1. Versäumnisurteil bei Klage
Als Ausgangsfall soll die
Situation dienen, dass der Kläger gegen den Beklagten vor dem Amtsgericht den
Kaufpreis in Höhe von 500 € aus einem zwischen den Parteien geschlossenen
Kaufvertrag einklagt. Nachdem der
Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen war, erging ein erstes
Versäumnisurteil. Dagegen legte er Einspruch
ein und war im Einspruchstermin erneut säumig.
Daraufhin erging ein zweites Versäumnisurteil. Nunmehr legt der Beklagte Berufung ein, da
der Kaufvertrag nichtig sei und er keinen Kaufpreis schulde.
Gegen dieses zweite Versäumnisurteil ist kein Einspruch statthaft, § 345 ZPO. Hier muss also eine Berufung eingelegt werden.
Interessant ist dabei zunächst, dass die Berufung auch zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht ist, also wie im vorliegenden Fall der Wert von 600 € nicht überschritten ist, §§ 514 II 2, 511 II ZPO. Das Rechtsmittel führt dann jedoch nur zur Überprüfung, ob ein Fall der Versäumung nur bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils (BGH NJW 1986, 2113) vorgelegen hat, § 514 II 1 ZPO. Die Begründung des Beklagten, dass der Kaufvertrag nichtig sei, ist daher nicht geeignet, das angegriffene Urteil zu Fall zu bringen. In dieser Situation wäre die Berufung bereits unzulässig und müsste als solche nach § 522 ZPO verworfen werden.
Wenn der Beklagte seine Berufung damit
begründet hätte, dass er etwa wegen eines Verkehrsunfalls den Einspruchstermin
nicht wahrnehmen konnte (was er auch beweisen konnte), wäre die Berufung
zulässig und auch begründet gewesen, sodass das erstinstanzliche Urteil
aufgehoben worden wäre und bei entsprechendem Antrag einer Partei eine
Zurückverweisung hätte erfolgen müssen, § 538 II Nr. 2 ZPO.
2. Versäumnisurteil nach Mahnverfahren
In der zweiten
Fallkonstellation ist davon auszugehen, dass das Verfahren durch einen
Mahnbescheid eingeleitet wurde und mangels Widerspruchs ein
Vollstreckungsbescheid erlassen wurde. Nach
ordnungsgemäßem Einspruch wurde ein Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht
bestimmt, in welchem der Beklagte säumig war.
Daraufhin erging ein zweites Versäumnisurteil. Dagegen legt der Beklagte Berufung ein und
führt aus, dass die Kaufpreisklage unschlüssig sei.
Zunächst ist die Vorschrift
des § 700 I ZPO maßgeblich: „Der Vollstreckungsbescheid steht einem für
vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.“ Daraus folgt, dass gegen den
Vollstreckungsbescheid ein Einspruch statthaft war, § 338 ZPO. Bei Säumnis im Einspruchstermin wird also
wieder ein zweites Versäumnisurteil erlassen, § 345 ZPO. Wie im vorhergehenden Fall kann dagegen die
Berufung eingelegt werden, § 514 II ZPO.
Nun könnte man annehmen, dass der Fall ebenso zu behandeln ist wie bei einer Klageerhebung, dass also die Berufung unzulässig sei, weil der Beklagte gerade nicht vorgetragen hat, dass ein Fall der Säumnis vorgelegen habe. Denn er wehrt sich ja lediglich mit der Unschlüssigkeit der Klage. Das entspricht aber nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass bei einer Säumnis im Einspruchstermin gegen einen Vollstreckungsbescheid auch eine Prüfung der Zulässigkeit und Schlüssigkeit der Klage erfolgen müsse (BGH NJW 1991, 43, unter II 2). Demnach sei hier keine „Versäumung“ gegeben, wenn das zweite Versäumnisurteil wegen fehlender Schlüssigkeit nicht habe erlassen werden dürfen, denn die weite Auslegung der Norm sei wegen des Rechtsgedankens eines Gleichlaufs von Prüfungsumfang und -pflicht des Einspruchsrichters einerseits und der Berufungsfähigkeit eines zweiten Versäumnisurteils andererseits geboten. Die Berufung wäre also zulässig.
Hinsichtlich der Begründetheit käme es dann darauf an, ob die
Kaufpreisforderung schlüssig vorgetragen wurde.
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