Wer die erste juristische Staatsprüfung erfolgreich ablegen will, muss nach den jeweiligen Ausbildungsprüfungsordnungen Kenntnisse der Grundzüge des Erbrechts haben. Man sollte sich deshalb zwingend ein Grundwissen in diesem Bereich zulegen, ohne aber über das Ziel hinauszuschießen.
Im Folgenden soll eine grundlegende Materie angesprochen werden, die man eigentlich schon aus dem ersten Semester des Jurastudiums kennt.
Erklärungsbewusstsein
Nachdem man in der Regel bereits im ersten Semester an der Universität die Problematik des Erklärungsbewusstseins gelehrt bekommt, eignet sich dieses auch im Erbrecht relevante Problem durchaus auch für eine Prüfungsaufgabe, denn das fällt ohne weiteres in den Bereich der Grundzüge.
1. Testierfreiheit
Neben der gesetzlichen Erbfolge ohne Mitwirkung durch den Erblasser gibt es auch die Möglichkeit, dass dieser die vermögensrechtlichen Folgen seines Todes durch eine Verfügung von Todes wegen regelt. Diese sogenannte Testierfreiheit ist ein Teil der Privatautonomie.
Der Begriff
„Verfügung von Todes wegen“ stellt dabei die Sammelbezeichnung für Testamente
als einseitige Rechtsgeschäfte nach § 1937 BGB und Erbverträge als zweiseitige
Rechtsgeschäfte gem. §§ 1941, 2274 ff. BGB dar.
Testamentarische Erklärungen sind nicht empfangsbedürftige
Willenserklärungen, wobei die testamentarische Verfügung bereits mit Errichtung
des Testaments zustande kommt und es eines Zugangs mangels
Empfangsbedürftigkeit nicht bedarf. Die
Rechtswirkungen einer solchen Erklärung treten allerdings erst nach dem Erbfall
ein.
Es soll im Folgenden zur Darstellung des Testierwillens vom privaten (eigenhändigen) Testament nach § 2247 BGB ausgegangen werden.
Der Erblasser muss dabei die Form des § 2247 I BGB beachten, also muss er das Testament durch eine eigenhändig geschriebene
und unterschriebene Erklärung errichten. Da es sich bei den in § 2247 II BGB geregelten Angaben nur um
Sollvorschriften handelt, ist die Angabe des Orts, der Zeit und des Datums für
die Wirksamkeit des Testaments nicht nötig, sie muss deshalb auch nicht
eigenhändig erfolgt sein.
2. Testierwille
Wenn der Erblasser ein Testament errichten will, muss er auch einen Testierwillen haben. Es ist somit der ernstliche Wille nötig, rechtsverbindliche Anordnungen für die Zeit nach seinem Tod zu treffen.
Dies ist gleichbedeutend mit dem
Eklärungsbewusstsein, also dem Bewusstsein, dass man überhaupt rechtlich
handelt (Olzen, Erbrecht, 4. Auflage, 2013, Rn. 231). Falls dieses fehlt, ist kein wirksames
Testament gegeben, da die Vorschrift des § 133 BGB gilt und damit die
Rechtsprechung zur „fahrlässigen Willenserklärung“ aus dem Allgemeinen Teil des
BGB keine Anwendung findet. Es würde in
diesem Fall die gesetzliche Erbfolge eintreten, soweit keine andere Verfügung
von Todes wegen vorliegt.
Sofern die Erklärung des Erblassers erkennbar nicht ernst gemeint ist, gilt die Nichtigkeitsfolge des § 118 BGB. Der ernstliche Testierwille kann auch nach allgemeiner Lebenserfahrung durch Auslegung ermittelt werden (BayObLG FamRZ 2001, 944).
Hier kann es in der Praxis mitunter recht schwierig sein, einen Testierwillen festzustellen. Insbesondere dann, wenn die vom Erblasser gewählte Form des Schriftstücks unüblich ist, müssen strenge Anforderungen an das Vorliegen des Testierwillens gestellt werden (KG FamRZ 2004, 737, 739). Eine bloße Ankündigung oder der Entwurf eines Testaments reichen deshalb nicht aus, denn eine Absichtserklärung stellt keinen Testierwillen dar (Schellhammer, Erbrecht nach Anspruchsgrundlagen, 3. Auflage, 2010, Rn. 291).
