Vor einigen Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015 - XI ZR 243/13) seine Rechtsprechung in den sogenannten Anweisungsfällen geändert. Das gibt Anlass, diesen Kernbereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse näher zu betrachten.
Bekanntlich gelten für einen Ausgleich über das Bereicherungsrecht in einer Situation, in welcher mehr als nur zwei Personen beteiligt sind, bestimmte von der Rechtsprechung aufgestellte Besonderheiten, die alle Jurastudierenden kennen müssen.Vom Grundsatz her ist hier die Bereicherung über das Dreieck abzuwickeln, sodass sich jeder bei einem Mangel des jeweiligen Kausalverhältnisses an seinen Vertragspartner halten muss. Das gilt insbesondere in den Anweisungsfällen, bei denen eine Bank von ihrem Kunden angewiesen wird, eine bestimmte Überweisung an einen Dritten vorzunehmen. Denn alle Parteien sollen ihre Einwendungen innerhalb der jeweiligen Vertragsverhältnisse gelten machen können und das Insolvenzrisiko soll dadurch in einer gerechten Weise aufgeteilt werden.
Leistungskondiktion
Sofern also der Kunde einen
Überweisungsauftrag bei seiner Bank einreicht, den diese ausführt, muss sich
bei Nichtigkeit des Überweisungsauftrags die Bank an ihren Kunden halten. Denn bei Zugrundelegung des Leistungsbegriffs
als bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens ergibt sich, dass
die Bank keinen Anspruch aus § 812 I 1 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion) gegen den Dritten haben
kann, weil sie aus seiner Empfängersicht nicht an ihn geleistet hat. Vielmehr wollte sie lediglich ihrer
vertraglichen Verpflichtung dem Kunden gegenüber nachkommen und hat nur ihm
gegenüber einen Leistungszweck verfolgt.
Nichtleistungskondiktion
Als nächstes wäre in einem Gutachten zu prüfen, ob dann eine Nichtleistungskondiktion der Bank - also eine Bereicherung in sonstiger Weise - nach § 812 I 1 2. Alt. BGB gegen den Dritten bestehen könnte.
Auch das verspricht
aber keinen Erfolg, da ja der Kunde aus der Sicht des Dritten an ihn geleistet
hat, um seine angenommene Schuld zu erfüllen. Wenn also eine Leistung des Kunden gegeben ist, kann die
Nichtleistungskondiktion wegen des Vorrangs der Leistungsbeziehung nicht
eingreifen.
Billigkeit nach der Rechtsprechung
An dieser Stelle muss man sodann die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kennen, die in einer wertenden Betrachtung Ausnahmen von den vorgenannten Grundsätzen zulässt.
Es ist daher in bestimmten Fällen
ausnahmsweise eine Direktkondiktion der Bank gegen den Dritten möglich. Solche Fälle hat das Gericht angenommen,
wenn etwa ein Überweisungsauftrag des Kunden gar nicht vorlag, sondern
gefälscht war oder auch bei einer Geschäftsunfähigkeit des Kunden. Im Gegensatz dazu sollte es keine Ausnahme
von der Abwicklung über das Dreieck geben, wenn dem Kunden die fehlerhafte
Anweisung an seine Bank zugerechnet werden konnte. Das nahm der Bundesgerichtshof in seiner
früheren Rechtsprechung insbesondere in Fällen an, in welchen der Kunde die
einmal gemachte Anweisung widerrufen und die Bank sie versehentlich doch
ausgeführt hatte. Der Kunde habe damit
einen Anschein gesetzt, der ihm auch zugerechnet werden könne, sodass es bei
dem Grundsatz der Abwicklung über das Dreieck bleiben müsse.
Gerade im Fall des
widerrufenen Überweisungsauftrags gab es seit der Neuschaffung des § 675u S. 1 BGB in der juristischen Literatur eine gewichtige Ansicht, die nunmehr in solchen
Fällen eine Direktkondiktion der Bank gegen den Empfänger zulassen wollte. In der eingangs genannten Entscheidung hat
der Bundesgerichtshof jetzt für den Fall einer einverständlichen Aufhebung des
ursprünglich gegebenen Zahlungsauftrags den Bereicherungsanspruch der Bank
gegen den Empfänger zugelassen. Nach
heutigem Recht sei der Zahlungsvorgang nicht autorisiert, weshalb nicht von
einer Leistung des Kunden an den Dritten ausgegangen werden könne und eine Direktkondiktion
der Bank möglich sei.
Warum die Vorschrift des § 675u BGB Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen dem Kunden und dem Empfänger
der Zahlung - und damit auf das Vorliegen einer Leistung aus der Sicht des
Empfängers - haben soll, bleibt allerdings ungeklärt. Für Studierende und Praktiker/innen gilt es
jedoch nunmehr, diese Entscheidung zu berücksichtigen.
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