Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen mit großen Unternehmen kommt es immer wieder vor, dass sich die Unternehmen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht auf künftige Vertragsänderungen vorbehalten und eine Zustimmung des Kunden bei Schweigen fingiert wird.
Ist eine solche Änderungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erlaubt?
Letztlich kommt das der Vereinbarung eines beredten Schweigens gleich. Allerdings müssen hier auch Grenzen gesetzt werden.Entscheidung des Bundesgerichtshofs
So hat der Bundesgerichtshof nun die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken und Sparkassen insofern für unwirksam erklärt.
Die Pressemitteilung lautet:
„Nr. 1 (2) der AGB der Beklagten
betrifft alle Änderungen "dieser" Geschäftsbedingungen, also der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die zugleich mit Nr. 1 (2) AGB vereinbart
werden, und Änderungen (künftiger) "besonderer Bedingungen" für einzelne
gesondert vereinbarte Geschäftszweige, die das gesamte Tätigkeitsspektrum der
Beklagten umfassen. Sie betrifft nicht nur Anpassungen von einzelnen Details
der vertraglichen Beziehungen der Parteien mittels einer fingierten Zustimmung
des Kunden, sondern ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkung jede
vertragliche Änderungsvereinbarung. Damit weicht sie von wesentlichen
Grundgedanken der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB ab, indem sie das
Schweigen des Verwendungsgegners als Annahme eines Vertragsänderungsantrags
qualifiziert. Diese Abweichung benachteiligt die Kunden der Beklagten
unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Eine unangemessene
Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders wird vermutet, wenn eine
klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung gegeben ist. Die allgemeine Änderungsklausel bietet eine Handhabe,
unter Zuhilfenahme einer Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden
fristgerechten Ablehnung das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten. Dass
"vereinbarte" Änderungen ihrerseits der Ausübungskontrolle
unterliegen, gleicht diesen Umstand nicht aus. Für so weitreichende, die
Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffende Änderungen, die
dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkommen können, ist vielmehr ein den
Erfordernissen der § 305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügender
Änderungsvertrag notwendig.
Auch Nr. 12 (5) der AGB der
Beklagten hält einer Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel betrifft
Entgelte für Hauptleistungen. Damit benachteiligt die Klausel auch unter
Berücksichtigung des Umstands, dass keine einseitige Anpassungsbefugnis der
Beklagten besteht, sondern Änderungen des Vertragsverhältnisses nur im Wege
eines - gegebenenfalls fingierten - Konsenses zustande kommen sollen, die
Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§
307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB). Mittels Zustimmungsfiktion kann die
vom Kunden geschuldete Hauptleistung geändert werden, ohne dass dafür Einschränkungen
vorgesehen sind. Die Beklagte erhält damit eine Handhabe, das
Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten
zu verschieben und damit die Position ihres Vertragspartners zu entwerten. Für
solche weitreichenden, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien
betreffenden Änderungen ist, wie oben ausgeführt, ein den Erfordernissen der §
305 Abs. 2, § 311 Abs. 1, §§ 145 ff. BGB genügender Änderungsvertrag notwendig.
Eine Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung
reicht hierfür unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des
Verwendungsgegners nicht aus.“
AGB-Recht im Jurastudium
Auch in der juristischen Ausbildung ist es denkbar, dass
eine Klausur mit der Fiktion der Zustimmung bei Schweigen gestellt wird.
Deshalb ist es wichtig, dass man sich auch der Grenzen einer solchen
Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bewusst ist.
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