Ein interessantes Thema im Erbrecht, das jederzeit in Prüfungen im ersten juristischen Staatsexamen abgefragt werden kann, stellt die Erbeinsetzung durch ein Testament dar. Hier gibt es sehr viele kleine Einzelprobleme, von denen im Folgenden die Bezugnahme auf eine Anlage angesprochen werden soll.
Sofern ein Erblasser ein Testament errichtet und eine Anlage dazu herstellt, die nicht den Formerfordernissen entspricht, ist fraglich, ob das zur Unwirksamkeit des Testaments führt.Entscheidung des BGH
Der Bundesgerichtshof hat in einer jüngeren Entscheidung dazu folgendermaßen
Stellung genommen:
Werden die konkreten Erben in einem eigenhändigen
Testament erst durch die Bezugnahme auf eine nicht die Testamentsform wahrende
Anlage und nicht bereits allein durch den Wortlaut des Testaments
individualisierbar bestimmt, liegt eine wirksame Erbeinsetzung insgesamt nicht
vor.
Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament
durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
Gemäß § 2267 Satz 1 BGB genügt es zur Errichtung eines gemeinschaftlichen
Testaments nach § 2247 BGB, wenn einer der Ehegatten das Testament in der dort
vorgeschriebenen Form errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche
Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet. Sämtliche Verfügungen des Erblassers
müssen, um wirksam zu sein, diese Formanforderungen erfüllen (BeckOGK/Grziwotz,
BGB § 2247 Rn. 32 [Stand: 1. Oktober 2021]). Dabei ist es zulässig, dass in
einem Testament auf eine andere wirksame letztwillige Verfügung, insbesondere
auf ein notarielles Testament, verwiesen wird.
Hingegen kann der Erblasser hinsichtlich des Inhalts der
letztwilligen Verfügung grundsätzlich nicht auf Schriftstücke, die nicht der
Testamentsform genügen, Bezug nehmen (sog. "testamentum mysticum").
Zulässig soll allerdings nach herkömmlicher Ansicht die
Bezugnahme zum Zwecke der näheren Erläuterung der testamentarischen
Bestimmungen sein, weil es sich dann nur um die Auslegung des bereits
formgültig erklärten, andeutungsweise erkennbaren Willens handele; insoweit
wird nach bisheriger Rechtsprechung zwischen (zulässigen) Bezugnahmen zur
näheren Erläuterung einerseits und (unzulässigen) ergänzenden oder
inhaltsbestimmenden Bezugnahmen andererseits unterschieden.
Sofern die letztwillige Verfügung auslegungsfähig ist,
also mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt, ist zu prüfen, ob ein sich aus der
formunwirksamen Anlage ergebendes Auslegungsergebnis im Testament immerhin
andeutungsweise oder versteckt zum Ausdruck gekommen ist. Für eine solche
Andeutung genügt allerdings nicht die Bezugnahme auf die Anlage im Testament.
Fazit
Wenn also der Erblasser erst in der formunwirksamen Anlage den oder die Erben identifiziert, wird dadurch die Form für die Errichtung eines eigenhändigen Testaments nicht beachtet.
Weiterführende Literatur
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erbrechtlichen Probleme, die im ersten Staatsexamen relevant sind, Stellung
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Hier sind weitere Artikel zum Erbrecht zu finden
Die
Testamentserrichtung als Willenserklärung: Notwendigkeit des
Erklärungsbewusstseins
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