismäßig hohe Kosten nach sich zieht,
§ 439 III 1, 2 BGB. Es
geht hier um die relative Unverhältnismäßigkeit, wobei die absolute
Unverhältnismäßigkeit außer Betracht bleiben soll.
Der Verkäufer
kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2
und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die
Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art
der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen
werden könnte.
Dies ist eine Ausnahme von
dem Wahlrecht des Käufers, sodass der Verkäufer die Unverhältnismäßigkeit beweisen
muss, was die Situation des Käufers deutlich verbessert.
Nach dem Gesetz kommt es für die Ermittlung der Unverhältnismäßigkeit nach § 439 III 2 BGB vorwiegend auf den Wert der Sache an, die Bedeutung des Mangels und die Zumutbarkeit für den Käufer. Allein die Tatsache, dass die vom Käufer verlangte Art der Nacherfüllung teurer ist, führt aber nicht per se dazu, dass der Verkäufer diese Art verweigern darf.
Überwiegend wird angenommen, dass die Kosten
der beiden Nacherfüllungsalternativen zu vergleichen sind und eine
Unzumutbarkeit dann besteht, wenn die Kosten der einen Alternative etwa um 10%
über der anderen liegen. Teilweise wird
hier auch angenommen, dass das Vertretenmüssen des Verkäufers in diesem Rahmen zu
berücksichtigen sei. Absolute Grenzen
gibt es hier allerdings nicht, es kommt vielmehr immer auf eine Abwägung im
Einzelfall an.
Wenn der Käufer eine Ersatzlieferung verlangt, steht dem Verkäufer somit prinzipiell ein Verweigerungsrecht zu, falls der Mangel unbedeutend ist und ohne größere Nachteile für den Käufer durch eine einfache Nachbesserung behoben werden kann.
Sofern also eine hochwertige Kaufsache
übergeben worden ist, kann der Käufer bei kleineren Mängeln keine Neulieferung
verlangen, es kommt dann regelmäßig nur eine Reparatur in Betracht. Eine Ersatzlieferung ist dagegen regelmäßig
geboten, wenn es sich um eine Massenware handelt, bei welcher die Reparatur
sicherlich höhere Kosten nach sich ziehen würde als eine Neulieferung.
Beispiel: Wenn sich der Wert der Kaufsache in
mangelfreiem Zustand auf 200 € und in mangelbehaftetem Zustand auf 150 €
beläuft, ist ein mangelbedingter Minderwert in Höhe von 50 € gegeben. Sofern eine Reparatur 40 € kosten würde und
durch die Übergabe einer neuen Sache nun Kosten für den Verkäufer in Höhe von
220 € entstehen würden, könnte der Verkäufer die Nachlieferung verweigern. Denn bei der Neulieferung erlangt der
Verkäufer gem. §§ 439 IV, 346 I BGB die mangelhafte Sache zurück, wodurch
seinem Vermögen wieder 150 € zufließen.
Nach Abzug der 150 € von den 220 € für die Neulieferung beläuft sich der
Kostenaufwand für den Verkäufer auf 70 €.
Hinsichtlich der Mängelbeseitigung durch eine Reparatur würden jedoch
nur Kosten in Höhe von 40 € verursacht.
Daraus ergibt sich, dass die Kosten für die Neulieferung im Vergleich
zur Nachbesserung weit über 10% höher sind.
Selbst wenn aber die
vorgenannte prozentuale Grenze überschritten ist, kann ein Verweigerungsrecht
dennoch nicht bestehen, wenn dadurch erhebliche Nachteile für den Käufer
entstünden, § 439 III 2 BGB. Dabei ist
insbesondere zu berücksichtigen, ob der Käufer lange Zeit während der Reparatur
auf einen mangelfreien Kaufgegenstand verzichten müsste, ohne dass ihm ein
Ersatz für diesen Zeitraum angeboten wird.
Das wäre etwa der Fall, wenn der Verkäufer die gelieferte Couchgarnitur
für 12 Wochen reparieren lassen will, ohne dem Käufer für diese Zeit eine
Ersatzgarnitur zur Verfügung zu stellen.
Letztlich sind unter
Umständen auch immaterielle Interessen des Käufers zu berücksichtigen, sodass
es nicht allein auf eine mathematische Formel ankommt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen