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Montag, 13. Mai 2024

Schwarzgeldabrede außerhalb des Werkvertragsrechts

 

Eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs beschäftigt sich mit der Schwarzgeldabrede. Alle Studierenden im Jurastudium dürften die Problematik aus dem Werkvertragsrecht kennen, bei welcher der Vertrag mit dem Schwarzgeld nichtig ist. Hier aber einmal eine Entscheidung, die sich mit dem Kaufvertrag über ein Grundstück befasst, wobei das Ergebnis ein ganz anderes ist.


Vorab die Leitsätze der Entscheidung


a) Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (Bestätigung von Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527).

b) Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141; Urteil vom 10. April 2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1; Urteil vom 11. Juni 2015 - VII ZR 216/14, BGHZ 206, 69; Urteil vom 16. März 2017 - VII ZR 197/16, BGHZ 214, 228).


Sachverhalt


"Der Beklagte verkaufte der Klägerin mit notariellem Vertrag eine Wohnungs- und Teileigentumseinheit; in dem Vertrag erklärten die Parteien zugleich die Auflassung. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 120.000 € beurkundet. Tatsächlich vereinbart war ein Preis von 150.000 €. Den nicht mitbeurkundeten Differenzbetrag von 30.000 € hatte die Klägerin dem Beklagten bereits vor dem Beurkundungstermin in bar gezahlt. Nach Zahlung des restlichen Kaufpreises von 120.000 € an den Beklagten wurde die Klägerin als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen..."


Entscheidungsgründe


"Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungs- und Teileigentumseinheit und damit wahre Berechtigte im Sinne von § 894 BGB, denn sie hat mit der Auflassung und Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch gemäß § 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 BGB das Eigentum an der Einheit erworben. Anders läge es nur, wenn der Kaufvertrag nichtig wäre und der Wirksamkeitsmangel auch die Auflassung als dingliches Erfüllungsgeschäft erfasste. Bereits ersteres verneint das Berufungsgericht zurecht. Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam…

Der Kaufvertrag ist nicht formunwirksam. Zwar war der beurkundete Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 120.000 € nicht gewollt und als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, während der gewollte, lediglich mündlich geschlossene Vertrag mit einem Kaufpreis von 150.000 € gemäß § 117 Abs. 2, § 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB zunächst formnichtig war. Der Formmangel wurde aber durch die in dem notariellen Vertrag erklärte Auflassung und die Eintragung der Klägerin in das Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt…

Der Kaufvertrag ist nicht nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig. Weder verstößt der Grundstückskaufvertrag selbst gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten noch führt eine etwaige isolierte Nichtigkeit der Abrede über die Unterverbriefung, d.h. die Nichtbeurkundung eines Teils des Kaufpreises in Höhe von 30.000 €, nach § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags…

Allerdings wäre ein etwaiger Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, denn die Heilung nach dieser Vorschrift bezieht sich nur auf eine zunächst bestehende Formnichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags. Andere Nichtigkeitsgründe, insbesondere die der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB, werden von der Vorschrift nicht erfasst…

Die Schwarzgeldabrede führt aber nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB unmittelbar zur Nichtigkeit des Kaufvertrages…

Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, die bereits auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückgeht (vgl. RG, WarnRspr 1921, Nr. 89; RGZ 107, 357, 364; RG, JW 1935, 420; DR 1942, 40), in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527 mwN). Diese Rechtsprechung steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung anderer Senate des Bundesgerichtshofs, nach der ein Vertrag, mit dessen Abwicklung eine Steuerhinterziehung verbunden ist, nur dann nichtig ist, wenn die Steuerhinterziehung den Hauptzweck des Vertrags bildet...

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des VII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs zu Verstößen gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) fest. Diese zum Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidungen sind entgegen anderslautender Stimmen in Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, NJW 2023, 1891, Rn. 30 ff.; LG Münster, Urteil vom 21. November 2014 - 16 O 68/14, juris Rn. 31 ff.) und Literatur (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl., § 117 Rn. 31; Staudinger/Singer, BGB [2021], § 117 Rn. 27) auf Schwarzgeldabreden bei Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar…"


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