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Dienstag, 22. März 2016

Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung

Die Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung bei Veräußerung einer beweglichen Sache wird anhand der juristischen Literatur und der Rechtsprechung des BGH erläutert


Wenn der Verkäufer einer Sache dem Käufer das Eigentum nicht verschaffen kann, etwa weil es sich um eine abhanden gekommene Sache handelt oder er das Eigentum in der Zwischenzeit auf einen anderen übertragen hat, stellt sich in der Praxis ebenso wie in der Ausbildung die Frage, wie diese Situation der Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung rechtlich zu lösen ist.

Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung:


Dazu existieren verschiedene Auffassungen in der Rechtsprechung und Literatur.

Zunächst könnte man annehmen, es liege ein Rechtsmangel gem. § 435 S. 1 BGB vor, sodass dem Käufer die Gewährleistungsrechte zustehen.

Die Vorschrift besagt, dass ein Rechtsmangel vorliegt, wenn Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen den Käufer geltend machen können.

Dieses Recht des Dritten wäre dann etwa ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB wegen seines Eigentums.  Somit würden sich die Rechte des Käufers nach der Vorschrift des § 437 BGB bestimmen, da eine Verletzung der Pflicht aus §433 I 2 BGB vorliegt.  Diese Ansicht wird auch teilweise in der früheren obergerichtlichen Rechtsprechung und von einigen Autoren vertreten.

 

Dagegen hat sich allerdings der Bundesgerichtshof entschieden.  Das fehlende Eigentum des Verkäufers ist danach kein Rechtsmangel, sondern stellt lediglich einen Fall der subjektiven Unmöglichkeit nach § 275 I BGB dar.  Denn die Pflicht zur Verschaffung des Eigentums ergibt sich schon aus § 433 I 1 BGB.  Es gilt daher das allgemeine Schuldrecht in direkter Anwendung, da es sich um ein Unvermögen handelt, weshalb eine Haftung des Verkäufers nach § 311a II BGB in Betracht kommt.

 

Sodann stellt sich ein Folgeproblem:


Kann man in dieser Situation sogleich das Unvermögen feststellen und den Anspruch auf Schadensersatz prüfen?

Auch hier hätte man dann die Rechnung ohne den Wirt gemacht.  Der Bundesgerichtshof geht nämlich davon aus, dass nur dann eine Unmöglichkeit vorliegt, wenn feststeht, dass das Eigentum nicht erworben werden kann, weil etwa die erforderliche Genehmigung zur Verfügung von dem wahren Eigentümer endgültig verweigert wurde.

Eine Fallgestaltung des § 275 I BGB als subjektive Unmöglichkeit ist also nur dann gegeben, wenn dem Schuldner die Beseitigung des Leistungshindernisses auch potenziell nicht möglich ist.  Das kann nicht nur an der mangelnden Genehmigung scheitern, sondern auch deshalb, weil die Beschaffung aus sonstigen Gründen aussichtslos ist.

Denkbar wäre insbesondere, dass der Schuldner die Sache vom wahren Eigentümer (ggfls. gegen einen höheren Kaufpreis) erwirbt und dann seinem Gläubiger das Eigentum überträgt.  In all diesen Fällen kann man sich dann darüber streiten, ob es sich um eine anfängliche Unmöglichkeit handelt oder nur eine nachträgliche, denn erst durch die Verweigerung seitens des wahren Eigentümers steht das Unvermögen fest.


Auswirkungen auf die Praxis:

 

In der Praxis oder im Referendariat muss sich der/die bearbeitende Rechtsanwalt/in oder Referendar/in zudem Gedanken darüber machen, wie sich die Darlegungs- und Beweislast gestaltet.

Wenn der Gläubiger (Käufer) einen Erfüllungsanspruch geltend macht und sich der Schuldner (Verkäufer) damit wehrt, dass er die Sache veräußert hat, muss der Verkäufer nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung vom Grundsatz her darlegen und notfalls beweisen, dass ihm die Erfüllung rechtlich oder tatsächlich nicht (mehr) möglich ist, wobei die fehlende Verfügungsmacht noch nicht die Unmöglichkeit indiziert.  Demgegenüber dürfen die Anforderungen an den Käufer nicht überspannt werden.

Dazu hat der Bundesgerichtshof entschieden (BGHZ 141, 179):

 

" Ist die Unmöglichkeit – wie bei den Ansprüchen nach §§ 280, 281, 325, 326, 327, 347, 989 BGB – anspruchsbegründende Voraussetzung, wird es dem Gläubiger häufig nicht möglich sein, Umstände vorzutragen, aus denen sich ergibt, daß ein Rückerwerb des geschuldeten Gegenstandes durch den Schuldner ausgeschlossen ist. Die für diese Beurteilung maßgeblichen Tatsachen beruhen weitgehend auf den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen des Schuldners zum Erwerber, die dem darlegungsbelasteten Gläubiger regelmäßig nicht oder nicht ausreichend bekannt sind, während der Schuldner hierzu aus eigener Kenntnis ohne weiteres näher vortragen kann. In diesen Fällen hat der Senat daher angenommen, daß die Weiterveräußerung die Unmöglichkeit indiziert, sofern der Schuldner nicht darlegt, daß er zur Erfüllung willens und in der Lage ist..."


Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden:

https://zivilrecht-verstehen.blogspot.com/2021/09/die-nacherfullung-beim-kaufvertrag.html

https://zivilrecht-verstehen.blogspot.com/2019/04/beschaffenheitsvereinbarung.html

https://zivilrecht-verstehen.blogspot.com/2022/07/feinheiten-des-442-i-1-bgb.html






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