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Freitag, 16. August 2019

Die Matratze und der Widerruf


Mittlerweile kommt es immer häufiger vor, dass Kunden im Internet eine Matratze kaufen, diese ausprobieren und dann den Widerruf erklären, da ihnen die Ware nicht gefällt.Mit einem solchen Fall hat sich der Bundesgerichtshof kürzlich befasst (BGH, Urt. v. 3.7.2019 – VIII ZR 194/16), dem im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Die Beklagte ist eine Onlinehändlerin, bei welcher der Kläger zu privaten Zwecken eine Matratze bestellte. Die Allgemeine Geschäftsbedingungen enthielten eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher, in der geschrieben stand, dass das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Die Matratze war bei Lieferung an den Kläger mit einer Schutzfolie versehen, die der Kläger in der Folgezeit entfernte. In einer rechtzeitig abgesandten E-Mail erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten:

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss die Matratze [...] leider an Sie zurücksenden [...]"

Hat der Kläger Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises?

Die Lösung konzentriert sich auf zwei Teilbereiche:

Zum einen war zu ermitteln, ob denn die Erklärung der Rücksendung überhaupt eine Widerrufserklärung darstellt. Immerhin hatte der Kläger nicht das Wort Widerruf verwendet. Das muss er aber nach allgemeiner Auffassung auch nicht tun, wenn nur klar wird, dass er sich von dem Kaufvertrag lösen will.

Allerdings wäre es denkbar, dass die Rücksendung nur zur Mangelüberprüfung erfolgte, sodass kein Widerruf vorläge. Dafür fehlen jedoch Anhaltspunkte, denn der Kläger hatte zu keiner Zeit einen Mangel beanstandet. Vielmehr war ein weiterer Anlass, die Matratze zurückzusenden, nicht ersichtlich, weshalb die relativ geringe Hürde der Widerrufserklärung genommen ist.

Sodann stellt sich die Frage, ob das Widerrufsrecht bei diesem Fernabsatzvertrag gem. § 312g II Nr. 3 BGB ausgeschlossen war, da es sich um einen Hygieneartikel handelte, bei welchem die Schutzfolie entfernt wurde. Hier muss eine richtlinienkonforme Auslegung von § 312g II Nr. 3 BGB erfolgen.

Dazu hat der EuGH bereits entschieden (Urteil vom 27. März 2019, C-681/17, NJW 2019, 1507):

"Art. 16 Buchst. e der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass eine Ware wie eine Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt wurde, nicht unter den Begriff "versiegelte Waren ..., die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde" im Sinne dieser Vorschrift fällt."

An dieser Auslegung der Vorschrift hat sich der Bundesgerichtshof gebunden gefühlt und im Ergebnis entschieden, dass das Entfernen der Schutzfolie nicht unter den Ausnahmetatbestand fällt. Der Kläger konnte daher seine Vertragserklärung widerrufen.

Das Vorstehende stellt das theoretische Wissen dar, über das man zur Vorbereitung auf das Examen verfügen sollte.

Wer Interesse daran hat, wie man eine gutachterliche Prüfung des Widerrufs und des Ausschlusses bei Hygieneartikeln im Gutachten vorzunehmen hat, kann sich dies in Fall Nr. 35 (anhand des Kaufs eines Unterhemds) in meinem eBook „Juristische Übungsfälle zum BGB AT“ auf Amazon.de ansehen.





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