Wer sich mit den Grundzügen des Handelsrechts
vertraut gemacht hat, kennt die Vorschrift des § 353 HGB zu den Fälligkeitszinsen im Handelsrecht. Sie soll im Folgenden näher betrachtet werden.
Der Wortlaut:
Kaufleute untereinander sind berechtigt, für ihre Forderungen aus
beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu fordern.
Zinsen von Zinsen können auf Grund dieser Vorschrift nicht gefordert werden.
Strengere Pflichten:
Diese Norm verschärft die Pflichten eines
Schuldners im Handelsrecht, denn nun sind Zinsen sofort ab Fälligkeit zu
zahlen, was im Gegensatz zu den allgemeinen Reglungen im BGB steht.
Für die Anwendbarkeit muss allerdings ein
beiderseitiges Handelsgeschäft gegeben sein, aus welchem sich die Forderung
ableiten lässt. Nach § 343 HGB sind
Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes
gehören.
Entscheidung des BGH:
Der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2018, 2197) hat
in einer neuen Entscheidung zu genau diesem Problem Stellung genommen. Und zwar ging es darum, ob auch Schadenersatzansprüche
zwischen Kaufleuten aus einer unerlaubten Handlung nach § 823 I BGB unter diese
Norm fallen.
Dazu der Leitsatz:
"Eine Geldschuld aus unerlaubter Handlung ist nicht gemäß § 353 Satz 1
HGB ab Fälligkeit zu verzinsen, auch wenn sie im Zusammenhang mit einem
beiderseitigen Handelsgeschäft entstanden ist."
Die Begründung lautet im Wesentlichen (Rn. 16 ff.):
„Dass ein Vertragspartner im Zusammenhang mit Handelsgeschäften
unerlaubte Handlungen begehen kann, macht diese und die aus ihnen
resultierenden gesetzlichen Schuldverhältnisse nicht selbst zu
Handelsgeschäften…
§ 353 Satz 1 HGB sieht abweichend von den für Nichtkaufleute geltenden
allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regelungen, wonach bei Fehlen anderweitiger
Abreden Zinsen ab Eintritt des Verzuges bzw. der Rechtshängigkeit geschuldet
werden, unter Kaufleuten eine Verzinsung bereits vom Tage der Fälligkeit an vor…
§ 353 Satz 1 HGB ist nach allgemeiner Meinung Ausdruck des
handelsrechtlichen Entgeltprinzips, demzufolge der Kaufmann "nichts
umsonst tut"…
Die Regelung soll auf der Erfahrungstatsache beruhen, dass ein Kaufmann
ihm zustehendes Geld stets nutzbringend anlegen wird…
Die unterschiedlichen Betrachtungsweisen helfen nicht darüber hinweg,
dass die ratio legis der Norm schwer zu erfassen und aus heutiger Sicht in
Bezug auf das Zinsrecht eine Ungleichbehandlung von Kaufleuten und
Nichtkaufleuten kaum nachzuvollziehen ist (vgl. zur Kritik der Norm Kindler,
Gesetzliche Zinsansprüche im Zivil- und Handelsrecht, 1996, S. 59, 167; Kindler
in EBJS aaO Rn. 5; Canaris in Staub aaO § 353 Rn. 6 f.; aA MünchKommHGB/K.
Schmidt, aaO Rn. 3; BeckOK HGB/Lehmann-Richter, 15.1.2018, § 353 Rn. 2), da
bereits die Annahme der höheren Produktivität des Geldes in den Händen von
Kaufleuten fraglich erscheint (vgl. dazu Kindler, Gesetzliche Zinsansprüche im
Zivil- und Handelsrecht, 1996, S. 59). Im Hinblick auf diese Bedenken ist
jedenfalls eine enge Auslegung der Norm geboten, die einer Erstreckung auf
Forderungen aus unerlaubter Handlung entgegensteht.“
Bedeutung im Jurastudium:
Wer als Jurastudent/in die Fälligkeitsregelung im HGB nicht gekannt hat, sollte sich von den
Besonderheiten des Handelsrechts, welche auch im ersten Staatsexamen beherrscht
werden müssen, durch die Lektüre eines Buches Kenntnis verschaffen.
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