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Sonntag, 3. Dezember 2017

Rechtlich neutrales Geschäft und Anwartschaft

Wenn ein beschränkt Geschäftsfähiger ein Rechtsgeschäft vornimmt, durch das er lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, bedarf es nicht der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, § 107 BGB. Nun gibt es aber auch rechtlich neutrale Geschäfte, die ein Minderjähriger vornehmen kann, sodass fraglich ist, wie diese zu behandeln sind.

Gerade die Frage, ob die Verfügung über die Anwartschaft ein rechtlich neutrales Geschäft darstellt, ist hier von Bedeutung.


Rechtlich neutrales Geschäft


Unter einem rechtlich neutralen Geschäft ist ein solches zu verstehen, welches dem beschränkt Geschäftsfähigen weder einen rechtlichen Vorteil noch einen rechtlichen Nachteil bringt, da es nicht für ihn selbst, sondern nur für einen Dritten Wirkungen entfaltet.

Hier soll nach allgemeiner Ansicht eine teleologische Reduktion der eben genannten Vorschrift erfolgen, weshalb der Minderjährige auch hier keine Zustimmung benötigt, wie etwa in einem Fall, in welchem der Minderjährige eine ihm nicht gehörende Sache an einen Dritten übereignet.

Verfügung über die Sache bei Anwartschaft


Nun kann man als Klausurersteller die Sache aber auch etwas schwieriger gestalten, indem man etwa einen Kaufvertrag zwischen dem Eigentümer der Sache und dem 16 Jahre alten Käufer im Sachverhalt vorgibt.

Sofern der Minderjährige hier z.B. mit der Zustimmung seiner Eltern handelt und ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde, also der Käufer erst bei vollständiger Zahlung des Kaufpreises das Eigentum erhalten soll, stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Käufer nun die in seinem Besitz befindliche Sache im eigenen Namen an einen gutgläubigen Dritten übereignet.

Man muss im Rahmen der dinglichen Einigung iSd. § 929 S. 1 BGB ansprechen, ob die Willenserklärung des Käufers zur Übereignung überhaupt wirksam abgegeben werden konnte.

Da der Minderjährige durch dieses Geschäft nichts erlangt, liegt kein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft gem. § 107 BGB vor.

Dann könnte man damit argumentieren, dass dieses Geschäft dem Minderjährigen weder Vorteil noch Nachteil gebracht hat, also rechtlich neutral war und somit im Wege der teleologischen Reduktion mit dem soeben genannten Fall gleichzustellen ist. Denn immerhin ist es ja nicht sein Eigentum, das durch die Übereignung möglicherweise berührt wird.

Allerdings darf man dabei nicht übersehen, dass der Minderjährige einen wirksamen Kaufvertrag abgeschlossen hatte. Zwar konnte er zunächst wegen der bedingten Übereignung bei der Übergabe an ihn noch kein Eigentum erwerben. Er hat aber bereits ein Anwartschaftsrecht als wesensgleiches Minus erhalten.

Wenn nun der Dritte gutgläubig und lastenfrei das Eigentum erworben hätte, wäre das Anwartschaftsrecht des Minderjährigen erloschen. Anders als den bloßen Besitz an einer Sache wird man das Anwartschaftsrecht aber sehr wohl als ein Recht im Sinn der Vorschrift des § 107 BGB ansehen müssen.

Damit wäre die Einigungserklärung des Minderjährigen im Rahmen der Übereignung an den Dritten jedenfalls nicht lediglich rechtlich vorteilhaft oder neutral und kann dem gutgläubigen Eigentumserwerb entgegenstehen.


Die vorstehende Konstellation stellt eine gewisse Gratwanderung dar, denn hier muss man vorsichtig sein und darf mit den Formulierungen im Gutachten nicht gegen das Trennungs- und Abstraktionsprinzip verstoßen. Es ist immer kritisch, wenn man im Rahmen des sachenrechtlichen Erwerbs von Eigentum den Kaufvertrag als schuldrechtliches Geschäft ins Spiel bringt.

Beim Anwartschaftsrecht muss man das allerdings tun, denn dieses kann nur entstehen, wenn die Möglichkeit des Bedingungseintritts überhaupt noch besteht. Sollte der Verkäufer also bereits den Rücktritt hinsichtlich des Kaufvertrags erklärt haben, wäre schon kein Anwartschaftsrecht mehr gegeben.




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