Stellt das Wegwerfen einer Plastikflasche am Flughafen eine Übereignung dar oder liegt eine Dereliktion vor?
Vor einigen Tagen war ich am Flughafen und habe kurz vor dem Sicherheitscheck eine Tonne gesehen, in welche man seine gefüllten Wasserflaschen einwerfen kann, denn sie dürfen nicht mit ins Flugzeug gebracht werden. Auf der Tonne war gestanden, dass es sich um eine „Dereliktion gem. § 959 BGB“ handele.
Im Folgenden will ich meine Ansicht zu dieser rechtlichen Bewertung geben.
Voraussetzungen der Dereliktion
Die in der Ausbildung eher nicht so bedeutende Dereliktion stellt ein Rechtsgeschäft dar, das sich aus einer nicht empfangsbedürftigen Willenserklärung und dem Realakt der Besitzaufgabe zusammensetzt.
Bei der Dereliktion sind also zwei Dinge erforderlich:
- Eine Besitzaufgabe und
- einen Eigentumsaufgabewillen (solche Wörter gibt’s wohl nur unter Juristen).
Die Besitzaufgabe ist in Klausuren regelmäßig nicht das Problem. Sie liegt oft auf der Hand.
Insbesondere der Wille zur Aufgabe des Eigentums
Vielmehr muss man als Jurist/in in einem rechtlichen Gutachten dann ganz genau prüfen, ob der Wille zur Aufgabe des Eigentums tatsächlich vorlag oder man jedenfalls konkludent auf diese Absicht schließen kann.
Sofern man nach Auswertung des Sachverhalts dann von einer Dereliktion ausgeht, könnte als Folge jeder beliebige Dritte das Eigentum an der Sache erwerben. Insofern muss man genau untersuchen, ob das wirklich so gewollt war.
Oder doch Eigentumsübertragung?
Denkbar ist aber auch, dass der Wegwerfende die Sache zur Eigentumsübertragung an den Entsorger anbietet. Das wäre dann eine ganz normale Übertragung des Eigentums durch Übergabe und Besitzerwerb (regelmäßig gem. § 929 S. 1 BGB).
Letzteres ist nach umstrittener Meinung oft beim Entsorgen von Müll anzunehmen. Allerdings sehen andere die Übereignung an den Träger der Müllabfuhr als eine wirklichkeitsfremde Unterstellung an.
Und auch bei der Tonne am Flughafen hätte ich da so meine Bedenken, ob es sich um eine Dereliktion oder nicht vielleicht doch um die Übertragung des Eigentums durch Übergabe und Besitzerwerb handelt.
Weiterführende Literatur
Wer die verschiedenen Standpunkte zu dieser Problematik einmal etwas genauer
ansehen will, dem empfehle ich Fall Nr. 18 in meinem eBook* zum Sachenrecht hier:
Juristische Übungsfälle zum Sachenrecht I Bewegliche Sachen
Hier sind weitere Artikel zum Sachenrecht auf meinem Blog
Gutgläubigkeit beim Erwerb vom Nichtberechtigten
Das Anwartschaftsrecht als Besitzrecht
Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB auf § 985 BGB
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