Für jeden Rechtsanwender ist die Auslegung von
Willenserklärungen von großer Bedeutung. In der Praxis wie in der juristischen
Ausbildung sind die Erklärungen der Parteien oft nicht eindeutig, weshalb nach
dem konkreten Inhalt gefragt werden muss, der im Wege einer Auslegung vom objektiven Empfängerhorizont nach §§ 133, 157 BGB zu
ermitteln ist.
Sofern es sich um Vertragserklärungen handelt, sind diese vom objektiven Empfängerhorizont aus betrachtet auszulegen, §§ 133, 157 BGB.
AGB von eBay:
Ein sehr
schönes Beispiel dafür liefert eine recht neue Entscheidung des
Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2017, 1660), deren erster Leitsatz lautet:
„Sind bei Verkaufsaktionen auf der eBay-Internetplattform die
Erklärungen der Teilnehmer nicht aus sich heraus verständlich oder lückenhaft
und bedürfen sie deshalb der Auslegung, ist grundsätzlich zwar der
Aussagegehalt der eBay-AGB ergänzend in die Auslegung der abgegebenen
Willenserklärungen einzubeziehen. Rückt jedoch einer der Teilnehmer von den
Regelungen der eBay-AGB erkennbar in bestimmter Hinsicht ab, kommt deren
Heranziehung insoweit zur Bestimmung des Vertragsinhalts nicht mehr in
Betracht. Es ist dann vielmehr das individuell Vereinbarte maßgeblich
(Fortführung der Senatsurteile vom 7. November 2001 - VIII ZR 13/01, BGHZ 149,
129, 135 f.; vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 Rn. 21; vom 10.
Dezember 2014 - VIII ZR 90/14, NJW 2015, 1009 Rn. 19).“
Es ging dort um einen Fall auf eBay, in
welchem der Anbieter eine Option zum Sofort-Kauf einstellte, bei der ein Preis
von 100 € für ein Fahrrad angegeben war, aber in der Beschreibung des Artikels
ausdrücklich ein tatsächlich geltender Preis von 2600 € genannt war.
Hier
musste also eine Auslegung erfolgen, wie nun dieses Angebot auf eBay zu
verstehen war. Auch in dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof auf die
Auslegungslösung zurückgegriffen (die hoffentlich jeder
Leser und jede Leserin kennt), nach welcher die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen von eBay gerade nicht zwischen den Nutzern einbezogen
werden, aber zur Auslegung der Erklärungen herangezogen werden können.
Bei näherer Betrachtung kommt man zu dem
Ergebnis, dass es auf das gesamte Angebot ankommt für die Ermittlung des
Inhalts der Erklärung und nicht nur auf den Preis, der bei der Option zum
Sofort-Kauf genannt ist. Demnach war das Angebot zum Abschluss des Kaufvertrags
mit dem Inhalt von 2600 € angenommen worden. Dem Käufer stand dann aber nach
Auffassung des Gerichts ein Anfechtungsrecht wegen eines Inhaltsirrtums zu.
Jeder Jurastudent und jede Jurastudentin
sollte sich die Entscheidung einmal durchlesen, um zu sehen, wie man eine
Auslegung von Erklärungen ausführlich vornehmen kann.
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Die falsche Preisauszeichnung im Selbstbedienungsladen
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