Auch im ersten Staatsexamen sollte man Grundkenntnisse im Zivilprozessrecht haben, da sich immer wieder in Examensklausuren prozessuale Zusatzfragen stellen, bei denen man relativ einfach Punkte sammeln kann.
Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes ist dabei ein sehr wichitges Thema.
Dabei ist hier auch kein Spezialwissen hinsichtlich irgendwelcher komplizierten Probleme nötig, sondern nur die absoluten Basics.Dazu gehört in jedem Fall die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts, die man übrigens vom Grundsatz her immer im Gutachten ansprechen sollte, wenn es um die Erfolgsaussichten eines Prozesses geht.
So sollte man sich einmal mit der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts vertraut machen. Hier gibt es zahlreiche Vorschriften, die etwa einen allgemeinen, besonderen oder ausschließlichen Gerichtsstand regeln, siehe §§ 12-35a ZPO.
Unter mehreren Gerichtsständen kann
der Kläger also grundsätzlich wählen, § 35 ZPO.
Eine für die Ausbildung wichtige Vorschrift ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO. In diesem Rahmen gibt es zugegebenermaßen sehr viele Probleme, wie z.B. die Frage, ob es für bestimmte Bereiche einen einheitlichen Erfüllungsort gibt.
Ein solches Detail
ist die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, wenn der Kläger eine negative
Feststellungklage erhebt. Diese ist übrigens auch absolut examensrelevant und man
sollte sich auch hier ein Grundwissen zulegen.
Wenn man sich einmal einen kürzlich von einem Gericht entschiedenen Fall herannimmt, kann man die Problematik schnell nachvollziehen:
Ein Leasingnehmer aus Berlin least sich eine Sache beim
Leasinggeber in Braunschweig. Ersterer ist nun der Ansicht, er habe seine auf
den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung (nicht also den Vertrag!)
wirksam widerrufen und schulde keine weiteren Leasingraten. Da er aber befürchtet,
der Leasinggeber werde die weitere Zahlung verlangen, verklagt er diesen vor
dem Landgericht Braunschweig mit einer negativen Feststellungsklage. Damit soll
festgestellt werden, dass er keine Raten mehr schulde.
Wie sieht es nun aus mit der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Braunschweig?
Der allgemeine Gerichtsstand des Leasinggebers wäre zwar in Braunschweig. Sofern allerdings eine negative Feststellungsklage erhoben wird, ist der Gerichtsstand nach dem in Abrede gestellten Anspruch auf Leistung zu bestimmen.
Der Erfüllungsort für die Zahlung der Leasingraten lag
in Berlin, denn gegen diese Zahlungspflicht will sich der Kläger wehren. Der
Anspruch auf Zahlung der Raten aus dem Leasingvertrag muss nach § 29 ZPO in
Berlin erfüllt werden.
Hier noch einmal eine Klarstellung durch das
OLG München (Beschluss v. 22.06.2017 – 34 AR 97/17):
1. Die negative
Feststellungsklage kann dort erhoben werden, wo der Kläger den vom Beklagten behaupteten
Anspruch im Falle eines wirksamen Vertragsschlusses hätte erfüllen müssen.
2. Im Rahmen einer
negativen Feststellungsklage ist Leistungsort im Sinne des § 29 ZPO damit der Ort,
an dem der Antragsteller im Fall des wirksamen Vertragsschlusses seine
Verpflichtungen hätte erfüllen müssen.
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