Im Jurastudium ist das Schenkungsrecht ein wichtiger
Bereich im Rahmen des Besonderen Teils des Schuldrechts. Hier finden sich
einige Probleme, die man unbedingt kennen muss. Neben der Handschenkung, der
Heilung eines Formverstoßes und der Rückforderung wegen groben Undanks
existiert eine weitere examensrelevante Thematik, nämlich die gemischte
Schenkung.
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den wichtigen Grundzügen.
1. Was ist eine gemischte Schenkung
Die Schenkung ist in den Normen der §§ 516 ff. BGB
geregelt.
Die Schenkung ist ein einseitig verpflichtender Vertrag,
dessen Voraussetzungen aus objektiven und subjektiven Elementen bestehen.
Erforderlich sind somit folgende Tatbestandsmerkmale:
a) Bereicherung des Empfängers
b) Zuwendung aus dem Vermögen eines anderen
c) Einigung über die Unentgeltlichkeit (subjektives
Element)
Gegenstand der Schenkung kann jeder Vermögensvorteil
sein, also auch etwa ein Erlass (der wiederum ein Vertrag ist). Bei der
Abgrenzung zu anderen Vertragstypen ist darauf zu achten, dass die hier
einschlägige Einigung nicht dem Typ eines spezielleren unentgeltlichen
Vertrages entspricht.
Die Unentgeltlichkeit setzt voraus, dass die Leistung
unabhängig von einer Gegenleistung erfolgt (BGH NJW 1992, 2566, 2567). Es darf also
keine synallagmatische Verknüpfung vorliegen, denn dann wäre ein anderer
Vertrag anzunehmen.
Eine gemischte Schenkung liegt
vor, wenn der Beschenkte durch einen Überschuss des Werts der Zuwendungen
verglichen mit seinen Gegenleistungen objektiv bereichert wird, die
Vertragsparteien sich dieses Überschusses bewusst und subjektiv darüber einig
sind, jedenfalls den überschießenden Zuwendungsteil dem Beschenkten
unentgeltlich zuzuwenden (BGH NJW 2012, 605).
Bei einem Verkauf unter Wert ist nicht automatisch von
einer gemischten Schenkung auszugehen. Aufgrund der Privatautonomie können die
Parteien eines Kaufvertrages frei vereinbaren, wie hoch die vertragliche
Gegenleistung unabhängig von der objektiven Äquivalenz der ausgetauschten
Leistungen sein soll. Bei dem Kauf eines „Schnäppchens“ ist demnach keine gemischte
Schenkung gegeben, sondern vielmehr ein wirtschaftlich günstiger Kaufvertrag.
Die Grenze ist nur dort überschritten, wo die Parteien
einig sind, dass der Mehrwert unentgeltlich zugewendet werden soll.
Beispiel: Der G verkauft seinem Schulfreund S einen Fernseher für 1.000 €. Dabei ist beiden klar, dass das Gerät tatsächlich einen Wert von 2.000 € hat.
Dann können sich mehrere Fragen stellen:
Handelt es sich bei dem Vertrag um einen Kauf?
Ist eine Schenkung gegeben?
Muss man eine Form beachten?
Was geschieht bei einem Mangel?
Ist eine Rückforderung bei grobem Undank möglich?
2. Wie wird die gemischte Schenkung rechtlich behandelt?
Zunächst ist zu beachten, dass zwei unabhängige Verträge gegeben
sind, wenn die Leistung teilbar ist. Dann könnte zum einen ein Kaufvertrag und zum
andern ein Schenkungsvertrag vorliegen. Beide würden rechtlich nach ihren
eigenen Regeln behandelt.
Wenn der Gegenstand aber unteilbar ist, sieht die Sache
anders und etwas komplizierter aus. Hier besteht Streit in der juristischen
Literatur und der Rechtsprechung.
a) Trennungstheorie
Die ursprünglich vom Reichsgericht vertretene
Trennungstheorie spaltet das Rechtsgeschäft in einen entgeltlichen (Kauf) und
einen unentgeltlichen Teil (Schenkung) auf. Eine Form wäre dann nur
hinsichtlich des unentgeltlichen Teils zu beachten.
Als Folge könnte etwa ein Widerruf der Schenkung nach den
Vorschriften der §§ 530 ff. BGB nur bezüglich des unentgeltlichen Teils vorgenommen
werden. Dann könnte der Schenker einen Geldanspruch in Höhe der Differenz
zwischen Leistung und Gegenleistung vom Beschenkten verlangen.
Im oben genannten Beispiel könnte der G vom S also nach
Widerruf der Schenkung 1.000 € verlangen. Er hätte aber keinen Anspruch auf
Herausgabe des Fernsehers.
b) Einheitstheorie
Mit der Einheitstheorie könnte man den gesamten Vertrag als
eine Einheit ansehen. Sofern ein Widerrufsgrund nach §§ 530, 531 BGB vorliegt, hätte
der Schenker einen Anspruch auf Rückgewähr des Gegenstandes. In der Folge hätte
er jedoch die Gegenleistung an den Empfänger zurückzugeben.
c) Zweckwürdigungstheorie
Nach der herrschenden Meinung in der Literatur
(Zweckwürdigungstheorie) seien die gesetzlichen Regeln anzuwenden, die dem
Zweck, den die Parteien verfolgt hätten, am besten dienten.
Im obigen Beispiel lässt sich mangels Kenntnis der Umstände
des Vertragsschlusses hierzu kein eindeutiges Ergebnis finden. Insofern wird
man im Zweifel annehmen müssen, dass beide Geschäfte nach dem Willen der
Parteien unabhängig voneinander zu beurteilen sind. Dann könnte der Schenker
bei einem Widerruf den Betrag verlangen, der dem Wert der unentgeltlichen
Zuwendung entspricht, wobei er aber den Gegenstand nicht herausverlangen kann.
d) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es
auf den objektiven Zweck des jeweiligen Rechtsgeschäftes an.
Der Bundesgerichtshof macht die Rechtsfolgen davon
abhängig, ob der entgeltliche oder unentgeltliche Charakter des Geschäftes
objektiv überwiegt (BGH NJW 1953, 501; BGH NJW 1989, 2122).
Nur wenn der schenkungsrechtliche Teil des Vertrags
überwiege, sei eine Anwendung der schenkungsrechtlichen Vorschriften möglich
mit der Folge, dass der Schenkungsgegenstand Zug um Zug herauszugeben sei und
der Schenker den gezahlten Kaufpreis zurückzuzahlen habe.
Überwiegt jedoch der entgeltliche Teil, kann der
Beschenkte den Gegenstand der Schenkung behalten und muss zum Ausgleich den Wert
in Höhe der Leistungsdifferenz zwischen dem Geschenk und der Gegenleistung ersetzen.
Im obigen Beispiel wäre hier keine klare Antwort zu
geben, da kein Überwiegen des einen oder anderen Teils ersichtlich ist. Auch
hier wird man zu dem Ergebnis wie bei der Zweckwürdigungstheorie kommen.
Hinsichtlich der Gewährleistung seien die Normen der §§ 434 ff. BGB und die der §§ 523 ff. BGB nebeneinander anwendbar, wobei es darauf
ankommt, ob der entgeltliche oder der unentgeltliche Teil des Geschäftes
betroffen seien.
Weiterführende Literatur
In meinem eBook* „Juristische Übungsfälle zum Schuldrecht
BT I“ habe ich in Fall Nr. 15 eine ausführliche Lösung zu diesem Problem
erstellt. Wer Interesse hat, kann das Buch hier finden:
Juristische Übungsfälle zum Schuldrecht BT I
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