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Montag, 4. März 2024

Ist eine Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums beim Kaufvertrag möglich?

 

Konkurrenz Eigenschaftsirrtum beim Kaufvertrag

Das Zusammentreffen von BGB AT und dem Besonderen Teil des Schuldrechts stellt sich oft als schwierige Materie für Studierende im Jurastudium dar. Speziell die in Prüfungen auftauchende Konkurrenz zwischen dem Allgemeinen Teil und dem Besonderen Schuldrecht im Rahmen der Anfechtung einer Willenserklärung beim Kaufvertrag sei hier genannt.

Nachfolgend soll die Problematik kurz umrissen werden.


Bedeutung im Jurastudium


Zunächst muss man sich einmal verdeutlichen, wie wichtig die Problematik für den Erfolg im Staatsexamen ist. Es handelt sich praktisch um einen Klassiker, denn hier lässt sich der Allgemeine Teil des BGB mit dem Besonderen Schuldrecht (insbesondere mit dem beliebten Kaufrecht) verbinden, sodass alle Kandidaten/innen solide Kenntnisse in mehreren Bereichen aufzeigen können.

Während der juristischen Ausbildung lernt man bereits im ersten Semester ein Prüfungsschema auswendig, welches im Gutachten zugrunde zu legen ist, wenn es um die Anfechtung einer Willenserklärung geht.

Hier existieren zahlreiche Probleme, die anhand von verschiedenen Prüfungspunkten abzuhandeln sind, wobei jedoch oft die Konkurrenz der Anfechtung mit anderen Rechtsinstituten übergangen wird.

So finden sich in den Anfängervorlesungen kaum tiefere Ausführungen zu diesem Thema, weshalb man auf sich selbst gestellt ist, um die Materie zu durchdringen. Sie ist aber von so herausragender Bedeutung, dass man sie keinesfalls ignorieren darf.


Verhältnis von § 119 BGB und § 123 BGB


So ist z.B. eine Anfechtung nach § 119 BGB und § 123 BGB nebeneinander möglich, wobei es dem Erklärenden frei steht, welches Anfechtungsrecht er ausüben will.


Anfechtung nichtiger Willenserklärungen


Des Weiteren kann auch eine nichtige Willenserklärung angefochten werden. Das habe ich ausführlich in meinem Beitrag hier dargestellt.


Verhältnis von § 123 BGB zu § 138 I BGB


Auch soll auf die Vorrangigkeit der Vorschrift des § 123 BGB im Verhältnis zu § 138 I BGB hingewiesen sein. Zu Einzelheiten des wucherähnlichen Geschäfts nach § 138 I BGB siehe meinen Beitrag hier.

Der Hintergrund ist, dass die Vorschrift des § 123 BGB nicht leerlaufen soll.

 

Konkurrenz von § 119 II BGB zu §§ 434 ff. BGB


Die Unkenntnis der Konkurrenzfrage kann gerade dann schwere Folgen haben, wenn es um einen Eigenschaftsirrtum beim Kauf geht, also um das Verhältnis von § 119 II BGB zu §§ 434 ff. BGB, wenn nebenher auch die Gewährleistung eingreift.

Denn hier ist das Anfechtungsrecht nach sehr umstrittener Ansicht ausgeschlossen, wobei zwischen der Situation vor und nach Gefahrübergang zu unterscheiden ist.

Ein Ausschluss soll nach verbreiteter Ansicht jedenfalls nach Gefahrübergang gegeben sein. Vor diesem Zeitpunkt ist die Situation nicht so eindeutig und es herrscht ein starker Meinungsstreit, den man kennen sollte.

Um die Sache noch komplizierter zu machen, muss auch beachtet werden, wer denn überhaupt die Anfechtung erklärt, etwa der Käufer oder gar der Verkäufer. Will nämlich der Verkäufer nach § 119 II BGB anfechten, besteht schon von vornherein kein Konkurrenzverhältnis zu den Sachmängelansprüchen, da diesem naturgemäß keine Gewährleistungsrechte zustehen.

Dennoch kann ihm die Anfechtung wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB verwehrt sein nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs. Denn die Irrtumsanfechtung führt zur Vernichtung des Vertrags und damit zum Wegfall der Mangelgewährleistungsrechte des Käufers.


Fazit


Wie oben deutlich wird, gibt es in diesem Bereich des Anfechtungsrechts sehr viele kleinere Detailprobleme, die man sich genauer ansehen muss. Die soeben angesprochene Konkurrenz ist dabei nicht ausschöpfend behandelt worden, denn dieses Gebiet ist äußerst umfangreich.

Hoffentlich aber wird durch die kurze Darstellung das Problembewusstsein gefördert, welches in einer Prüfung sehr wichtig ist.


Weiterführende Literatur

 

Einen Fall des Zusammentreffens eines Eigenschaftsirrtums mit der Sachmängelgewährleistung habe ich in meinem eBook* „Klausuren zu nichtigen und anfechtbaren Willenserklärungen“ auf amazon.de dargestellt. Dort finden sich dann auch Hinweise, wie bei gleichzeitig vorliegenden Angaben ins Blaue hinein mit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und der culpa in contrahendo zu verfahren ist. Hier zu finden:

Klausuren zu nichtigen und anfechtbaren Willenserklärungen

 

Hier sind weitere Artikel zum Anfechtungsrecht zu finden


Das Verhältnis von § 123 BGB zu § 138 BGB

Eigenschaftsirrtum gem. § 119 II BGB und Irrtum über den Wert der Sache

Anfechtung einer Vollmacht

Die Anfechtung seitens des Bürgen


Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden


Die Nacherfüllung beim Kaufvertrag

Beschaffenheitsvereinbarung

Die Feinheiten des § 442 I 1 BGB

Probleme beim Grundstückskauf

Der Verschleiß als Mangel der Kaufsache

Frist zur Nacherfüllung und zweite Gelegenheit zur Nachbesserung

Die Abnahme im Kaufvertrag            

Examenswissen im Kaufrecht

Autokaufvertrag zwischen Privatleuten unter Ausschluss der Gewährleistung – Vorsicht bei Verwendung von AGB

Die Eintrittskarte im Vorverkauf

Umtausch, Gewährleistungsrecht, Garantie – Was ist der Unterschied?

Der falsch gelieferte Artikel (aliud) beim Kaufvertrag im Internet – Wer hat welche Rechte?

Die negative Beschaffenheitsvereinbarung bei Verkauf eines „Bastelfahrzeugs“


* Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.




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