Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts und
der Wucher sind in der Vorschrift des § 138 BGB
geregelt. Diese Vorschrift ist im Allgemeinen Teil des BGB geregelt und durchaus wichtig für die juristische Ausbildung.
Gerade das wucherähnliche Geschäft ist hier wichtig.
In Absatz 2 geht es um den Wucher, während die Sittenwidrigkeit nach Absatz 1 für die Prüfung eher relevant ist. Um Letztere soll es hier gehen.Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Hier sind weitere Artikel zum Vertragsschluss zu finden
Die
falsche Preisauszeichnung im Selbstbedienungsladen
Vertragsschluss
an der Tankstelle
Das
Schweigen im Rechtsverkehr und das kaufmännische Bestätigungsschreiben
Wucherähnliches Geschäft nach § 138 I BGB:
So ist insbesondere das wucherähnliche
Geschäft wichtig, wenn es an dem subjektiven Element des Wuchers fehlt. Denn der Wucher ist in der Praxis recht selten, wohingegen das wucherähnliche Geschäft im richtigen Leben, aber auch in der juristischen Ausbildung erhebliche Bedeutung hat.
Diese
Fallgestaltung ist oft gegeben, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung besteht. Dann kann eine tatsächliche Vermutung der
verwerflichen Gesinnung gegeben sein.
Prozessuale Behandlung der Vermutung:
Hier stellt sich über das materielle Problem hinaus ein weiteres aus dem Zivilprozessrecht. So ist es im Prozess vor Gericht von
Bedeutung, wie diese Vermutung zu behandeln ist.
Das hat der Bundesgerichtshof
näher ausgeführt (BGH NJW 2010, 363):
„Bei einer gesetzlichen Vermutung hat die begünstigte Partei nur die
diese begründenden Tatsachen (die Vermutungsbasis) darzulegen, muss jedoch
nicht (auch) die vom Gesetz vermutete Tatsache vortragen
(MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 21; Musielak/Huber, ZPO, 6.
Aufl., § 292 Rdn. 4; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. § 292, Rdn. 14;
Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl. § 292, Rdn. 21). Eine solche Vermutung
enthebt die Partei nicht nur von der Beweis-, sondern auch von der
Darlegungslast für die vermutete Tatsache (BGH, Urt. v. 19. Januar 1977, VIII
ZR 42/75, JR 1978, 18, 20; Urt. v. 4. Februar 2002, II ZR 37/00, NJW 2002,
2101, 2102). Der Gegner, zu dessen Lasten die Vermutung wirkt, hat nach § 292
Satz 1 ZPO das Gegenteil vorzutragen, einen Beweis dafür anzutreten und zu
führen.
14 bb) Der Schluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis
auf eine verwerfliche Gesinnung der davon begünstigten Partei beruht hingegen
auf einer tatsächlichen Vermutung.
15 (1) Auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher
Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO
nach ganz herrschender, wenn auch nicht völlig unbestrittener Meinung im
Schrifttum keine Anwendung…
Der von dem objektiven Äquivalenzmissverhältnis begünstigte Vertragsteil
hat deshalb erst dann Anlass, auf den Vortrag der benachteiligten
Vertragspartei zu erwidern, wenn diese zugleich ein die Sittenwidrigkeit nach §
138 Abs. 1 BGB begründendes Handeln in verwerflicher Gesinnung behauptet.“
Wie man sieht, muss man durchaus aktiv werden,
wenn man in einem Gerichtsprozess die Sittenwidrigkeit und die Vermutung des
subjektiven Elements beim wucherähnlichen Geschäft
geltend machen will.
Angemerkt sei, dass diese Vermutung aber nicht
schlechthin gilt, sondern durchaus auch Ausnahmen möglich sind.
Anwendung in der Klausur:
In der Klausur wird im Rahmen des Darlehensvertrags oft
die Nichtigkeit des Vertrags aufgrund der vereinbarten Zinshöhe
problematisiert. Dabei ist die
subjektive Seite des Wuchers nach § 138 II BGB oft nicht nachzuweisen, weshalb
der Großteil der Erörterungen sich auf eine Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB
(wucherähnliches Geschäft) konzentriert.
In diesen Fällen kann eine Rückforderung des Darlehensgebers aus
ungerechtfertigter Bereicherung bestehen, der sich aber grundsätzlich nicht auf
die vereinbarten Zinsen erstreckt. Dazu
habe ich in Fall Nr. 10 in der Fallsammlung „Juristische Übungsfälle zum BGB Schuldrecht
BT II Gesetzliche Schuldverhältnisse“* eine ausführliche Lösung verfasst.
Juristische Übungsfälle zum Schuldrecht BT II
Hier ist ein weiterer Artikel zur Sittenwidrigkeit zu finden:
Verhältnis von § 123 BGB zu § 138 BGB
* Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen