Die weitaus wichtigste Vertragsart im ersten juristischen
Staatsexamen ist der Kaufvertrag. Wer hier tiefere Kenntnisse hat, erhöht seine
Chance auf eine zweistellige Punktzahl enorm.
Hier eine Entscheidung zum Examenswissen im Kaufrecht:
Für die Vorbereitung auf das Examen bietet sich eine recht neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs an (Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16).
Für die Vorbereitung auf das Examen bietet sich eine recht neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs an (Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16).
Sachverhalt
Dort hatte ein Käufer ein Grundstück, das mit
einem etwa 300 Jahre alten Bauernhof sowie zwei Anbauten aus den 1940er und
1960er Jahren bebaut war, gekauft. Die Gewährleistung war im notariellen
Kaufvertrag ausgeschlossen. Eine Beschreibung von Eigenschaften des Grundstücks
und der Gebäude durch den Verkäufer vor Vertragsschluss war in einem
Internetexpose erfolgt, was allerdings in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag
fand. Nachdem der Käufer Feuchtigkeits- und Schimmelschäden in dem Wohnhaus und
den Anbauten feststellte, ließ er diese Mängel beseitigen und verlangt vom
Verkäufer den dafür aufgewandten Betrag als Schadensersatz.
Lösung
Zunächst ist es wichtig, dass man die
Rechtsprechung zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB kennt.
Wenn die öffentlichen Angaben bei einem Grundstückskauf nicht in den
notariellen Kaufvertrag aufgenommen werden, führen sie in aller Regel nicht zu
Beschaffenheitsangaben im Sinne der genannten Vorschrift. Wer dies verkennt,
kommt zu einem völlig anderen Ergebnis in dem Gutachten.
Allerdings können sich dann Mängel nach § 434
I 2, 3 BGB aufgrund des objektiven Fehlerbegriffs ergeben. Für solche Sachmängel
kann der Verkäufer (anders als bei einer Beschaffenheitsvereinbarung) die Gewährleistung
sehr wohl ausschließen.
Nach § 434 I 3 BGB gehören zur Sollbeschaffenheit der
Kaufsache die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen
des Verkäufers erwarten darf; hierzu zählen auch Angaben in einem Expose. Die
in § 434 I 2, 3 BGB genannten Anforderungen an die Kaufsache beruhen hingegen
nicht auf einer beurkundungs- und auslegungsbedürftigen Vereinbarung zwischen
Käufer und Verkäufer, sondern auf dem Gesetz.
Die Annahme eines Sachmangels
wegen des Fehlens einer Eigenschaft der Kaufsache, die der Käufer nach § 434 I
2, 3 BGB erwarten kann, setzt daher nicht voraus, dass diese Eigenschaft in dem
notariellen Kaufvertrag Erwähnung findet.
Wer bis zu diesem Punkt in der Lösung gekommen
ist, muss nun aber die Vorschrift des § 444 BGB beachten. Sofern nämlich der Verkäufer
den Mangel arglistig verschwiegen hat, ist ein Ausschluss der Gewährleistung unwirksam.
Letztlich muss man noch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kennen, dass
ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 444 BGB eine Aufklärungspflicht des
Verkäufers über einen Sachmangel voraussetzt, und dass der Verkäufer Umstände,
die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus nur
offenbaren muss, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich hält.
Bei der Arglist können sich sodann weitere Probleme stellen:
Es kommt ein
Schadensersatz wegen culpa in contrahendo in Betracht, § 311 II BGB. Dort muss
die Zurechnung des Verhaltens des Maklers nach § 278 BGB angesprochen werden.
Bei Arglist ist nach dem BGH die culpa in contrahendo anwendbar.
Sie scheidet zwar
nach h.M. grundsätzlich aus, soweit der Anwendungsbereich des kaufrechtlichen
Gewährleistungsrechtes reicht, §§ 434 ff. BGB, aber es gibt Ausnahmen (BGH NJW 2009,
2120):
Bei Vorsatz ist die cic anwendbar, da der V kein berechtigtes Interesse an
der Nacherfüllung hat und die Wertungen des Mängelrechts - wie Vorrang der
Nacherfüllung, Erheblichkeit der Pflichtverletzung, Verjährung, § 442 I 2 BGB -
nicht ausgehebelt werden (Lorenz NJW 2006, 1925, 1926; Tiedtke, Kaufrecht,
2009, Rn. 861).
In diesem kurzen Fall kann man also leicht vom
Weg abkommen und zu einem völlig anderen Ergebnis gelangen, das unter Umständen
den Weg zu einer überdurchschnittlichen Bewertung der Arbeit versperrt.
Weiterführende Literatur
Wer sich im Kaufrecht fit machen möchte, kann
sich eine umfangreiche Fallsammlung zu einer Vielzahl an rechtlichen Problemen in
meinem eBook „Juristische Übungsfälle zum Kaufrecht“ ansehen.
Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden:
Die Nacherfüllung beim Kaufvertrag
Die Feinheiten des § 442 I 1 BGB
Der Verschleiß als Mangel der Kaufsache
Frist zur Nacherfüllung und zweite Gelegenheit zur
Nachbesserung
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