Ein juristisches Forum hat sich wieder einmal als die Fundgrube für Verständnisprobleme beim Verbraucherschutz erwiesen.
Es geht um den Widerruf der auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärung.
Sachverhalt
Formulierung
Zunächst einmal ist es wichtig, dass man in einem juristischen Gutachten die richtige Formulierung verwendet, wenn es um den Widerruf geht.
Der Kunde kann nicht „den Vertrag“ widerrufen, sondern nur „die auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung“. Das kann man z.B. sehr schön in Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nachlesen, der hier sehr genau formuliert. Auch Jurastudierenden sei dies empfohlen, denn manche Prüfer/innen stören sich sehr an der falschen Wortwahl.
Rückzahlung des Kaufpreises
Sodann ist zu prüfen, ob der Kunde die Rückzahlung des
Kaufpreises nach einem Widerruf verlangen kann:
Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, wenn
ein Kaufvertrag geschlossen und der Käufer die Vertragserklärung wirksam
widerrufen hätte, §§ 355 III 1, I, 357 I, 312g I 2. Alt., 312c, 356 BGB.
I. Widerrufsrecht nach § 312g I BGB
Nach § 310 III BGB liegt ein Verbrauchervertrag
bei einem Vertrag zwischen einem „Unternehmer“ und einem „Verbraucher“ vor.
Dies ist nach § 13 und § 14 BGB zu prüfen.
Das Rechtsgeschäft muss eine entgeltliche
Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben, § 312 I BGB.
Widerrufsrecht bei Fernabsatz: Hier
„Fernabsatzgeschäft“ nach §§ 312c, 312g I BGB gegeben, da ein Fernabsatzvertrag
nach § 312c I BGB vorliegt. Keine Ausnahme nach § 312g II BGB.
II. Ausübung Widerrufsrecht, §§ 355 ff. BGB
Frist: 14 Tage, § 355 II 1 BGB. Frist beginnt mit Vertragsschluss. Dann wäre
dies eigentlich zu spät hier.
Aber: Bei Verbrauchsgüterkaufverträgen (§ 474
I BGB) beginnt Frist grds. nach § 356 II Nr. 1 a
BGB bei Erhalt der Ware durch Verbraucher. Also hier noch rechtzeitig.
Erklärung (Form), § 355 I, II BGB.
Problem: Hier Ware unfrei zurückgeschickt.
Wirksame Erklärung?
Recht zur Annahmeverweigerung des Verkäufers oder Aufrechnung?
Es kommt nun darauf an, ob im Sachverhalt steht, dass der Käufer ausdrücklich widerrufen hat oder ob er lediglich ohne Worte das Paket unfrei abgeschickt hat.
Falls Letzteres gegeben ist, fehlt es
an einer wirksamen Widerrufserklärung, denn nach § 355 I 2, 3 BGB kann der Widerruf nach der Gesetzesänderung nicht mehr
konkludent durch Rücksendung erklärt werden.
Wenn eine wirksame Widerrufserklärung vorliegt,
kann man problematisieren, ob der Verkäufer die Annahme verweigern darf wegen
der unfreien Zurücksenden oder in Höhe der Rücksendekosten gegen die
Kaufpreisrückzahlung aufrechnen kann, sodass in diesem Fall nur ein Teil
zurückgezahlt werden müsste.
Weiterführende Literatur
Wer Interesse an der Darstellung zweier ausführlicher
Fälle zum verbraucherschützenden Widerruf hat,
kann dies in den Fällen Nr. 34 und 35 in meinem eBook* „Juristische Übungsfälle
zum BGB AT“ nachlesen:
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