In einem juristischen Gutachten ist es von ganz besonderer Bedeutung, die jeweiligen rechtlichen Probleme an der richtigen Stelle zu verorten und eventuell bestehende Meinungsstreite dort darzustellen. Dabei können Aufbauschemata eine große Hilfe sein, ohne dass man diese allerdings ohne Rücksicht auf den Einzelfall mechanisch anwendet.
Gelegentlich bietet es sich an, die Reihenfolge der Prüfungspunkte abzuändern, um dem Prüfer zu zeigen, dass man alle Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erkannt hat und dann einen Punkt ganz besonders tief behandelt, der möglicherweise zu einer Verneinung des Anspruchs führt. Bei einem solchen Vorgehen schneidet man sich dann jedenfalls nicht einen Teil der Lösung ab. So kann man oft bei der Prüfung des Anspruchs aus § 985 BGB den Besitz vorziehen, um erst dann auf das Eigentum beim Anspruchsteller einzugehen.Vorsicht ist jedoch geboten,
bei der generellen Trennung der Entstehung
des Anspruch, des Untergangs und
der Durchsetzbarkeit. Hier sollte
man die Prüfungsreihenfolge nicht abändern, weil dies zu logischen Fehlern
führen würde. Ein Anspruch, der noch nicht einmal wirksam entstanden ist, kann
nicht mehr untergehen und auch nicht an der fehlenden Durchsetzbarkeit
scheitern.
Nicht so klar ist die
Prüfung innerhalb etwa des Punktes „Untergang“ des Anspruchs. Hier sind
zahlreiche Gründe möglich, warum der ursprünglich gegebene Anspruch untergegangen
sein könnte. Dann muss man sich anhand der Logik fragen, welcher Grund zwingend
vor dem anderen zu prüfen ist. Insbesondere soll das Verhältnis zwischen der
Erfüllung und der Unmöglichkeit angesprochen werden.
Als Beispiel sei der Fall
genannt, dass ein 16 Jahre altes Kind K einen rechtlich nachteiligen Vertrag in
der Form eines Kaufvertrags mit einem Verkäufer V abschließt. Wenn keine
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorliegt und auch § 110 BGB nicht
greift, ist der Vertrag schwebend unwirksam. Nun kann der gesetzliche Vertreter
das Geschäft nachträglich genehmigen. Sollte das Kind aber etwa die gekaufte
Sache auf dem Weg nach Hause verloren haben, könnte man sich schon fragen, ob
sich eine spätere Genehmigung auch auf die Empfangszuständigkeit des Kinds
erstrecken soll, also eine Genehmigung auch der Empfangnahme durch das Kind
gewollt ist. Denn die Übereignung als lediglich rechtlich vorteilhaftes
Geschäft ist wirksam, der Minderjährige würde dann aber seinen Anspruch aus dem
Kaufvertrag verlieren. Wenn man das aber annehmen wollte, wäre damit eine
Erfüllung der Leistungspflicht des Verkäufers gem. § 362 I BGB eingetreten. Wer
jetzt im Anschluss eine Unmöglichkeit der Leistung prüft, da die ursprüngliche
Gattungsschuld in eine Stückschuld umgewandelt wurde, begeht einen logischen
Fehler. Der bereits durch Erfüllung untergegangene Anspruch kann nicht mehr
unmöglich werden. Er ist eben bereits „tot“. Es bietet sich also an, die
Erfüllung vorrangig anzusprechen, um sich den Vorwurf eines Denkfehlers zu
ersparen.
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