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Montag, 1. Juli 2024

Haftung bei einem Rechtsirrtum

Haftung bei einem Rechtsirrtum


Nicht selten stellt sich in der universitären Ausbildung das Problem, dass eine Partei von der anderen Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung verlangt, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob dem Schuldner der Vorwurf des Vertretenmüssens gemacht werden kann.

Wenn etwa ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 I BGB zu prüfen ist, wäre regelmäßig anzusprechen, ob dem Schuldner Fahrlässigkeit (am Vorsatz wird es häufig fehlen) hinsichtlich der Pflichtverletzung vorzuwerfen ist.  Fahrlässig handelt dabei, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II BGB.

Wie sieht es dann bei einem Rechtsirrtum aus?


Haftungsverschärfungen/Haftungsmilderungen


Nun gibt es im Rahmen des Vertretenmüssens Haftungsverschärfungen, wie etwa die Übernahme einer Garantie oder des Beschaffungsrisikos, § 276 I BGB, oder wie z.B. die Haftung für die finanzielle Leistungsfähigkeit, die aus der Existenz des Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrechts abgeleitet wird, sodass eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht für das finanzielle Leistungsvermögen besteht („Geld hat man zu haben“).

Andererseits bestehen auch Haftungsmilderungen, siehe §§ 300 I, 521, 599, 680 BGB.

Außerhalb dieser Abänderungen des Haftungsmaßstabs geht es in Prüfungsarbeiten doch weit überwiegend um eine einfache Fahrlässigkeit.  In diesem Zusammenhang stellt sich dann gelegentlich die Frage, ob der Schuldner einem verschuldeten oder unverschuldeten Rechtsirrtum unterlag.


Verschuldeter/unverschuldeter Rechtsirrtum

 

Dazu hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung Stellung genommen.  BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 - II ZR 23/14, Rn. 37 f.:

 

„Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegt es dem Schuldner, also hier dem Beklagten, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass er seine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die Voraussetzungen eines unverschuldeten Rechtsirrtums hat der Beklagte nicht dargelegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fordert der Geltungsanspruch des Rechts, dass der Verpflichtete grundsätzlich das Risiko eines Irrtums über die Rechtslage selbst trägt. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt daher regelmäßig nur dann vor, wenn er die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig geprüft hat und bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auch mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Ein solcher Ausnahmefall ist etwa dann anzunehmen, wenn der Schuldner eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung für seine Auffassung in Anspruch nehmen konnte und eine spätere Änderung derselben nicht zu befürchten brauchte (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2014 - VIII ZR 103/13, BGHZ 201, 91 Rn. 23 ff.; Urteil vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2727 Rn. 34 ff. mwN).

 

Musste er dagegen mit der Möglichkeit rechnen, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnehmen würde als er, ist ihm regelmäßig ein Verschulden anzulasten. Der Schuldner darf das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage nicht dem Gläubiger zuschieben. Entscheidet er sich bei einer unsicheren Rechtslage dafür, die von ihm geforderte Leistung nicht zu erbringen, geht er - von besonderen Sachlagen abgesehen - das Risiko, dass sich seine Einschätzung später als falsch erweist, zumindest fahrlässig ein und hat deshalb seine Nichtleistung zu vertreten, wenn er - wie in einem späteren Rechtsstreit festgestellt wird - zur Leistung verpflichtet war (BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2727 Rn. 36 ff.).“

 

Wenn also der Schuldner als juristischer Laie die Rechtslage nicht verlässlich einschätzen kann, ist er gehalten, sich Rechtsrat einzuholen.  Sollte dann etwa ein Rechtsanwalt die Situation falsch beurteilen, muss sich der Schuldner dies nach § 278 BGB zurechnen lassen und haftet dennoch (BGH NJW 2014, 2720, Rn. 25).


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