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Montag, 18. Dezember 2023

2 Fragen: Wie wird ein Behandlungsvertrag geschlossen und wie gestaltet sich der Schadensersatz bei Behandlungsfehlern?

 

Abschluss Behandlungsvertrag, Schadensersatz

Vor einigen Jahren hat der Gesetzgeber den Behandlungsvertrag gesetzlich in den §§ 630a ff. BGB geregelt. Damit gibt es eine weitere Vertragsart, mit welcher man sich im Jurastudium beschäftigen muss.

Wie aber kommt dieser Vertrag zustande und welche Anspruchsgrundlagen für einen Schadensersatz bestehen für den Patienten bei einem Behandlungsfehler?

Wer sich hier sofort Kenntnisse verschaffen will, sollte den nachfolgenden Artikel einmal genauer ansehen.


Vorab eine kurze Zusammenfassung in einem Video






1. Vertragsschluss


Vertragsschluss im Krankenhaus


Lange war nicht ganz eindeutig, ob der Behandlungsvertrag dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht unterfällt. Das wird jedenfalls bei einem Patienten, der in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, unterschiedlich beurteilt.

Bei einem privat versicherten Patienten ist aber unstreitig, dass der Vertrag bürgerlich-rechtlicher Natur ist. Insbesondere in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wurde vertreten, dass bei der gesetzlichen Versicherung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zustande komme, da neben dem Arzt und Patienten auch die kassenärztliche Vereinigung sowie die Krankenkasse beteiligt seien.

 

In der zivilrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet die Einordnung freilich als privat-rechtlicher Vertrag statt (BGH NJW-RR 2006, 811, 812). Ebenso sieht das die überwiegende Meinung im zivilrechtlichen Schrifttum (Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, 2002, § 40 Rn. 31).

Nachdem der Gesetzgeber die Vorschriften der §§ 630a ff. BGB ins Bürgerliche Gesetzbuch und nicht etwa ins Sozialgesetzbuch eingeführt hat, dürfte wohl davon auszugehen sein, dass es sich auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers um einen privat-rechtlichen Vertrag handelt.

 

Wenn der Vertrag also dem bürgerlichen Recht angehört, wird er nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils des BGB geschlossen. Auch hier stellen sich einige Probleme beim Abschluss, insbesondere bei Bewusstlosen, Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen.

 

a) Bewusstlose

 

Zunächst ist klar, dass ein Bewusstloser keine Willenserklärung abgeben kann. Es kommt somit bei einer Behandlung durch einen Arzt auch kein Behandlungsvertrag nach § 630a BGB zustande. Vielmehr muss hier auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden.

 

b) Geschäftsunfähiger

 

Auch dieser kann keine wirksame Willenserklärung abgeben, sodass kein Vertragsschluss mit ihm möglich ist. Hier ist ein Handeln des gesetzlichen Vertreters nötig.

Natürlich wäre auch denkbar, dass der Geschäftsunfähige lediglich als Bote eine Erklärung seines Vertreters abgibt und so einen Vertrag mit Letzterem zum Entstehen bringen kann.

Dies dürfte aber wohl eher die Ausnahme sein, da bei Kindern etwa regelmäßig die Eltern als Begleitung beim Arzt anwesend sind und den Vertrag schließen, der dann entweder als Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet ist oder jedenfalls Schutzwirkungen zugunsten des Kinds entfaltet. Wenn der Geschäftsunfähige jedoch alleine auftritt, wären wieder die §§ 677 ff. BGB als einschlägig anzusehen.

Siehe zu dieser Problematik schon meinen Beitrag hier.

 

c) Beschränkt Geschäftsfähiger

 

Ein in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter kann den Vertrag alleine abschließen, wenn dieser lediglich rechtlich vorteilhaft ist, § 107 BGB. Ob das beim Behandlungsvertrag der Fall ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.

 

Der privat versicherte Patient würde wegen der Zahlungspflicht aus dem Vertrag einen rechtlichen Nachteil erfahren, sodass er nicht allein handeln kann.

Bei einem gesetzlich Versicherten aber wird teilweise (Soergel/Spickhoff, BGB, Band 12, 13. Auflage, 2005, § 823 Anh. I Rn. 12) angenommen, er könne den Vertrag auch allein schließen, da er nicht selbst zur Zahlung verpflichtet sei, denn die Krankenkasse übernehme dies (siehe § 630a BGB a.E.). Selbst die negativen Folgen der Behandlung seien lediglich als mittelbare Nachteile unbeachtlich (Spickhoff, aaO).

Der Behandlungsvertrag kann aber auch Nebenpflichten für den Patienten enthalten, für welche die Vorschrift des § 107 BGB ebenso gilt. So wäre etwa an eine echte Rechtspflicht und nicht nur eine Obliegenheit zur Mitteilung von ansteckenden Krankheiten zu denken, weshalb man wohl ebenso von einem rechtlichen Nachteil ausgehen kann.

