Einen weiteren wichtigen Teilbereich des Handelsrechts für die juristische Ausbildung findet man in dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben (siehe bereits hier auf meinem Blog).
Diese Materie wird teilweise bereits im Rahmen des Allgemeinen Teils des BGB erörtert, da hier entgegen dem Grundsatz ausnahmsweise das Schweigen des Empfängers Rechtsfolgen haben kann.
Besser erscheint es aber, sich erst beim Lernen des Handelsrechts damit zu beschäftigen, denn zuvor fehlen oft die Kenntnisse zur Kaufmannseigenschaft und zu Handelsgeschäften generell.
Das kaufmännische Bestätigungsschreiben wird allgemein als Handelsbrauch bezeichnet, woraus deutlich wird, dass es nicht konkret in einer Vorschrift geregelt ist.Ein Handelsbrauch gem. § 346 HGB gilt vom Grundsatz her nur zwischen Kaufleuten. Unter Kaufleuten ist in Ansehung der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen. Solche Gewohnheiten und Gebräuche werden damit allgemein unter Kaufleuten als verpflichtende einheitliche Übung angesehen.
Das kaufmännische Bestätigungsschreiben
Sofern ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben vorliegt,
kann dies deklaratorisch oder konstitutiv sein:
Beim konstitutiven Bestätigungsschreiben hatten die Parteien
zunächst noch kein Vertrag geschlossen. Dieser entsteht erst durch die
Anwendung dieses Rechtsinstituts.
Demgegenüber liegt bei dem deklaratorischen Bestätigungsschreiben
bereits ein Vertrag vor, dieser wird aber inhaltlich abgeändert.
Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben stellt
nach überwiegender Ansicht keine Willenserklärung dar. Das bedeutet, dass der
Empfänger bei seinem Schweigen insofern auch keinen Handlungswillen und kein
Erklärungsbewusstsein haben muss. Allein der Zugang des Bestätigungsschreibens und
das folgende Schweigen führen zu den angesprochenen Rechtsfolgen.
Anfechtung des Schweigens?
Oft stellt sich in Klausuren dann die Frage, ob der Empfänger irgendeine Anfechtungsmöglichkeit hat. Da das Schweigen keine Willenserklärung ist, kann der Empfänger aber gem. § 119 I BGB analog anfechten, wenn er sich über den Inhalt der Bestätigung geirrt hat.
Dagegen scheidet eine Anfechtung wegen eines
Irrtums über die bestätigende Bedeutung des Schweigens selbst aus, denn dieser
Irrtum ist lediglich ein unbeachtlicher Rechtsfolgeirrtum.
Sich kreuzende Bestätigungsschreiben
Ein Sonderproblem in diesem Bereich besteht bei den sich kreuzenden Bestätigungsschreiben, was zugegebenermaßen recht selten sein dürfte.
Die Schreiben haben sich gekreuzt, wenn sie aneinander vorbeigelaufen sind, also wenn der V sein Schreiben absendet, bevor es ein solches vom K erhalten hat und sein eigenes in diesem Zeitpunkt dem Gegner noch nicht zugegangen ist.
So kommt es gelegentlich vor, dass beide Vertragsparteien wechselseitig den
Vertragsschluss mit einem widersprechenden Inhalt bestätigen. Musterbeispiel
ist hier die Einbeziehung der eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die
sich inhaltlich widersprechen.
Was soll nun in einem solchen Fall der sich kreuzenden kaufmännischen Bestätigungsschreiben gelten?
Zum einen (und das wurde früher tatsächlich so vertreten)
könnte man die Theorie des letzten Wortes anwenden. Dann würden nur diejenigen
Bedingungen gelten, auf welche zuletzt verwiesen wurde. Dass dies freilich
nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand. Denn dann wäre es dem Zufall (oder
der Hartnäckigkeit der jeweiligen Parteien) überlassen, wer nun als Letzter
seine AGB übersendet.
Heute herrschend ist die Konsenstheorie. Nach dieser gelten
im genannten Beispiel weder die AGB des einen noch des anderen, soweit sie sich
widersprechen. Die Situation ist vergleichbar mit den sich widersprechenden AGB
außerhalb des handelsrechtlichen Bestätigungsschreibens (siehe mein eBook dazu
hier*). Nur insoweit, als sich die Klauseln entsprechen,
soll eine Geltung bestehen.
Beispiel:
Der
Kaufmann V verhandelt mit dem Kaufmann K über den Verkauf einer Maschine. Diese
war auf der Internetseite des V zu einem Preis von 5.000 Euro angeboten. Beide
gingen von einem Vertragsschluss aus. Am nächsten Tag sendet der V ein
Bestätigungsschreiben an K mit einem Preis von 4.800 Euro, während der K ein
solches Schreiben mit einem Preis von 4.500 absendet.
Fraglich
ist, ob bei einem Schweigen beider Parteien auf diese sich kreuzenden
Bestätigungsschreiben ein Vertrag über die Maschine zustande gekommen ist. Das
wird man hier verneinen müssen. Beide Parteien durften aufgrund der
widersprechenden Schreiben nicht von einer Zustimmung durch das Schweigen des
anderen ausgehen.
Bedeutung im Jurastudium
Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist ein durchaus wichtiger Bereich in der juristischen Ausbildung. In den oben gemachten Ausführungen habe ich auf die Darstellung der Tatbestandsvoraussetzungen dieses Rechtsinstituts verzichtet.
Wer sich diese in einem Gutachten ansehen will, kann dies anhand von zwei Fällen ein meinem eBook* hier tun:
Juristische Übungsfälle zum Handelsrecht
Jedenfalls aber sollte man sich hier Kenntnisse verschaffen, zumal die Materie recht überschaubar ist und nach wie vor eine hohe Examensrelevanz hat.
Weitere Artikel zum Handelsrecht sind hier zu finden
Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB
Fälligkeitszinsen im Handelsrecht
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