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Montag, 12. November 2018

Wucherähnliches Geschäft

Ein wucherähnliches Geschäft im Rahmen der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB wird anhand der Rechtsprechung des BGH erklärt


Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts und der Wucher sind in der Vorschrift des § 138 BGB geregelt. Diese Vorschrift ist im Allgemeinen Teil des BGB geregelt und durchaus wichtig für die juristische Ausbildung.

Gerade das wucherähnliche Geschäft ist hier wichtig.

In Absatz 2 geht es um den Wucher, während die Sittenwidrigkeit nach Absatz 1 für die Prüfung eher relevant ist. Um Letztere soll es hier gehen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.


Wucherähnliches Geschäft nach § 138 I BGB:


So ist insbesondere das wucherähnliche Geschäft wichtig, wenn es an dem subjektiven Element des Wuchers fehlt. Denn der Wucher ist in der Praxis recht selten, wohingegen das wucherähnliche Geschäft im richtigen Leben, aber auch in der juristischen Ausbildung erhebliche Bedeutung hat.

Diese Fallgestaltung ist oft gegeben, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Dann kann eine tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung gegeben sein.

Prozessuale Behandlung der Vermutung:


Hier stellt sich über das materielle Problem hinaus ein weiteres aus dem Zivilprozessrecht. So ist es im Prozess vor Gericht von Bedeutung, wie diese Vermutung zu behandeln ist.

Das hat der Bundesgerichtshof näher ausgeführt (BGH NJW 2010, 363):

„Bei einer gesetzlichen Vermutung hat die begünstigte Partei nur die diese begründenden Tatsachen (die Vermutungsbasis) darzulegen, muss jedoch nicht (auch) die vom Gesetz vermutete Tatsache vortragen (MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 21; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 292 Rdn. 4; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. § 292, Rdn. 14; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl. § 292, Rdn. 21). Eine solche Vermutung enthebt die Partei nicht nur von der Beweis-, sondern auch von der Darlegungslast für die vermutete Tatsache (BGH, Urt. v. 19. Januar 1977, VIII ZR 42/75, JR 1978, 18, 20; Urt. v. 4. Februar 2002, II ZR 37/00, NJW 2002, 2101, 2102). Der Gegner, zu dessen Lasten die Vermutung wirkt, hat nach § 292 Satz 1 ZPO das Gegenteil vorzutragen, einen Beweis dafür anzutreten und zu führen.
14 bb) Der Schluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis auf eine verwerfliche Gesinnung der davon begünstigten Partei beruht hingegen auf einer tatsächlichen Vermutung.
15 (1) Auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO nach ganz herrschender, wenn auch nicht völlig unbestrittener Meinung im Schrifttum keine Anwendung…
Der von dem objektiven Äquivalenzmissverhältnis begünstigte Vertragsteil hat deshalb erst dann Anlass, auf den Vortrag der benachteiligten Vertragspartei zu erwidern, wenn diese zugleich ein die Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB begründendes Handeln in verwerflicher Gesinnung behauptet.“

Wie man sieht, muss man durchaus aktiv werden, wenn man in einem Gerichtsprozess die Sittenwidrigkeit und die Vermutung des subjektiven Elements beim wucherähnlichen Geschäft geltend machen will.

Angemerkt sei, dass diese Vermutung aber nicht schlechthin gilt, sondern durchaus auch Ausnahmen möglich sind.

Anwendung in der Klausur:


In der Klausur wird im Rahmen des Darlehensvertrags oft die Nichtigkeit des Vertrags aufgrund der vereinbarten Zinshöhe problematisiert.  Dabei ist die subjektive Seite des Wuchers nach § 138 II BGB oft nicht nachzuweisen, weshalb der Großteil der Erörterungen sich auf eine Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB (wucherähnliches Geschäft) konzentriert.

In diesen Fällen kann eine Rückforderung des Darlehensgebers aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehen, der sich aber grundsätzlich nicht auf die vereinbarten Zinsen erstreckt.  Dazu habe ich in Fall Nr. 10 in der Fallsammlung „Juristische Übungsfälle zum BGB Schuldrecht BT II Gesetzliche Schuldverhältnisse“* eine ausführliche Lösung verfasst.


Juristische Übungsfälle zum Schuldrecht BT II


Hier ist ein weiterer Artikel zur Sittenwidrigkeit zu finden:

Verhältnis von § 123 BGB zu § 138 BGB




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