Was ist ein Abbruchjäger?
Nach einer ganz neuen Entscheidung des
Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22.5.2019 – VIII ZR 182/17) scheint der Begriff
des „Abbruchjägers“ in aller Munde zu sein.
Es geht dabei um Leute, die auf
eBay (was im Übrigen nach wie vor ein examensrelevantes Gebiet ist) an zahlreichen
Auktionen mit einem minimalen Gebot teilnehmen und hoffen, dass der Anbieter
seine Auktion ohne Berechtigung vorzeitig abbricht, sodass gegen ihn wegen des
Höchstgebots Schadensersatz verlangt werden kann.
Rechtliche Bewertung
Meiner Ansicht nach ist die Problematik des „Abbruchjägers“
gar nicht so wichtig für die juristische Ausbildung, sondern vielmehr das
konkrete Verlangen nach Schadensersatz und das Zustandekommen des Kaufvertrags.
Wenn der Höchstbieter den Verkäufer erfolglos mit Fristsetzung zur Leistung auffordert,
kann er Schadensersatz gem. §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB geltend machen. Diese
Anspruchsgrundlage verkennen immer noch viele Studierende und vermasseln schon
den Einstieg ins Gutachten.
Des Weiteren sollten die Einzelheiten des
Vertragsschlusses bei einer solchen Auktion bekannt sein.
Nun aber zum Problem, das der
Bundesgerichtshof entschieden hat. Dem Anspruch auf Schadensersatz könnte der
Einwand des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB entgegenstehen.
Dazu das Gericht:
„Bei
der Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf der Internet-Plattform
eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen hat, als
rechtsmissbräuchlich einzustufen ist, können abstrakte,
verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen
als "Abbruchjäger" zulassen, nicht aufgestellt werden. Es hängt
vielmehr von einer dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten
Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen Schluss tragen.“
Wie das immer der Fall ist, wenn die
Vorschrift des § 242 BGB zur Anwendung kommt, muss man argumentieren. Hier gibt
es kein richtiges oder falsches Vorgehen. Vielmehr muss man dies als
willkommene Gelegenheit ansehen, Punkte in der Prüfungsarbeit zu sammeln. Regelmäßig
sind nämlich Argumente für und gegen den Rechtsmissbrauch im Sachverhalt
vorgegeben.
Umso wichtiger ist es dann, diesen auch aufmerksam durchzulesen.
Und nach einer entsprechenden Abwägung ist der Fall auch schon gelöst. Wer sich
die einzelnen Argumente zu Gemüte führen will, dem sein empfohlen, die
Entscheidung nachzulesen.
Weiterführende Literatur
Zur Nacharbeit hinsichtlich des vorzeitigen
Abbruchs einer Auktion finden sich gutachterliche Ausführungen in Fall Nr. 26
in meinem eBook* zum Kaufrecht:
Juristische Übungsfälle zum Kaufrecht
Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden
Die
Nacherfüllung beim Kaufvertrag
Die
Feinheiten des § 442 I 1 BGB
Der
Verschleiß als Mangel der Kaufsache
Frist
zur Nacherfüllung und zweite Gelegenheit zur Nachbesserung
Die
Eintrittskarte im Vorverkauf
Umtausch,
Gewährleistungsrecht, Garantie – Was ist der Unterschied?
Der
falsch gelieferte Artikel (aliud) beim Kaufvertrag im Internet – Wer hat welche
Rechte?
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