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Samstag, 8. September 2018

Examenswissen im Kaufrecht


Die weitaus wichtigste Vertragsart im ersten juristischen Staatsexamen ist der Kaufvertrag. Wer hier tiefere Kenntnisse hat, erhöht seine Chance auf eine zweistellige Punktzahl enorm.

Hier eine Entscheidung zum Examenswissen im Kaufrecht:
Für die Vorbereitung auf das Examen bietet sich eine recht neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs an (Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16).

Sachverhalt


Dort hatte ein Käufer ein Grundstück, das mit einem etwa 300 Jahre alten Bauernhof sowie zwei Anbauten aus den 1940er und 1960er Jahren bebaut war, gekauft. Die Gewährleistung war im notariellen Kaufvertrag ausgeschlossen. Eine Beschreibung von Eigenschaften des Grundstücks und der Gebäude durch den Verkäufer vor Vertragsschluss war in einem Internetexpose erfolgt, was allerdings in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag fand. Nachdem der Käufer Feuchtigkeits- und Schimmelschäden in dem Wohnhaus und den Anbauten feststellte, ließ er diese Mängel beseitigen und verlangt vom Verkäufer den dafür aufgewandten Betrag als Schadensersatz.

Lösung


Zunächst ist es wichtig, dass man die Rechtsprechung zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB kennt. Wenn die öffentlichen Angaben bei einem Grundstückskauf nicht in den notariellen Kaufvertrag aufgenommen werden, führen sie in aller Regel nicht zu Beschaffenheitsangaben im Sinne der genannten Vorschrift. Wer dies verkennt, kommt zu einem völlig anderen Ergebnis in dem Gutachten.

Allerdings können sich dann Mängel nach § 434 I 2, 3 BGB aufgrund des objektiven Fehlerbegriffs ergeben. Für solche Sachmängel kann der Verkäufer (anders als bei einer Beschaffenheitsvereinbarung) die Gewährleistung sehr wohl ausschließen.

Nach § 434 I 3 BGB gehören zur Sollbeschaffenheit der Kaufsache die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten darf; hierzu zählen auch Angaben in einem Expose. Die in § 434 I 2, 3 BGB genannten Anforderungen an die Kaufsache beruhen hingegen nicht auf einer beurkundungs- und auslegungsbedürftigen Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer, sondern auf dem Gesetz.

Die Annahme eines Sachmangels wegen des Fehlens einer Eigenschaft der Kaufsache, die der Käufer nach § 434 I 2, 3 BGB erwarten kann, setzt daher nicht voraus, dass diese Eigenschaft in dem notariellen Kaufvertrag Erwähnung findet.

Wer bis zu diesem Punkt in der Lösung gekommen ist, muss nun aber die Vorschrift des § 444 BGB beachten. Sofern nämlich der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, ist ein Ausschluss der Gewährleistung unwirksam.

Letztlich muss man noch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kennen, dass ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 444 BGB eine Aufklärungspflicht des Verkäufers über einen Sachmangel voraussetzt, und dass der Verkäufer Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus nur offenbaren muss, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich hält.

Bei der Arglist können sich sodann weitere Probleme stellen:

Es kommt ein Schadensersatz wegen culpa in contrahendo in Betracht, § 311 II BGB. Dort muss die Zurechnung des Verhaltens des Maklers nach § 278 BGB angesprochen werden. Bei Arglist ist nach dem BGH die culpa in contrahendo anwendbar.

Sie scheidet zwar nach h.M. grundsätzlich aus, soweit der Anwendungsbereich des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechtes reicht, §§ 434 ff. BGB, aber es gibt Ausnahmen (BGH NJW 2009, 2120):

Bei Vorsatz ist die cic anwendbar, da der V kein berechtigtes Interesse an der Nacherfüllung hat und die Wertungen des Mängelrechts - wie Vorrang der Nacherfüllung, Erheblichkeit der Pflichtverletzung, Verjährung, § 442 I 2 BGB - nicht ausgehebelt werden (Lorenz NJW 2006, 1925, 1926; Tiedtke, Kaufrecht, 2009, Rn. 861).



In diesem kurzen Fall kann man also leicht vom Weg abkommen und zu einem völlig anderen Ergebnis gelangen, das unter Umständen den Weg zu einer überdurchschnittlichen Bewertung der Arbeit versperrt.


Weiterführende Literatur



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