Wenn man im Internet einen Kaufvertrag abschließt und einen Artikel bestellt, kommt es gelegentlich vor, dass ein falscher Artikel geliefert wird, weshalb sich die Frage stellt, wer welche Rechte in dieser Situation hat.
Schauen wir uns die Sache einmal näher an.
1. Wann liegt eine Falschlieferung vor?
Zunächst einmal muss man feststellen, was überhaupt eine
Falschlieferung ist. Das wäre der Fall, wenn der Verkäufer nicht die
vertraglich vereinbarte Sache ausliefert, sondern eine andere.
Das kann z.B. ein Kleidungsstück einer anderen Größe oder
Farbe sein oder ein anderes Model bei elektronischen Waren etc. Natürlich können das auch grobe Abweichungen sein, wie wenn man ein Buch bestellt und einen Toaster erhält.
2. Was ist rechtlich gesehen eine Falschlieferung?
Nach der Vorschrift § 434 V BGB ist bei der Lieferung
einer anderen Sache beim Kaufvertrag ein Sachmangel gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob
die andere Sache nun einen höheren oder geringeren Wert hat.
Hier der Wortlaut der Norm:
Einem
Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die
vertraglich geschuldete Sache liefert.
Auch spielt es an dieser Stelle noch keine Rolle, ob der
Verkäufer die Falschlieferung bewusst vorgenommen hat oder ob es sich um ein
Versehen handelt. Jedenfalls muss man von einem Sachmangel ausgehen.
3. Unterscheidung absichtliche oder versehentliche Falschlieferung
Jetzt muss man die Unterscheidung vornehmen, ob eine absichtliche
oder versehentliche Falschlieferung gegeben ist. Denn danach richten sich die
Rechte beider Parteien.
a) Absichtliche Falschlieferung
Vom Grundsatz her kann der Käufer nach wie vor die Lieferung der geschuldeten Sache vom Verkäufer verlangen.
Wenn man davon
ausgeht, dass die Entgegennahme der Sache den ursprünglichen Anspruch auf Erfüllung
in einen Anspruch auf Nacherfüllung umgewandelt hat, wäre das also ein Gewährleistungsrecht
nach §§ 434, 437 Nr. 1, 439 BGB. Das wird man annehmen müssen, zumal das Gesetz
die Falschlieferung einem Mangel ausdrücklich gleichstellt.
Falls der Verkäufer die falsch gelieferte Sache zurückhaben
will, müsste er die Transportkosten dafür an den Käufer erstatten oder diese
sogleich selbst übernehmen.
Wenn der Verkäufer die Falschlieferung also absichtlich vorgenommen
hat, kann man weiter unterscheiden. So kann es sein, dass gerade im Bereich der
Elektronik das verkaufte Modell nicht mehr vorhanden ist und der Verkäufer
absichtlich ein anderes liefert.
Sofern der Verkäufer dem Käufer einen höherwertigeren Artikel übergeben hat,
kann Letzterer gem. § 241a I BGB diesen auch behalten. Insofern schließt die Norm
einen Anspruch des Verkäufers auf Rückgabe des Artikels aus. Auch hier bleibt
der Käufer selbstverständlich auch nur verpflichtet, den ursprünglich vertraglich
geschuldeten Kaufpreis zu zahlen. Der Kaufvertrag wird also nicht etwa in einen
solchen mit einem höheren Kaufpreis umgewandelt.
Wenn aber der Verkäufer absichtlich eine geringerwertige Sache liefert, wird
der Käufer damit kaum einverstanden sein. In diesem Fall kann er darauf
bestehen, die geschuldete Sache zu erhalten und der Verkäufer muss das aliud
auf seine Kosten zurücksenden lassen.
b) Versehentliche Falschlieferung
Bei einer versehentlichen Falschlieferung seitens des Verkäufers
ist die Norm des § 241a II BGB zu beachten:
Gesetzliche
Ansprüche sind nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung nicht für den Empfänger
bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der
Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt
hätte erkennen können.
Hier hat der Verkäufer also einen Anspruch auf Rückgabe
des aliuds. Die Anspruchsgrundlage für dieses Begehren wird man in der
ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 I 1 1. Alt. BGB sehen müssen. Der
Käufer kann somit in dieser Situation die falsch gelieferte Sache nicht einfach
behalten, wenn der Verkäufer sie zurückhaben will.
Auch in diesem Fall muss der Verkäufer die Kosten des Rücktransports
tragen.
Im Weiteren bleibt es bei der eingangs erwähnten Situation, in welcher der Käufer den Anspruch auf Lieferung der ursprünglich geschuldeten Sache behält.
Sofern der Verkäufer diese nicht liefern will oder
kann, könnte der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten und ggfls. Schadensersatz
verlangen.
4. Verhandlungsposition des Käufers
Die zunächst missliche Situation für den Käufer bietet
allerdings auch die Möglichkeit, den ursprünglichen Kauf in ein lukrativeres Geschäft
umzuwandeln.
Wenn man sich vor Augen hält, dass die Rücksendung der
falsch gelieferten Sache für den Verkäufer unter Umständen mit hohen
Transportkosten verbunden ist (man denke an große Gegenstände wie einen Tisch
mit Stühlen etc.), wird schnell deutlich, dass der Käufer hier in einer guten Position
ist, um über das weitere Vorgehen zu verhandeln.
So kann der Käufer bei der versehentlichen
Falschlieferung vorschlagen, dass ihm die höherwertige Sache verbleiben soll
und er möglicherweise nur einen geringen Aufpreis dafür bezahlt, was sich oft für
den Verkäufer rechnen kann.
Ebenso könnte der Käufer einen großzügigen Abschlag vom
Kaufpreis vorschlagen, sofern es sich um eine geringerwertige Sachen handelt,
die er aber dennoch zu akzeptieren bereit ist.
Weiterführende Literatur
In dem Bereich der Lieferung eines aliuds gab es schon
vor vielen Jahren massive Meinungsstreitigkeiten in der juristischen Literatur,
wie man denn die jeweiligen Rechte der Parteien zu beurteilen hat.
- Erfolgt eine Anpassung des Kaufpreises?
- Besteht der ursprüngliche Erfüllungsanspruch oder nur
eine Nacherfüllung?
- Liegt ein Eigenschaftsirrtum des Verkäufers mit
Fehleridentität vor?
- Besteht bei der versehentlichen Falschlieferung eines höherwertigen
aliuds ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen?
All diese Fragen werden im Einzelnen in dem eBook* „Das
höherwertige aliud, Eine Erklärung mit Beispielsfall“ behandelt:
Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden
Die Nacherfüllung beim Kaufvertrag
Die Feinheiten des § 442 I 1 BGB
Der Verschleiß als Mangel der Kaufsache
Frist zur Nacherfüllung und zweite Gelegenheit zur
Nachbesserung
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