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Donnerstag, 14. Dezember 2023

Die deliktische Produzentenhaftung bei einem mit Herbiziden verunreinigten Düngemittel

Die deliktische Produzentenhaftung bei einem mit Herbiziden verunreinigten Düngemittel

Ein neueres Urteil des Bundesgerichtshofs gibt Anlass, sich einmal mit der deliktischen Produzentenhaftung auseinanderzusetzen. Diese Thematik ist sehr von der Rechtsprechung geprägt, sodass es sich anbietet, die Grundzüge in einem Lehrbuch durchzuarbeiten.

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über eine solche Fallgestaltung gegeben werden.


Etwas vereinfacht lag folgender Sachverhalt zugrunde


Wie der Titel bereits sagt, geht es um ein Düngemittel, das ein Landwirt erworben hatte, um seinen Acker damit zu düngen. Dieses war mit Herbiziden verunreinigt, sodass die Pflanzen nicht mehr wuchsen. Die als Fachbetrieb für Abfallentsorgung tätige Beklagte hatte diese Flüssigkeit von einem Dritten übernommen. Die Beklagte bezeichnete die Flüssigkeit als "EG-Düngemittel für Ackerbau" und erstellte eine Produktinformation.

Der Landwirt als Kläger macht nun Schadensersatz gegen die Beklagte als Herstellerin geltend.


Die Lösung in groben Zügen


Zunächst kommen keine vertraglichen Ansprüche gegen die Beklagte in Betracht, da sie nur der Hersteller des Mittels war und keinen Vertrag mit dem Landwirt geschlossen hatte.

Wer schon etwas weiter fortgeschritten ist im Jurastudium, wird wissen, dass es auch ein Produkthaftungsgesetz gibt, das man im Rahmen des Deliktsrechts kennen sollte. Ein Schadensersatzanspruch gem. § 1 I 1 ProdHaftG lag hier allerdings nicht vor.

Im Fall der Sachbeschädigung besteht ein solcher Schadensersatzanspruch nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist, § 1 I 2 ProdHaftG. Dabei ist nicht entscheidend, ob das fehlerhafte Produkt, hier das Düngemittel, für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt war. Maßgeblich ist vielmehr die Zweckbestimmung der von dem fehlerhaften Produkt beschädigten Sache, hier also der Rapspflanzen. Diese Pflanzen waren aber zu beruflichen Zwecken verwendet worden, weshalb kein Anspruch besteht.

Sodann kommt ein Schadensersatz nach § 823 I BGB in Betracht.

Das dem Kläger gelieferte Düngemittel war mit Herbiziden verunreinigt, wodurch das Eigentum des Klägers an den gedüngten Pflanzen verletzt wurde.

Es müsste weiter eine Verletzungshandlung gegeben sein. Hier könnte eine unterlassene Prüfung des gelieferten Mittels auf Herbizide und damit eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht als Anknüpfungspunkt gesehen werden. Insofern wäre eine Rechtspflicht zum Handeln erforderlich gewesen.

Dazu der BGH:

„Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren…

Den Hersteller trifft grundsätzlich die weitestgehende (umfassende) Verantwortung für einen in seinem Tätigkeits- und Wissensbereich entstandenen Produktfehler…

Die Beklagte zu 2 traf nicht lediglich die eingeschränkte Verantwortlichkeit eines Vertriebshändlers, vielmehr haftet sie für die Sicherheit der von ihr als Düngemittel für den Ackerbau in den Verkehr gebrachten Flüssigkeit wie ein Hersteller…“

Kausalität des Unterlassens und Rechtswidrigkeit liegen vor. Beim Verschulden muss man wissen, dass der Bundesgerichtshof im Rahmen der Produzentenhaftung eine Beweislastumkehr vornimmt. Damit sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz für den Landwirt gegeben.


Dazu noch ein kurzes Video






Weiterführende Literatur


Der Fall zeigt einige Besonderheiten der Produzentenhaftung im Vergleich zu normalen Ansprüchen aus dem Deliktsrecht auf. Deshalb empfiehlt es sich, einige Fälle zu dieser Thematik durchzuarbeiten. Dazu bietet sich mein eBook* „Juristische Übungsfälle zum Deliktsrecht an, das hier zu finden ist:


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Hier sind weitere Artikel zum Deliktsrecht zu finden


Die Gefährdungshaftung des Tierhalters gem. § 833 S. 1 BGB

Änderung der Rechtsprechung zum Schockschaden

Die Billigkeitshaftung nach § 829 BGB



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