Eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs beschäftigt sich mit der Schwarzgeldabrede. Alle Studierenden im Jurastudium dürften die Problematik aus dem Werkvertragsrecht kennen, bei welcher der Vertrag mit dem Schwarzgeld nichtig ist. Hier aber einmal eine Entscheidung, die sich mit dem Kaufvertrag über ein Grundstück befasst, wobei das Ergebnis ein ganz anderes ist.
Vorab die Leitsätze der Entscheidung
a) Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (Bestätigung von Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527).
b) Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags
führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen
nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 6/13, BGHZ
198, 141; Urteil vom 10. April 2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1; Urteil vom
11. Juni 2015 - VII ZR 216/14, BGHZ 206, 69; Urteil vom 16. März 2017 - VII ZR
197/16, BGHZ 214, 228).
Sachverhalt
"Der Beklagte verkaufte der Klägerin mit notariellem
Vertrag eine Wohnungs- und Teileigentumseinheit; in dem Vertrag erklärten die
Parteien zugleich die Auflassung. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 120.000 €
beurkundet. Tatsächlich vereinbart war ein Preis von 150.000 €. Den nicht
mitbeurkundeten Differenzbetrag von 30.000 € hatte die Klägerin dem Beklagten
bereits vor dem Beurkundungstermin in bar gezahlt. Nach Zahlung des restlichen
Kaufpreises von 120.000 € an den Beklagten wurde die Klägerin als Eigentümerin
in das Grundbuch eingetragen..."
Entscheidungsgründe
"Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungs- und
Teileigentumseinheit und damit wahre Berechtigte im Sinne von § 894 BGB, denn
sie hat mit der Auflassung und Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch
gemäß § 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 BGB das Eigentum an der Einheit erworben.
Anders läge es nur, wenn der Kaufvertrag nichtig wäre und der
Wirksamkeitsmangel auch die Auflassung als dingliches Erfüllungsgeschäft
erfasste. Bereits ersteres verneint das Berufungsgericht zurecht. Der zwischen
den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam…
Der Kaufvertrag ist nicht formunwirksam. Zwar war der
beurkundete Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 120.000 € nicht gewollt und als
Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, während der gewollte, lediglich
mündlich geschlossene Vertrag mit einem Kaufpreis von 150.000 € gemäß § 117
Abs. 2, § 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB zunächst formnichtig war. Der
Formmangel wurde aber durch die in dem notariellen Vertrag erklärte Auflassung
und die Eintragung der Klägerin in das Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB
geheilt…
Der Kaufvertrag ist nicht nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB
nichtig. Weder verstößt der Grundstückskaufvertrag selbst gegen ein
gesetzliches Verbot oder die guten Sitten noch führt eine etwaige isolierte
Nichtigkeit der Abrede über die Unterverbriefung, d.h. die Nichtbeurkundung
eines Teils des Kaufpreises in Höhe von 30.000 €, nach § 139 BGB zur
Gesamtnichtigkeit des Vertrags…
Allerdings wäre ein etwaiger Verstoß gegen ein
gesetzliches Verbot nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, denn die
Heilung nach dieser Vorschrift bezieht sich nur auf eine zunächst bestehende
Formnichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags. Andere Nichtigkeitsgründe,
insbesondere die der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB, werden von der Vorschrift nicht
erfasst…
Die Schwarzgeldabrede führt aber nicht wegen eines
Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB unmittelbar zur
Nichtigkeit des Kaufvertrages…
Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines
Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger
angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag
nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die bereits auf die
Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückgeht (vgl. RG, WarnRspr 1921, Nr. 89;
RGZ 107, 357, 364; RG, JW 1935, 420; DR 1942, 40), in der Regel nicht nichtig.
Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder
hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht
der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers
zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung
des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember
1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01,
NJW-RR 2002, 1527 mwN). Diese Rechtsprechung steht in Einklang mit der
ständigen Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofs, nach der ein
Vertrag, mit dessen Abwicklung eine Steuerhinterziehung verbunden ist, nur dann
nichtig ist, wenn die Steuerhinterziehung den Hauptzweck des Vertrags bildet...
An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter
Berücksichtigung zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des VII.
Zivilsenates des Bundesgerichtshofs zu Verstößen gegen das Gesetz zur
Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung
(Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) fest. Diese zum
Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidungen sind entgegen anderslautender
Stimmen in Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, NJW 2023, 1891, Rn. 30 ff.; LG
Münster, Urteil vom 21. November 2014 - 16 O 68/14, juris Rn. 31 ff.) und
Literatur (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 117 Rn. 31; Staudinger/Singer,
BGB [2021], § 117 Rn. 27) auf Schwarzgeldabreden bei Grundstückskaufverträgen
nicht übertragbar…"
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