Juristische E-Bücher auf "Buy me a coffee" unter "Extras" billiger zu finden

Buy Me A Coffee

Willkommen zu "Zivilrecht Verstehen"

Hier finden Sie zahlreiche Beiträge zum Zivilrecht, Zivilprozessrecht und gelegentlich zum Strafrecht. Viel Spaß beim Lesen!

Donnerstag, 11. Januar 2024

Die Prüfung der Zulassung der Berufung durch das Berufungsgericht

 

Zulassung der Berufung

Eine für fortgeschrittene Jurastudenten/innen oder Referendare/innen interessante Entscheidung des Bundesgerichtshofs beschäftigt sich mit der Frage, ob das Berufungsgericht eine Prüfung der Zulassung der Berufung vornehmen muss, wenn das erstinstanzliche Gericht dies nicht getan hat.


Dazu der Sachverhalt


Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, den Pkw des Klägers zu verkratzen. Der Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Das Landgericht hat den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 300 € festgesetzt. Die Berufung des Beklagten hat es mit dem von der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und das Amtsgericht die Berufung auch nicht zugelassen habe (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).


Entscheidung des Bundesgerichtshofs


In dem Beschluss hat der Bundesgerichtshof kurz Stellung genommen:

„Das Berufungsgericht muss vor Verwerfung des Rechtsmittels mangels ausreichender Beschwer eine Zulassungsprüfung nachholen, wenn das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer der unterlegenen Partei 600 € übersteigt, und deswegen keine Prüfung der Zulassung der Berufung vorgenommen hat (st. Rspr.).“

Vom Grundsatz her ist es nicht Sache des Berufungsgerichts, die Zulassung der Berufung nachzuprüfen. Eine solche Prüfung obliegt dem erstinstanzlichen Gericht.

Wie der BGH jedoch meint, muss das Berufungsgericht dann diese Prüfung selbst vornehmen, wenn das in erster Instanz versäumt wurde, weil dieses Gericht von einer Beschwer über 600 € und damit einer Zulässigkeit der Berufung ausgegangen war.

Wenn das Berufungsgericht diese Prüfung nicht nachholt, liegt also grundsätzlich eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der Berufung vor.

Nun ändert sich gleichwohl am Ergebnis nichts, denn wer insofern erfolgreich die unterlassene Prüfung rügt, muss trotzdem darlegen, warum ein Grund für die Zulassung gegeben war. Dazu der BGH:

„Ein Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO wegen einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes liegt in der Unterlassung einer gebotenen Nachholung der Entscheidung über die Zulassung der Berufung nur, wenn ein Grund für die Zulassung der Berufung vorliegt (Anschluss BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - V ZB 179/14, WuM 2015, 320 Rn. 6; vom 10. Mai 2012 - V ZB 242/11, WuM 2012, 402 Rn. 11).“


Fazit


Nachdem der Beklagte einen solchen Grund nicht vorgetragen hatte, war seine Rechtsbeschwerde erfolglos. Man sieht also, dass die Verletzung einer Formalie nicht unbedingt zu einer Zulässigkeit der Berufung führt.

What? Auto zerkratzen


Noch interessanter als die rechtlichen Ausführungen ist für mich die Tatsache, dass man offenbar eine Person verklagen musste, das Zerkratzen des Autos zu unterlassen!!! Was ist denn mit unserer Gesellschaft los?


Weiterführende Literatur


Zum Verständnis zivilprozessualer Probleme empfehle ich mein eBook* „Der Zivilprozess“, welches man hier finden kann:

Der Zivilprozess


Hier sind weitere Artikel zum Zivilprozessrecht zu finden


Die Zulässigkeit der Klage im Zivilrecht

Zuständigkeitsstreitwert und Feststellungsklage

Die Wiedereinsetzung

Die Berufung gegen ein Versäumnisurteil

Bei der Anwendung von Präklusionsvorschriften im Zivilprozess ist größte Vorsicht geboten

Der Aufbau der einseitigen Erledigungserklärung im Gutachten

Die Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit der Klage

Flucht in die Säumnis/Widerklage

Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes



* Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen