Zum Kaufrecht gibt es eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs, welche sich mit der Beschaffenheitsvereinbarung und dem Gewährleistungsausschluss beschäftigt. Dem Urteil lag noch die alte Fassung des Kaufrechts vor dem 1.1.2022 zugrunde, es besteht aber in der Sache kein Unterschied zur heutigen Gesetzeslage.
Teil der Leitsätze
„Haben die Parteien eines Kaufvertrags (ausdrücklich oder
stillschweigend) eine Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz
1 BGB aF vereinbart, ist ein daneben vereinbarter allgemeiner
Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das
Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 Abs.
1 Satz 2 BGB aF gelten soll (st. Rspr.; seit Senatsurteil vom 29. November 2006
- VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31; zuletzt Senatsurteil vom 27. September
2017 - VIII ZR 271/16, NJW 2018, 146 Rn. 23)“
Zum Sachverhalt
„Der Beklagte schaltete Anfang des Jahres 2021 als
privater Verkäufer auf der Onlineplattform m. .de eine Anzeige über den Verkauf
eines zu diesem Zeitpunkt fast 40 Jahre alten M. mit einer Laufleistung von ca.
150.000 km. Die dortige Fahrzeugbeschreibung enthielt unter anderem folgende
Angaben: "[…] Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt
unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung." Der Kläger nahm daraufhin
Kontakt mit dem Beklagten auf.
Nachdem die Parteien am 1. März 2021 eine gemeinsame Probefahrt
durchgeführt hatten, schlossen sie am 5. März 2021 einen schriftlichen
Kaufvertrag über das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 25.000 €. Darin heißt es
unter anderem:
"Das
Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser
Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die
auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des
Verkäufers oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen sowie bei der Verletzung von
Leben, Körper und Gesundheit."
Nach Übernahme des Fahrzeugs stellte der Kläger im Mai
2021 - bei steigenden Außentemperaturen - fest, dass die Klimaanlage nicht
funktionierte. Dies beanstandete er mit einer E-Mail vom 31. Mai 2021 gegenüber
dem Beklagten. Nachdem der Beklagte etwaige Ansprüche des Klägers mit Schreiben
vom 3. Juni 2021 zurückgewiesen hatte, ließ der Kläger die Klimaanlage - im
Wesentlichen durch eine Erneuerung des Klimakompressors - instand setzen und
verlangte anschließend mit anwaltlichem Schreiben vom 26. August 2021 die
Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 3.506,35 € von dem
Beklagten. Der Kläger behauptet, der Klimakompressor sei bereits zum Zeitpunkt
der Übergabe des Fahrzeugs defekt gewesen.“
Rechtliche Lösung
Bereits in einem älteren Urteil hat der Bundesgerichtshof
genau diese Problematik entschieden (BGH Urteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 92/06).
Danach muss das Gericht den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss derart
auslegen, dass er nicht die konkret vereinbarte Beschaffenheit umfasst.
Insofern handelt es sich um nichts Neues in dieser aktuellen Entscheidung.
Dennoch bietet sie Anlass, sich noch einmal diese Problematik vor Augen zu führen.
Dazu der Wortlaut in den Gründen:
„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der
Beklagte sich danach nicht - wie die Revision zu Recht geltend macht - mit
Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss gegenüber dem hier im
Streit stehenden Schadensersatzanspruch des Klägers berufen. Denn dieser
Ausschluss erstreckt sich - anders als das Berufungsgericht angenommen hat -
nicht auf einen etwaigen Mangel an der Klimaanlage…
Mit Rechtsfehlern behaftet ist hingegen die weitere
Annahme des Berufungsgerichts, auch der Umstand, dass die Parteien eine
Vereinbarung über die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage im Sinne von § 434
Abs. 1 Satz 1 BGB aF getroffen haben, schließe es nicht aus, dass der Beklagte
sich mit Erfolg auf den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss
gegenüber einem etwaigen Anspruch des Klägers wegen des seinerseits gerügten
Defekts an der Klimaanlage berufen könne…
Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist
in den Fällen einer (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarten
Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF ein daneben vereinbarter
allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel - wie das Berufungsgericht im
Ausgangspunkt auch zutreffend erkannt hat - dahin auszulegen, dass er nicht für
das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434
Abs. 1 Satz 2 BGB aF gelten soll…
Denn andernfalls wäre die gleichrangig neben dem
Gewährleistungsausschluss stehende Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer -
außer im Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) - ohne Sinn und
Wert (vgl. Senatsurteile vom 29. November 2006 - VIII ZR 92/06, aaO; vom 26.
April 2017 - VIII ZR 233/15, aaO; vom 27. September 2017 - VIII ZR 271/16, aaO)…“
Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden
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