In einem juristischen Forum im Internet ist die Frage aufgetaucht, wie man denn die Begriffe Vollmacht und Stellvertretung abgrenzt und ob die Stellvertretung eine Vollmacht ist.
Es handelt sich dabei um wichtige Fragen aus dem Allgemeinen Teil des BGB. Das Stellvertretungsrecht ist ein enorm bedeutsamer Teil der juristischen Ausbildung und man findet kaum einen Examenstermin, in welchem sich diese Problematik nicht stellt.
Die Antworten auf die soeben gestellten Fragen ergeben sich aus dem Gesetz, das man in derartigen Situationen immer zu Rate ziehen sollte.Zunächst die Vorschrift des § 164 I BGB:
Eine
Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im
Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen.
Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des
Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen
erfolgen soll.
Wie man sehen kann, versteht man unter der Stellvertretung die Abgabe einer
eigenen Willenserklärung im Namen des Vertretenen mit Wirkung für und gegen
diesen.
Nun muss man klären, was denn konkret mit Vertretungsmacht gemeint ist, die
offenbar für eine wirksame Stellvertretung erforderlich ist.
Es gibt zum einen eine gesetzliche Vertretungsmacht, z.B. für die Eltern aus §§ 1626, 1629 BGB, die als Gesamtvertretung ausgestaltet ist. Beide Elternteile vertreten ihre Kinder also vom Grundsatz her gemeinschaftlich.
Ein Unterfall der gesetzlichen Vertretungsmacht wäre dann auch die
organschaftliche Vertretungsmacht, wie sie z.B. für den Vereinsvorstand in § 26
II BGB geregelt ist.
Zum anderen findet man im Gesetz auch die Zulässigkeit
einer rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht, siehe die Legaldefinition
in § 166 II 1 BGB:
Hat
im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der
Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich
dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die
Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der
Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.
Aus der vorstehenden Vorschrift kann man entnehmen, dass
die rechtsgeschäftlich
erteilte Vertretungsmacht als Vollmacht
bezeichnet wird.
Wer diese Differenzierung einmal verstanden hat, dem wird
sich das Stellvertretungsrecht leicht erschließen. Natürlich gibt es hier viele
kleine Detailprobleme, aber dieses wird man leichter durchdringen, wenn man
sich diese grundlegenden Fragen einmal näher angesehen hat.
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