Aus einem Forum habe ich wieder einmal einen Fall entnommen, der offenbar Probleme bei der Bearbeitung bereitet. Die Frage lautete dort: "Ist das HGB anwendbar?"
Sachverhalt
Ein Student S repariert in kleinem Umfang gebrauchte Computer in seiner Wohnung und verkauft sie dann weiter. Dazu benutzt er im Folgenden einen Briefkopf, in dem der Anschein erweckt wird, es handele sich um einen Kaufmann. Als der S bei der G GmbH Einzelteile bestellt und ungesehen im Karton eine Weile aufbewahrt, stellt er später fest, dass die Teile mangelhaft sind. Er will nun von der G neue Teile haben.
Lösung
Nun fragt der/die Fragesteller/in, ob das Handelsgesetzbuch anwendbar ist.
Mir wird nicht klar, wie die Antwort auf diese Frage weiterhelfen soll. Selbst
wenn man sie positiv beantwortet, wird man bei der Fallfrage, ob der S neue
Teile von der G verlangen kann, mit dieser Antwort kaum über null Punkte
hinauskommen. Denn damit wird nicht ansatzweise deutlich, ob der/die
Bearbeiter/in überhaupt das Problem erkannt hat.
Anspruch auf Nacherfüllung
Für eine brauchbare Leistung muss man erkennen, was der S will. Offenbar liegt ein Kauf nach dem BGB vor, aus dem sich ein Anspruch auf Nacherfüllung ergeben könnte. Dazu braucht man das HGB noch nicht.
Anspruch ausgeschlossen
Innerhalb des vom Grundsatz her gegebenen Anspruchs müsste man sodann prüfen, ob der Anspruch nach dem HGB ausgeschlossen sein könnte.
Hier kommt eine Verletzung der Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB in Betracht, die dem entgegenstehen könnte. Aber dazu müsste die entsprechende Vorschrift aus dem HGB anwendbar sein.
Hinweis: Man sollte hier auch den
Unterschied zwischen einer Obliegenheit und einer Pflicht kennen, denn die
Vorschrift des § 377 HGB enthält nur eine Obliegenheit zur Rüge.
Das nächste Problem ist also, ob der S als Kaufmann anzusehen ist. Offenbar betreibt er kein Handelsgewerbe, denn sein Unternehmen erfordert nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Damit ist er kein Kaufmann.
Anders ist das aber hinsichtlich der Anwendbarkeit des HGB, wenn der S wie ein Kaufmann aufgetreten ist (Scheinkaufmann). Denn nur dann kann ihn die Obliegenheit zur Rüge treffen. Das kann man dann in der Verwendung eines Briefkopfes sehen, der einen entsprechenden Rechtsschein erzeugt.
Vorgehen im Gutachten
Wer so vorgeht, zeigt jedenfalls, dass er/sie eine
gutachterliche Prüfung mit entsprechender Anspruchsgrundlage durchführen kann.
Bei den Einzelheiten kann man sich dann leicht verzetteln, was aber bei
Studierenden mit Zivilrecht im Nebenfach nicht so tragisch wäre.
Wer die Einzelheiten einer solchen Lösung nachlesen will,
kann dies in Fall Nr. 4 und 22 in meinem eBook* zum Handelsrecht finden:
Juristische Übungsfälle zum Handelsrecht
Hier sind weitere Artikel zum Handelsrecht zu finden:
Fälligkeitszinsen im Handelsrecht
Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB
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