Eher selten wird der Behandlungsvertrag gem.
§§ 630a ff. BGB zum Gegenstand von Prüfungen in der juristischen Ausbildung an
der Universität. Dennoch kann hier ein generelles Verständnis des
Vertragsrechts abgefragt werden, ohne zu sehr in die Details einsteigen zu
müssen. Dazu soll der folgende Fall mit der Verletzung der Informationspflicht dienen.
Eine privatversicherte Patientin geht zum
Arzt und lässt sich Krampfadern entfernen. Dabei versäumt es der Arzt, die
Patientin darüber zu informieren, dass die Krankenversicherung möglicherweise
die Kosten der Behandlung nicht übernimmt. Nach Durchführung der Maßnahmen
verweigert die Krankenkasse die Zahlung, weshalb die Patientin den Arzt auf
Rückzahlung des Honorars in Anspruch nimmt.
Zunächst stellt sich die Frage, auf welche
Anspruchsgrundlage man einen solchen Anspruch stützen kann. Oft werden hier
abenteuerliche Ausführungen gemacht, die etwa mit einer Anfechtung oder einem
Rücktritt begründet werden.
Vielmehr liegt dem Begehren auf Rückforderung des
Honorars ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 I, 630c III 1 BGB
zugrunde.
Die zuletzt genannte Vorschrift enthält in dem nunmehr ausdrücklich
geregelten Recht des Behandlungsvertrags bestimmte wirtschaftliche Informationspflichten,
die der Behandelnde beachten muss. Sollte er oder sie das nicht tun, kann sich
ein Schadensersatz für den Patienten ergeben. Dadurch soll ein Behandelter vor
finanziellen Überraschungen geschützt werden.
Nachdem der Arzt im eingangs genannten Fall diese
Informationspflicht verletzt hat, könnte durchaus ein Anspruch auf Rückzahlung
des Honorars bestehen, wenn die Patientin die Behandlung bei Kenntnis des
Nichtersatzes durch die Krankenversicherung nie hätte durchführen lassen.
Der
Schaden besteht darin, dass sie die Kosten nun selbst tragen muss.
Es geht also
beim Anspruch auf Schadensersatz nun um den Prüfungspunkt des Schadens bei der
Behandelten, und zwar genauer um die Kausalität der Pflichtverletzung für den
Schaden.
Dazu hat der Bundesgerichtshof in einer ganz neuen Entscheidung ausgeführt
(BGH Urteil vom 28. Januar 2020 - VI ZR 92/19):
„Bei
der Prüfung der Voraussetzungen des § 630c Abs. 3 Satz 1 BGB ist zwischen
gesetzlich und privat versicherten Patienten zu differenzieren. Ein
Vertragsarzt wird regelmäßig wissen, ob er für die eigenen Leistungen von der
zuständigen Krankenkasse eine Vergütung erhält oder nicht. Denn er kennt die
für den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblichen
Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92 SGB V) aus seiner
Abrechnungspraxis, da diese für die Leistungserbringer gemäß § 91 Abs. 6 SGB V
verbindlich sind und gemäß § 94 Abs. 2 Satz 1 SGB V bekannt gemacht werden…
Demgegenüber
stellt sich die Situation bei Patienten mit privater Krankenversicherung anders
dar. Hier liegt die Kenntnis vom Umfang des Versicherungsschutzes grundsätzlich
im Verantwortungsbereich des Patienten. Der Deckungsschutz privat
krankenversicherter Patienten ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Entscheidend
sind vielmehr die Bedingungen des konkreten Versicherungsvertrags und die Regulierungspraxis
des im Einzelfall zuständigen Versicherers, zu dem allein der Patient in einer
vertraglichen Beziehung steht und bei dem dieser vorab eine vorherige
Erstattungszusage einholen kann…
Zu
Unrecht hat das Berufungsgericht insoweit eine Beweislastumkehr angenommen und
den Beklagten als beweispflichtig dafür angesehen, dass die unterlassene
Information für die Entscheidung der Patientin irrelevant war, dass sich die
Patientin also auch bei ordnungsgemäßer Information nicht für eine der allgemein
anerkannten Methoden zur Behandlung ihrer Krampfadern (Venenstripping,
Venenlasern) entschieden, sondern dem "VenaSeal closure System" den
Vorzug gegeben hätte.“
Nach dem Bundesgerichtshof kommt also bei
einem privat versicherten Patienten bei der genannten Verletzung der Informationspflicht
keine Beweislastumkehr in Betracht. Das Gericht verwies deshalb an das
Berufungsgericht zurück.
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