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Montag, 12. Februar 2024

Die Vertretungsmacht im Handelsrecht: Eine Darstellung der 3 besonderen Arten

 Vertretungsmacht im Handelsrecht


Im Jurastudium muss man wissen, dass es im Handelsrecht über die im BGB geregelte Vollmacht hinaus weitere Arten der Vertretungsmacht gibt. Dabei handelt es sich um examensrelevantes Wissen, weshalb man sich diese 3 besonderen Arten der Vollmacht einmal näher ansehen sollte.


1. Prokura nach §§ 48 ff. HGB


Bei der Prokura handelt es sich um eine spezielle rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht. Somit ist also eine Vollmacht im Sinne des § 167 BGB gegeben, welche einen typisierten Umfang hat. Der Umfang der Vertretungsmacht ist damit vom Gesetz vorgeschrieben.


Die Voraussetzungen für eine wirksame Prokura lauten:


a) Kaufmann

Zunächst muss es sich bei demjenigen, der die Prokura erteilt, um einen Kaufmann oder seinen gesetzlichen Vertreter handeln.

b) Erteilung durch den Inhaber

Des Weiteren muss die Prokura durch den Inhaber des Handelsgeschäfts erteilt werden. Eine Erteilung der Prokura durch einen bevollmächtigten Vertreter ist nicht möglich.

c) Ausdrückliche Erklärung

Die Prokura kann nur ausdrücklich vom Inhaber des Handelsgeschäfts erklärt werden. Allerdings muss nicht zwingend der Begriff Prokura verwendet werden. Eine stillschweigende Prokura nicht möglich.

d) Eintragung im Handelsregister

Nach § 53 I 1 HGB muss die Erteilung der Prokura im Handelsregister eingetragen werden. Diese Vorschrift hat allerdings nur deklaratorische Wirkung. Unwirksam sind Bedingungen oder Befristungen, siehe § 50 HGB.

 

Der Umfang der Prokura richtet sich nach § 49 HGB. Sie umfasst also alle gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsgeschäfte, die zum Betrieb irgendeines Handelsgewerbes gehören.

Nach außen ist eine Beschränkung unwirksam, siehe § 50 I HGB. Allerdings kann eine Beschränkung im Innenverhältnis erfolgen.

Nach § 49 II HGB darf der Prokurist Grundstücke nicht veräußern oder belasten. Zu beachten ist hier allerdings, dass der Prokurist durchaus ein Grundstück kaufen darf. Ebenso sind ihm die Einstellung oder Veräußerung des Betriebes untersagt.

Der Prokurist muss zudem bei seinem Handeln deutlich machen, dass er in dieser Eigenschaft auftritt, § 51 HGB.

Nach der Vorschrift des § 52 II HGB kann die Prokura nicht übertragen werden.

Der Tod des Inhabers eines Handelsgeschäfts hat auf die Wirksamkeit der Prokura keinen Einfluss, § 52 III HGB.



2. Handlungsvollmacht nach § 54 HGB



Der Normzweck besteht darin, vor ungewöhnlichen Beschränkungen einer tatsächlich erteilten Handlungsvollmacht zu schützen.

Aus der Vorschrift des § 54 HGB ergeben sich die Definition und die Grenzen der Handlungsvollmacht:

Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

Der Handlungsbevollmächtigte kann ohne Zustimmung des Inhabers des Handelsgeschäfts seine Handlungsvollmacht auf einen anderen nicht übertragen, § 58 HGB.

Die Handlungsvollmacht hat einen geringeren Umfang als die Prokura. Die Erteilung kann von einem Kaufmann ohne besondere Form erfolgen, sie kann auch nach herrschender Ansicht von einem bloßen Unternehmer erteilt werden. Zudem ist eine schlüssige Erteilung der Vollmacht möglich.



Hier sind wieder verschieden Arten zu unterscheiden:


Generalhandlungsvollmacht: Sie erstreckt sich auf alle Geschäfte, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes mit sich bringt.

Arthandlungsvollmacht: Sie umfasst die Befugnis zu Abschlüssen, welche die Vornahme derartiger Geschäfte mit sich bringt. Das ist oft der Fall bei einem Verkäufer, Kassierer, Bankangestellten.

Spezialhandlungsvollmacht: Diese gibt die Vollmacht zur Vornahme einzelner Geschäfte. Ein solcher Fall wäre z.B., wenn ein Büroangestellter die Vollmacht hat, einen Schreibtischstuhl zu erwerben.

 

Der Umfang der Handlungsvollmacht ist gesetzlich nicht definiert. Nach § 54 I HGB besteht eine widerlegbare Vermutung beim Fehlen der Vollmacht oder der Beweisbarkeit. Grenzen des Umfangs ergeben sich aus § 54 II HGB. Eine Eintragung im Handelsregister ist nicht möglich, also besteht kein Schutz nach § 15 HGB.

 

3. Vollmacht des Ladenverkäufers nach § 56 HGB



Bei dieser Vollmacht handelt es sich um eine fingierte Handlungsvollmacht. Wer in einem Laden oder in einem offenen Warenlager angestellt ist, gilt als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen, § 56 HGB.

Die Vorschrift gilt auch für das dingliche Geschäft.

Es wird somit vom Gesetz vermutet, dass eine Vollmacht in dem Umfang des § 56 HGB erteilt wurde bzw., sofern tatsächlich eine Vollmacht erteilt wurde, sie in diesem Umfang besteht.

Ein böser Glaube des Geschäftspartners wäre allerdings für diesen schädlich, sodass er sich nicht auf die Wirkung des § 56 HGB berufen kann.

 

Voraussetzungen der Vorschrift:


a) Geschäftsherr ist Inhaber eines Handelsgewerbes

b) Laden oder offenes Warenlager

c) Angestellter

d) Verkäufe und Empfangnahmen in einem derartigen Laden gewöhnlich

e) Dritter darf nicht bösgläubig sein


Weiterführende Literatur


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Hier sind weitere Artikel zu Stellvertretung zu finden


Anfechtung einer Vollmacht

Wissenszurechnung nach § 166 BGB

Rechtliche Probleme auf eBay im Jurastudium

Erteilung einer Generalvollmacht durch den Geschäftsführer?

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