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Donnerstag, 8. Februar 2024

Falschparken und Geschäftsführung ohne Auftrag in der Klausur

 

Abschlepp- und Verwahrkosten Kfz

Ein Klassiker in Klausuren im Jurastudium stellt das Abschleppen eines Kfz beim Falschparken dar. Dazu gibt es mittlerweile einiges an Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof. Das Gericht hat sich vor kurzem erneut mit einer solchen Situation beschäftigt. Regelmäßig geht es in der Lösung um Probleme bei der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick gegeben werden.


Die Ausgangssituation


In derartigen Fällen geht es immer wieder darum, dass der Fahrer/Halter ein Kfz auf dem Privatgrundstück einer anderen Person abstellt, ohne dass ihm dies gestattet war. Der Besitzer des Grundstücks lässt dann das Kfz abschleppen und umsetzten oder durch das Abschleppunternehmen verwahren. Seine Kosten macht er in der Regel über die Geschäftsführung ohne Auftrag geltend.


1. Zu den Abschleppkosten


Der Bundesgerichtshof hat schon vor einiger Zeit entschieden, dass in diesen Situationen eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt, die zum Ersatz der Abschleppkosten führt.

Siehe dazu den Leitsatz:

„Wird ein Fahrzeug, das unbefugt auf einem Privatgrundstück in verbotener Eigenmacht abgestellt wird, im Auftrag des Grundstücksbesitzers im Wege der berechtigten Selbsthilfe entfernt, entspricht dies dem objektiven Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Fahrzeughalters. Er ist deshalb nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zum Ersatz der für die Entfernung erforderlichen Aufwendungen verpflichtet.“

Nach der Entscheidung liegt ein auch-fremdes Geschäft vor, sodass (jedenfalls nach der Rechtsprechung) der Fremdgeschäftsführungswille zu vermuten ist. Auch ist von einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag auszugehen. Die Geschäftsführung entspricht dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, denn als Fahrzeughalter ist er Zustandsstörer. Durch das Abschleppen kommt der Grundstücksbesitzer der gesetzlichen Pflicht des Halters nach, die Besitzstörung nach § 862 I BGB zu beenden.


2. Zu den Verwahrkosten


Nunmehr hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 17. November 2023 - V ZR 192/22einen weiteren Schritt unternommen. In dem Fall ging es darum, dass der Grundstücksbesitzer das Fahrzeug nicht bloß hat umsetzten lassen, sondern es wurde vom Abschleppunternehmen verwahrt (für fast ein Jahr).

Fraglich war, ob diese Kosten vom Halter des Kfz zu tragen waren. Dabei soll einmal die Abtretungskonstruktion der Ansprüche des Grundstücksbesitzers an das Abschleppunternehmen und die zivilprozessuale Widerklage außer Betracht gelassen werden.

Das Gericht hat dazu die folgenden Leitsätze aufgestellt:

BGB § 683 Satz 1, §§ 670, 823 Abs. 2 B, F, § 858

Zu den nach den Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs zählen auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschleppvorgang entstehen. Das gilt aber nur bis zu einem Herausgabeverlangen des Halters. Ein konkurrierender deliktischer Anspruch wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes reicht im Ergebnis nicht weiter.

BGB § 304

Es kommt ein Anspruch auf Ersatz von Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, wenn der das Fahrzeug herausverlangende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die für das Abschleppen und die Verwahrung angefallenen ortsüblichen Kosten zu zahlen und der Abschleppunternehmer daraufhin die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert, so dass der Halter in Annahmeverzug gerät.“

Wie man sieht, stellen die Kosten der Verwahrung vom Grundsatz her erstattungsfähige Kosten dar, die unter die Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 683 S. 1 BGB i.V.m. § 670 BGB fallen. Allerdings ist hier auch eine zeitliche Grenze gegeben. Sobald der Halter das Kfz herausverlangt, liegt keine berechtige Geschäftsführung ohne Auftrag mehr vor. Denn der Geschäftsherr kann die Ausführung gegenüber dem Geschäftsführer jederzeit durch Weisung untersagen. Ab dem Zeitpunkt der Weisung darf der Geschäftsführer weitere Aufwendungen nicht mehr i.S.v. § 670 BGB für erforderlich halten.

Die dann gegebene unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 S. 1, § 812 ff. BGB) hilft nicht weiter. Liegen die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht vor, so ist der Geschäftsherr zwar verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Ein Anspruch auf Erstattung der Verwahrkosten scheidet nach diesen Grundsätzen jedoch aus, weil der Halter durch das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgelände des Abschleppunternehmens nichts erlangt hat, wofür Wertersatz zu leisten wäre.

Ein auf Ersatz der Verwahrkosten gerichteter Schadensersatzanspruch der Beklagten aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) gemäß § 823 II BGB i.V.m. § 858 I BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Ein konkurrierender deliktischer Anspruch wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes reicht im Ergebnis nicht weiter als ein Erstattungsanspruch nach den Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag.

In dem konkreten Fall hätte ein Anspruch aus § 304 BGB auf Erstattung der Verwahrungskosten vorliegen können, wenn der Halter im Annahmeverzug gewesen wäre.

Nach § 304 BGB kann der Schuldner im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für die Aufbewahrung des geschuldeten Gegenstands machen musste. Der Anspruch ist auf den Ersatz des tatsächlich entstandenen Mehraufwandes beschränkt, soweit dieser objektiv erforderlich war. Es kommt zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz von Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, wenn der das Fahrzeug herausverlangende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die für das Abschleppen und die Verwahrung angefallenen ortsüblichen Kosten zu zahlen und der Abschleppunternehmer daraufhin die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert, so dass der Halter in Annahmeverzug gerät. Insoweit werden die Verwahrkosten regelmäßig erforderliche Mehraufwendungen i.S.v. § 304 BGB darstellen.

Hier scheidet ein Ersatzanspruch aber deshalb aus, weil der Halter mit der Rücknahme des Fahrzeugs nicht in Annahmeverzug geraten ist. Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger nach § 298 BGB in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet. Danach muss der Schuldner nicht nur die Leistung anbieten, sondern auch sein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 I BGB ausüben. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Bei der Ausübung der Einrede muss der geltend gemachte Gegenanspruch genau bezeichnet werden. Ansonsten weiß der Gläubiger nicht, in welcher Höhe er seine Gegenleistung anbieten muss. In dem Rechtsstreit berief sich das Abschleppunternehmen zwar zunächst auf ein Zurückbehaltungsrecht, bezifferte allerdings die Höhe der Gegenforderung nicht. Das genügt für ein Verlangen der Gegenleistung i.S.v. § 298 BGB nicht.

Deshalb waren die Verwahrkosten ab dem Herausgabeverlangen nicht zu erstatten.


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