In der Praxis ist der Kauf eines Unternehmens von erheblicher Bedeutung. Deshalb finden sich auch immer wieder in der juristischen Ausbildung Klausuren zu diesem Thema.
Ein Unternehmen kann auf zweierlei Weise gekauft werden:
Zum einen kann das als asset deal geschehen, sodass ein Kauf
eines sonstigen Gegenstands vorliegt, bei dem jeder einzelne Gegenstand nach
den dafür geltenden Regeln übertragen werden muss.
Auf der anderen Seite ist
auch ein share deal möglich. Wird das Unternehmen von einer Gesellschaft wie
etwa einer GmbH betrieben, dann kann man diese Gesellschaftsanteile
kaufen. Die Erfüllung der
schuldrechtlichen Pflichten durch die dingliche Übertragung erfolgt hier durch
Abtretung der Anteile nach §§ 413, 398 BGB. Dabei sind schuldrechtlicher und
dinglicher Vertrag formbedürftig, § 15 III, IV GmbHG.
Einzelheiten beim share deal:
Der share deal stellt grundsätzlich einen
Rechtskauf dar, bei dem sich mehrere Probleme ergeben, deren Kenntnis für die
juristische Ausbildung wichtig ist.
Sachmangel:
So ist zunächst schon umstritten, wie sich
der Mangel einer einzelnen Sache des Unternehmens auf das gesamte Unternehmen
auswirkt. Ein Sachmangel kann sich beim Rechtskauf eigentlich nicht auf die
Brauchbarkeit der gekauften Anteile auswirken. Dennoch ist z.B. ein Rücktritt
vom Kaufvertrag nach herrschender Ansicht denkbar, wenn dieser Sachmangel auf
das Unternehmen durchschlägt. Denn wer nahezu sämtliche Geschäftsanteile erwirbt,
der kauft das gesamte Unternehmen, sodass der Kauf eines „sonstigen Gegenstands“
vorliegt, auf den die Sachmängelrechte
anwendbar sind.
Bilanz als Sachmangel:
Interessanter ist in solchen Situationen aber
ein Sachmangel wegen falscher Bilanzen. Wie es so oft in Prüfungsarbeiten der
Fall ist, wird eine GmbH verkauft und deren Bilanzen der vergangenen Jahre dem
Vertrag zugrunde gelegt, die sich dann als falsch erweisen.
Nach der früheren Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs hafteten die zurückliegenden Unternehmenszahlen dem
Unternehmen jedoch nicht dauerhaft an, weshalb man einen Mangel ablehnen
konnte. Die Ertragsfähigkeit eines Unternehmens könnte man somit als einen außerhalb
der Kaufsache liegenden Umstand ansehen.
Hier hat der Bundesgerichtshof in
einer neuen Entscheidung nunmehr aber klargestellt, dass er dem weiten
Mangelbegriff folgt:
“Der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz an die Stelle des §
459 BGB aF getretene § 434 BGB geht von einem wesentlich weiteren
Sachmangelbegriff aus, so dass auf diese Vorschrift die enge
Beschaffenheitsdefinition des § 459 Abs. 1 BGB aF nicht mehr angewendet werden
kann.“
Dann können bei konsequenter Anwendung dieser
Aussage auch Bilanzen der vergangenen Jahre, die sich als falsch herausstellen,
einen Mangel begründen, der zu Gewährleistungsrechten
führt. Ein Rückgriff auf die culpa in contrahendo dürfte sich dabei verbieten,
da die Vorschriften über die Gewährleistung jedenfalls ab Gefahrübergang bei Sachmängeln vorgehen.
Weiterführende Literatur:
Wer Interesse an der Lösung eines solchen Falls
im Gutachten hat, dem sei mein eBook* „Juristische Übungsfälle zum Gesellschaftsrecht“
empfohlen.
Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden
Die
Nacherfüllung beim Kaufvertrag
Die
Feinheiten des § 442 I 1 BGB
Der
Verschleiß als Mangel der Kaufsache
Frist
zur Nacherfüllung und zweite Gelegenheit zur Nachbesserung
Die
Eintrittskarte im Vorverkauf
Umtausch,
Gewährleistungsrecht, Garantie – Was ist der Unterschied?
Der
falsch gelieferte Artikel (aliud) beim Kaufvertrag im Internet – Wer hat welche
Rechte?
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