Vor einiger Zeit habe ich in einem Forum eine Frage zur Stellvertretung und der dinglichen Rechtslage gelesen. Es handelt sich dabei um das wichtige Zusammentreffen von Schuldrecht und Sachenrecht.
Der Fragesteller hatte dazu folgendes Beispiel genannt:
Der Stellvertreter S vertritt den Geschäftsherrn A bei
dem Kauf einer Sache. In diesem Zusammenhang übergab der A dem S das Bargeld,
um eine bestimmte Sache beim V zu kaufen. Daraufhin übergibt der S dem V das
Bargeld und dieser die Kaufsache. Später ficht der A die Vollmacht wirksam an.
Die Frage ging nun dahin, ob der A noch der Eigentümer
des Bargeldes sei. Nur weil das Verpflichtungsgeschäft wegfalle, habe das ja
noch nichts mit dem Verfügungsgeschäft über das Bargeld zu tun. Hat der A das
Eigentum bereits an den S verloren oder erst durch die Übergabe des S an den V?
Zur
Lösung könnte man etwa so argumentieren:
Zunächst ist es richtig, dass das Verpflichtungsgeschäft
vom Grundsatz her keinen Einfluss auf das Verfügungsgeschäft hat
(Abstraktionsprinzip). Dazu gibt es natürlich auch Ausnahmen. So wird etwa bei
der Sittenwidrigkeit des Sicherungsvertrags im Rahmen der Sicherungsübereignung
wegen Knebelung, Übersicherung, Gläubigergefährdung etc. weithin auch die
Nichtigkeit der Übereignung angenommen.
Im vorliegenden Fall aber ist ein solches Durchschlagen
nicht ersichtlich.
Wenn der A dem Vertreter S nun Bargeld übergeben hat,
wird man bei lebensnaher Betrachtung wohl davon ausgehen müssen, dass der S mit
dem Geld des A die Kaufsache bezahlen sollte, weshalb man keine Übereignung an
den S nach § 929 S. 1 BGB annehmen kann. Sofern ein Auftrag zugrunde liegt,
handelt es sich bei dem Bargeld dann um die vom Auftraggeber an den
Auftragnehmer zur Ausführung des Auftrags übergebenen Mittel gem. § 667 BGB.
Anders wäre die Sache aber dann, wenn der S das Bargeld
z.B. in seinen Geldbeutel gesteckt hätte, wo es mit zahlreichen anderen
Geldscheinen vermengt worden wäre. Dann stellt sich die Frage, wie sich die Eigentumsverhältnisse
in einem solchen Fall gestalten. Hier gibt es verschiedene Ansichten, wer
Eigentum bei der Vermengung nach §§ 947, 948 BGB erwirbt.
Nach der herrschenden Ansicht sind die Vorschriften der §§
947, 948 BGB auch auf Bargeld anwendbar, denn das Gesetz sieht dieses Geld als eine
Sache an (so z.B. in den Normen der § 935 II BGB, § 808 II ZPO). Problematisch und
umstritten ist dann, ob der Besitzer der Geldscheine Alleineigentum oder lediglich
Miteigentum erwirbt.
Wenn man die Theorie der Geldwertvindikation ablehnt,
wird man entweder Alleineigentum (wenn das Geld im Geldbeutel als die Hauptsache
anzusehen ist) oder Miteigentum annehmen können. Diese äußerst strittige
Materie kann man in Fall Nr. 16 mit den jeweiligen Ansichten in meinem eBook* „Juristische Übungsfälle zum Sachenrecht I“ nachlesen.
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