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Montag, 24. Februar 2020

Verletzung der Informationspflicht beim Behandlungsvertrag


Eher selten wird der Behandlungsvertrag gem. §§ 630a ff. BGB zum Gegenstand von Prüfungen in der juristischen Ausbildung an der Universität. Dennoch kann hier ein generelles Verständnis des Vertragsrechts abgefragt werden, ohne zu sehr in die Details einsteigen zu müssen. Dazu soll der folgende Fall mit der Verletzung der Informationspflicht dienen.


Eine privatversicherte Patientin geht zum Arzt und lässt sich Krampfadern entfernen. Dabei versäumt es der Arzt, die Patientin darüber zu informieren, dass die Krankenversicherung möglicherweise die Kosten der Behandlung nicht übernimmt. Nach Durchführung der Maßnahmen verweigert die Krankenkasse die Zahlung, weshalb die Patientin den Arzt auf Rückzahlung des Honorars in Anspruch nimmt.

Zunächst stellt sich die Frage, auf welche Anspruchsgrundlage man einen solchen Anspruch stützen kann. Oft werden hier abenteuerliche Ausführungen gemacht, die etwa mit einer Anfechtung oder einem Rücktritt begründet werden.

Vielmehr liegt dem Begehren auf Rückforderung des Honorars ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 I, 630c III 1 BGB zugrunde.

Die zuletzt genannte Vorschrift enthält in dem nunmehr ausdrücklich geregelten Recht des Behandlungsvertrags bestimmte wirtschaftliche Informationspflichten, die der Behandelnde beachten muss. Sollte er oder sie das nicht tun, kann sich ein Schadensersatz für den Patienten ergeben. Dadurch soll ein Behandelter vor finanziellen Überraschungen geschützt werden.

Nachdem der Arzt im eingangs genannten Fall diese Informationspflicht verletzt hat, könnte durchaus ein Anspruch auf Rückzahlung des Honorars bestehen, wenn die Patientin die Behandlung bei Kenntnis des Nichtersatzes durch die Krankenversicherung nie hätte durchführen lassen.

Der Schaden besteht darin, dass sie die Kosten nun selbst tragen muss.

Es geht also beim Anspruch auf Schadensersatz nun um den Prüfungspunkt des Schadens bei der Behandelten, und zwar genauer um die Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden.

Dazu hat der Bundesgerichtshof in einer ganz neuen Entscheidung ausgeführt (BGH Urteil vom 28. Januar 2020 - VI ZR 92/19):

„Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 630c Abs. 3 Satz 1 BGB ist zwischen gesetzlich und privat versicherten Patienten zu differenzieren. Ein Vertragsarzt wird regelmäßig wissen, ob er für die eigenen Leistungen von der zuständigen Krankenkasse eine Vergütung erhält oder nicht. Denn er kennt die für den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblichen Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92 SGB V) aus seiner Abrechnungspraxis, da diese für die Leistungserbringer gemäß § 91 Abs. 6 SGB V verbindlich sind und gemäß § 94 Abs. 2 Satz 1 SGB V bekannt gemacht werden…

Demgegenüber stellt sich die Situation bei Patienten mit privater Krankenversicherung anders dar. Hier liegt die Kenntnis vom Umfang des Versicherungsschutzes grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Patienten. Der Deckungsschutz privat krankenversicherter Patienten ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Entscheidend sind vielmehr die Bedingungen des konkreten Versicherungsvertrags und die Regulierungspraxis des im Einzelfall zuständigen Versicherers, zu dem allein der Patient in einer vertraglichen Beziehung steht und bei dem dieser vorab eine vorherige Erstattungszusage einholen kann…

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht insoweit eine Beweislastumkehr angenommen und den Beklagten als beweispflichtig dafür angesehen, dass die unterlassene Information für die Entscheidung der Patientin irrelevant war, dass sich die Patientin also auch bei ordnungsgemäßer Information nicht für eine der allgemein anerkannten Methoden zur Behandlung ihrer Krampfadern (Venenstripping, Venenlasern) entschieden, sondern dem "VenaSeal closure System" den Vorzug gegeben hätte.“

Nach dem Bundesgerichtshof kommt also bei einem privat versicherten Patienten bei der genannten Verletzung der Informationspflicht keine Beweislastumkehr in Betracht. Das Gericht verwies deshalb an das Berufungsgericht zurück.





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