Der Bundesgerichtshof hat in einer neuen Entscheidung dazu Stellung genommen, wann bei einem Hauskauf ein arglistig verschwiegener Sachmangel vorliegt. Danach soll das an einem Terrassendach eintretende Regenwasser nicht nur ein Mangelsymptom, sondern einen Sachmangel darstellen.
Probleme beim Kauf eines Grundstücks sind in der Praxis häufig anzutreffen, siehe schon in meinem Beitrag hier. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, wann ein Sachmangel und ein arglistiges Verschweigen vorliegen.
Vorab die Leitsätze des Gerichts
BGB
§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 aF
Wird
ein Hausgrundstück mit überdachter Terrasse verkauft und tritt durch das
Terrassendach wiederholt Regenwasser ein, ist dies regelmäßig nicht nur ein bloßes
Symptom für einen Sachmangel; vielmehr begründet bereits die Undichtigkeit des
Terrassendaches selbst den Sachmangel.
BGB
§ 444
Klärt
der Verkäufer eines Hausgrundstückes den Käufer nicht über Wassereintritte
durch ein Terrassendach auf, handelt er arglistig, auch wenn er deren
Ursache(n) nicht oder nur teilweise kennt.
Sachverhalt
Mit notariellem Vertrag erwarben die Kläger von den
Beklagten ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss
der Sachmängelhaftung. Bereits vor Abschluss des Kaufvertrags war es bei Regen
wiederholt zu Wassereintritten auf die in dem Maklerexposé genannte überdachte
Terrasse gekommen, und zwar sowohl in dem Bereich des von dem Beklagten zu 2
selbst errichteten Kunststoffdachs als auch in dem von dem dachpfannengedeckten
Hausdach überdachten Bereich; der Beklagte zu 2 hatte mehrere Reparaturversuche
an dem Anschluss des Kunststoffterrassendachs zu dem Traufbereich des Hausdachs
unternommen.
Ein von den Klägern eingeholtes Sachverständigengutachten
ermittelte eine mangelhafte Abdichtung des Kunststoffdachs zur Hauswand hin und
andererseits Folienabrisse unter den Dachpfannen des Hausdachs. Die Kläger
verlangen die Kosten für die Beseitigung des Mangels.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Die Kläger haben einen Schadensersatzanspruch gemäß § 437
Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 280 Abs. 1, 3 BGB, da der Mangel arglistig im
Sinne von § 444 BGB verschwiegen wurde.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts stellen
nämlich bereits die Wassereintritte im Bereich der überdachten Terrasse selbst
einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB aF und nicht nur ein
Mangelsymptom dar. Wird ein Hausgrundstück mit überdachter Terrasse verkauft
und tritt durch das Terrassendach wiederholt Regenwasser ein, ist dies
regelmäßig nicht nur ein bloßes Symptom für einen Sachmangel; vielmehr begründet
bereits die Undichtigkeit des Terrassendaches selbst den Sachmangel.
Unter einem Mangelsymptom sind äußerliche Merkmale eines
Mangels zu verstehen, die auf dessen Vorhandensein schließen lassen (vgl.
Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 26). Von
Mangelsymptomen kann also (nur) gesprochen werden, wenn die jeweiligen Umstände
für sich genommen die Merkmale eines Sachmangels im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB
aF (noch) nicht erfüllen. So begründet etwa nicht jede Feuchtigkeit im Keller
einen Sachmangel, sondern es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei
im Einzelnen von Bedeutung ist, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft
wurde, der Keller Wohnzwecken diente, welcher Zustand bei der Besichtigung
erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind;
Feuchtigkeitsflecken, die auf einen feuchten Keller schließen lassen können,
sind daher (nur) Mangelsymptome (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR
18/11, aaO Rn. 14, 26).
Hiervon abzugrenzen sind wiederholte Wassereintritte
durch ein Terrassendach (vgl. auch Senat, Beschluss vom 15. April 2021 - V ZR
170/20, juris Rn. 9 zu größeren Wasseransammlungen in einer Hauseinfahrt). Denn
es entspricht nicht der üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB
aF) eines mit einer überdachten Terrasse verkauften Hausgrundstücks, dass ein
solches Terrassendach bei Regen undicht ist.
Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels im Sinne von §
444 BGB ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn
zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und
billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei
Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt
geschlossen hätte. Der Verkäufer muss, sofern es sich nicht um einer
Besichtigung zugängliche und ohne weiteres erkennbare Mängel handelt, die der
Käufer bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst
wahrnehmen kann, gemäß seinem Kenntnisstand aufklären und darf sein konkretes
Wissen nicht zurückhalten (vgl. zum Ganzen etwa Senat, Urteil vom 14. Juni 2019
- V ZR 73/18, ZfIR 2019, 846 Rn. 11).
Hierbei ist allein entscheidend, ob der Verkäufer die den
Mangel begründenden Umstände kennt; nicht relevant ist dagegen, ob er daraus den
Schluss auf das Vorliegen eines Sachmangels zieht (vgl. Senat, Urteil vom 12.
April 2013 - V ZR 266/11, NZM 2013, 546 Rn. 14 mwN), zumal im Einzelfall auch
eine Offenbarungspflicht des Verkäufers bei bloßen Mangelsymptomen, die für den
Käufer nicht ohne weiteres erkennbar sind, bestehen kann (vgl. Senat, Urteil
vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 27).
Nach diesen Maßstäben haben die Beklagten den Sachmangel
arglistig verschwiegen. Denn aus den durch das Berufungsgericht in Bezug genommenen
Feststellungen des Landgerichts ergibt sich, dass sie die ihnen bekannten
Wassereintritte den Klägern, denen sie nicht bekannt waren und auch nicht
bekannt sein konnten, nicht offenbart haben, obwohl die Terrassenüberdachung
vor Vertragsschluss
thematisiert worden und für die Beklagten von Bedeutung war. Ob die Beklagten
die Wasseraustritte aus der Deckenverkleidung der Terrasse selbst bereits als
Mangel im Rechtssinne eingeordnet oder sie ursächlich nicht nur auf die
Undichtigkeit im Bereich des Anschlusses des Kunststoffdachs zum Traufbereich
des Hausdachs, sondern auch auf die durch Abrisse bedingte Undichtigkeit der
unter den Dachpfannen verlegten Folie in den Anschlussbereichen zum
Traufbereich und zu den Dachfenstern zurückgeführt haben, ist unerheblich.
Fazit
Die Ausdehnung des Sachmangels geht in dieser Entscheidung doch recht weit. Man wird das allerdings nicht verallgemeinern dürfen, sondern eine Prüfung, ob nur ein Symptom oder schon ein Mangel gegeben ist, wird im jeweiligen Einzelfall zu untersuchen sein.
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