Juristische E-Bücher auf "Buy me a coffee" unter "Extras" billiger zu finden

Buy Me A Coffee

Willkommen zu "Zivilrecht Verstehen"

Hier finden Sie zahlreiche Beiträge zum Zivilrecht, Zivilprozessrecht und gelegentlich zum Strafrecht. Viel Spaß beim Lesen!

Donnerstag, 27. Juli 2017

Die Gefälligkeit des täglichen Lebens

Die Gefälligkeit des täglichen Lebens wird unter Abgrenzung zum rechtsverbindlichen Vertrag erläutert

Schon im ersten Semester an der Universität lernt man im Grundkurs zum BGB die Problematik der außervertraglichen Gefälligkeit.

Damit ist gemeint, dass die Parteien sich gerade nicht durch eine vertragliche Einigung rechtlich binden wollten und somit auch keine Leistungspflichten begründet werden sollten.

Die Gefälligkeit des täglichen Lebens ist ein wichtiger Teilbereich des BGB AT.Alle Studierenden wissen dann, dass die Abgrenzung zwischen der bloßen Gefälligkeit und dem Vertrag nach dem Rechtsbindungswillen vorgenommen werden muss. Dabei kommt es nicht auf das an, was der Handelnde innerlich gewollt hat, sondern dieser Rechtsbindungswille ist nach Treu und Glauben im Rahmen einer Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB analog objektiv aus der Perspektive des Empfängers der Erklärung zu bestimmen.

Indizien, die auf einen Rechtsbindungswillen hinweisen, sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHZ 21, 102, 107) die Folgenden:

„Die Art der Gefälligkeit, ihr Grund und Zweck, ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung, insbesondere für den Empfänger, die Umstände, unter denen sie erwiesen wird, und die dabei bestehende Interessenlage der Parteien können die Gefälligkeit über den Bereich rein tatsächlicher Vorgänge hinausheben und sind daher für die Beurteilung der Frage des Bindungswillens und der Natur des etwa in Betracht kommenden Rechtsgeschäftes heranzuziehen. Gefälligkeiten des täglichen Lebens werden sich regelmäßig außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereiches halten. Das gleiche gilt für Gefälligkeiten, die im rein gesellschaftlichen Verkehr wurzeln (RGZ 128, 39 [42]). Der Wert einer anvertrauten Sache, die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, können auf einen rechtlichen Bindungswillen schließen lassen (RG LZ 1923, 275; RGZ 151, 203 [208]; RG Recht 1923 Nr 508; Erman BGB Einleitung 11b vor § 241). Die Auskunft, die im Rahmen einer Geschäftsverbindung erteilt wird, muß daher auf rechtlich verpflichtender Gewissenhaftigkeit beruhen (RGZ 139, 103 [105]; 162, 129 [154]). Hat der Leistende selbst ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der dem Begünstigten gewährten Hilfe, so wird dies in der Regel für seinen Rechtsbindungswillen sprechen (RGZ 65, 17 [19]; Planck BGB 4. Aufl § 662 Anm 2; es kann daher fraglich sein, bedarf aber hier keiner näheren Prüfung, ob der Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 165, 309 [313] zugestimmt werden kann). Die Haftung gründet sich in derartigen Fällen - ähnlich wie bei Vertragsverhandlungen - regelmäßig auf die Verletzung einer durch Anknüpfung rechtsgeschäftlicher Beziehungen entstandene Sorgfaltspflicht oder eines vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses (RGZ 162, 129 [156]).“

Wer nun in einem Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass kein Vertrag und auch kein Gefälligkeitsverhältnis mit Schutzpflichten vorliegen, muss als nächstes das Deliktsrecht prüfen, falls der Erklärungsempfänger einen Schaden erlitten hat. Hier reicht vom Grundsatz her das Vorliegen von einfacher Fahrlässigkeit für eine Haftung nach § 823 I BGB aus.

Allerdings wird an dieser Stelle auch vertreten, dass eine Haftungsmilderung greifen solle. Der Bundesgerichtshof hat sich in einer neueren Entscheidung (BGH NJW-RR 2017, 272) mit einem vertraglichen Haftungsausschluss beschäftigt.

Dort hatte ein Nachbar während des Kuraufenthalts des Geschädigten dessen Garten bewässern sollen. Der Nachbar benutzte dazu einen an der Außenzapfstelle des Hauses montierten Wasserschlauch. Nach dem Bewässern drehte er die am Schlauch befindliche Spritze zu, versäumte es jedoch, die Wasserzufuhr zum Schlauch abzustellen. Später löste sich der weiter unter Wasserdruck stehende Schlauch aus der Spritze, weshalb Leitungswasser in das Gebäude des eindringen konnte und einen Schaden am Haus verursachte.

In dieser Entscheidung macht das Gericht deutlich, dass man nicht ohne weiteres von einer konkludenten Haftungsprivilegierung für die einfache Fahrlässigkeit ausgehen dürfe. Daran solle es regelmäßig fehlen, wenn der Schädiger gegen Haftpflicht versichert sei.

Das Urteil sollte man als Anfänger/in durchaus einmal lesen, denn es ist ausnahmsweise auch für den noch ganz am Anfang der Ausbildung stehenden Studenten/innen nachvollziehbar und lehrreich.

Wer sich genauer mit der Behandlung dieser Materie beschäftigen möchte, dem sei mein eBook* „Juristische Übungsfälle zum BGB AT“ auf amazon.de (und dort Fälle Nr. 4 und 5) zur Lektüre empfohlen.


Juristische Übungsfälle zum BGB AT



* Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen