Vor einiger Zeit hatte ich einmal eine intensive Diskussion mit einem jungen Juristen geführt, ob denn jeder Verschleiß einer Kaufsache einen Mangel darstellt (so die Meinung dieser Person). Wie so oft ging es um den Verkauf eines gebrauchten Pkw. An sich ist diese Situation bereits vom Bundesgerichtshof geklärt worden.
Man muss danach unterscheiden
Bei gebrauchten Sachen ist nur ein altersuntypisch hoher Verschleiß als eine Abweichung von der objektiv zu erwartenden Beschaffenheit anzusehen, nicht schon der normale, objektiv zu erwartende Verschleiß, so das Gericht.
Sofern also nur gewöhnliche (und damit normale alters- oder
nutzungsbedingte) Verschleißerscheinungen gegeben sind, liegt gerade kein
Mangel vor. Dann stehen dem Käufer auch keine Mängelrechte zu.
Freilich ist die dann zu treffende Unterscheidung nicht
immer leicht vorzunehmen. Dazu gibt es sogar eine Sammlung von
Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Abgrenzung befassen. Das kann
weitgehende Auswirkungen haben, wenn es zum Gerichtsprozess kommt. Vom
Grundsatz her müsste der Käufer darlegen und beweisen, dass mehr als nur ein
normaler Verschleiß vorliegt.
Nun könnte man auf die Idee kommen, die Vermutung des § 477 BGB beim Verbrauchsgüterkauf heranzuziehen. Danach dreht sich die Beweislast um,
wenn sich innerhalb von sechs Monaten (ab 2022 ein Jahr) ab Gefahrübergang ein mangelhafter
Zustand gezeigt hat. Allerdings wäre bei normalem Verschleiß ja keine
Mangelerscheinung gegeben, sodass die Vermutung nicht greifen kann.
All das ist eigentlich nicht sehr aufregend. Erstaunlich ist
vielmehr, dass der besagte junge Jurist in der Diskussion absolut keine
Einsicht gezeigt hat und seinen Standpunkt ohne gute Argumente aufrechterhalten
hat. Ist es eigentlich eine Besonderheit von Juristen, sich nicht vom Gegenteil
überzeugen zu lassen?
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