 

Sofern die Eltern bei Vertragsschluss anwesend sind, werden diese zumeist Vertragspartner. In aller Regel kommt dieser Vertrag dann mit dem gesetzlichen Vertreter dergestalt zustande, dass es sich gem. § 328 BGB um einen Vertrag zugunsten des beschränkt Geschäftsfähigen handelt (BGH NJW 2005, 2069, unter II 2 a; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, 2002, § 40 Rn. 8).

 

2. Schadensersatz


Schadensersatz beim Behandlungsvertrag


Der Patient kann bei einem Behandlungsfehler des Arztes Ansprüche auf Schadensersatz aus Vertrag oder Delikt haben.

 

a) Vertragliche Ansprüche

 

Für einen vertraglichen Schadensersatzanspruch bei einem Behandlungsfehler kommt die Vorschrift des § 280 I BGB in Betracht. Denn im Patientenrechtegesetz ist gerade keine eigene Anspruchsgrundlage geschaffen worden, sodass auf die allgemeinen Vorschriften zurückgegriffen werden muss.

 

Im Arzthaftungsrecht gelten Besonderheiten bei der Beweislast, die sich hier anders gestaltet, als es bei der Prüfung des § 280 I BGB in anderen Situationen.

Mittlerweile hat der Gesetzgeber in § 630h BGB auch eine Sondervorschrift hinsichtlich der bisher nur von der Rechtsprechung kreierten Beweislastverteilung geschaffen.

 

Auch beim Verschulden gilt nach der Gesetzesbegründung (entgegen einer früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs) die Vermutung des § 280 I 2 BGB (BT-Drs. 17/10488, S. 28).

 

Besondere Konstellationen ergeben sich, wenn ein Patient im Krankenhaus stationär behandelt wird. Der dann regelmäßig abgeschlossene totale Krankenhausaufnahmevertrag beinhaltet nicht nur die Arztbehandlung, sondern etwa auch die Unterkunft und Verpflegung.

Bei einem solchen Vertrag kann das schuldhafte Verhalten des Arztes, gegen den kein direkter vertraglicher Anspruch besteht, dem Krankenhausträger nach der Vorschrift des § 278 BGB zugerechnet werden.

 

Falls nur ein gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag abgeschlossen wurde, übernimmt der Träger des Krankenhauses die pflegerischen und medizinischen Dienste, jedoch nicht die ärztlichen Leistungen. Hier wäre also der Arzt allein dem Patienten vertraglich verpflichtet.

 

Bei einem totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag wiederum schuldet der Krankenhausträger die gesamten Leistungen. Daneben tritt auch die selbstständige Verpflichtung des Arztes, die ärztlichen Leistungen zu erbringen, sodass beide dies schulden und auch das Krankenhaus neben dem Arzt für dessen Fehler einstehen muss.

 

b) Deliktische Ansprüche

 

Neben diesen Ansprüchen aus dem Behandlungsvertrag stehen gleichberechtigt Schadenersatzansprüche aus dem Deliktsrecht nach §§ 823 ff. BGB iVm. dem StGB.

Dabei kann im Fall der Behandlung in einem Krankenhaus beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag auch der Träger des Krankenhauses direkt gem. §§ 823 I, 31 BGB haften.

Denn neben dem vom Wortlaut der Vorschrift geforderten verfassungsmäßigen Vertreter gilt diese Zurechnungsnorm auch für Vertreter, die kraft allgemeiner Betriebsregelung und Handhabung wichtige Aufgabenbereiche selbstständig und eigenverantwortlich erfüllen und so die juristische Person repräsentieren (BGH NJW 1998, 1856). Dies wird insbesondere für einen Chefarzt einer Klinik bejaht (BGHZ 101, 218).

 

Ebenso kann sich eine eigene Haftung des Trägers aus einem Organisationsverschulden ergeben, wie etwa, wenn die medizinischen Geräte nicht in funktionsfähigem Zustand gehalten werden.

 

Sollte es sich um einen einfachen Arzt im Krankenhaus handeln, der einen Behandlungsfehler begangen hat, wäre eine Haftung des Trägers nach § 831 BGB zu prüfen. Gleiches gilt für das Pflegepersonal.

 

Bei der vertraglichen wie der deliktischen Haftung kommt sodann auch ein Schmerzensgeld nach § 253 II BGB für den Patienten in Betracht.

Siehe dazu den Beitrag "Mitverschulden beim Schmerzensgeld".



Weiterführende Literatur


In meinem eBook* zum Deliktsrecht habe ich einen ausführlichen Fall zum totalen Krankenhausvertrag gutachterlich dargestellt. Das Buch ist hier zu finden:


„Juristische Übungsfälle zum Deliktsrecht“



Hier ist ein weiterer Artikel zum Behandlungsvertrag


Vertragspartner beim Behandlungsvertrag



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