Auch kann hier nicht die
Vorschrift des § 2084 BGB angewendet werden, nach der bei mehreren
Auslegungsmöglichkeiten im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher
die Verfügung Erfolg haben kann (Olzen, Erbrecht, 4. Auflage, 2013, Rn. 232).
Gerade weil der Erblasser seine Erklärung auf vielfältige
Weise schriftlich abgeben kann (auf einer Postkarte, Schiefertafel, etc.),
treten mitunter schwierige Fragen hinsichtlich des Testierwillens auf. Dazu soll ein kurzer Fall aus dem richtigen
Leben herangezogen werden, der sehr schöne Ausführungen des Gerichts zum
Testierwillen enthält.
Beispiel: Der Erblasser hinterließ auf einem Notizzettel die eigenhändig geschriebene und unterschriebene Aufforderung, „Gib diese Unterlagen nach meinem Tode an den Notar, damit der Erbschein für Dich ausgestellt werden kann“.
Hier ging das Oberlandesgericht München davon aus, dass die zwar
formgerechte Erklärung nicht für die Feststellung eines Testierwillens
ausreicht (OLG München NJW-RR 2009, 16). Das Gericht begründet dies wie folgt:
„aa)
Der Erblasser hat das Schriftstück nicht als letztwillige Verfügung gekennzeichnet,
etwa durch eine Überschrift wie "Testament", "letzter
Wille" oder die Verwendung dieser oder ähnlicher Begriffe im Text. Gegen
einen ernstlichen Testierwillen spricht die äußere Form der Urkunde, die
deutlich von den üblichen Gepflogenheiten abweicht. Der Erblasser, der
Ingenieur und bis zu seiner Pensionierung als leitender Angestellter in einem
großen Unternehmen tätig war, hat dafür ein Blatt Papier im Format von 7,5 cm x
10,5 cm verwendet. Zettel dieses Formats werden üblicherweise für kurze Notizen,
nicht aber für rechtsgeschäftliche Erklärungen verwendet. Es ist weder
vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der geschäftsgewandte Erblasser
derartige Notizzettel für wichtige Schriftstücke verwendet hätte. Vielmehr ist
das wegen der fehlenden Unterschrift der Beteiligten zu 1 formunwirksame
gemeinsame Testament vom 30.3./4.4.2005 auf einem DIN A4-Blatt niedergelegt,
auf dem der Briefkopf des Erblassers aufgedruckt ist.
bb) Auch die auf dem Zettel niedergelegte Erklärung selbst spricht gegen einen
ernstlichen Testierwillen. Der Erblasser trägt damit seiner Ehefrau auf,
"diese Unterlagen" nach seinem Tod dem Notar zu übergeben, um die
Ausstellung eines Erbscheins für sie zu ermöglichen. Dem Inhalt der Notiz lässt
sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass der Verfasser ihr eine Bedeutung
beigemessen hat, die über diese Handlungsanweisung hinausgeht. Vielmehr wird
daraus ersichtlich, dass er die erwähnten (und wohl beigefügten) Unterlagen für
wichtig gehalten hat, denn diese sollten nach seiner Vorstellung Grundlage für
die Erteilung des Erbscheins sein. Ungewöhnlich ist zwar, wie das Landgericht
hervorgehoben hat, dass der Erblasser die Notiz auch mit seinem Nachnamen
gezeichnet hat. Selbst wenn man mit dem Landgericht annimmt, dass der Erblasser
damit eine Verbindlichkeit herbeiführen wollte (und nicht etwa nur einer
Gewohnheit folgte), unterstreicht das lediglich die Bedeutung der auf dem
Zettel enthaltenen Handlungsanweisung, trägt aber nicht die Annahme, dass der
Erblasser damit diesem Schriftstück die Bedeutung einer verbindlichen
letztwilligen Verfügung verleihen wollte.“
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