Das Zusammentreffen von BGB AT und dem Besonderen Teil des Schuldrechts stellt sich oft als schwierige Materie für Studierende im Jurastudium dar. Speziell die in Prüfungen auftauchende Konkurrenz zwischen dem Allgemeinen Teil und dem Besonderen Schuldrecht im Rahmen der Anfechtung einer Willenserklärung beim Kaufvertrag sei hier genannt.
Nachfolgend soll die Problematik kurz umrissen werden.
Bedeutung im Jurastudium
Zunächst muss man sich einmal verdeutlichen, wie wichtig die Problematik für den Erfolg im Staatsexamen ist. Es handelt sich praktisch um einen Klassiker, denn hier lässt sich der Allgemeine Teil des BGB mit dem Besonderen Schuldrecht (insbesondere mit dem beliebten Kaufrecht) verbinden, sodass alle Kandidaten/innen solide Kenntnisse in mehreren Bereichen aufzeigen können.
Während der juristischen Ausbildung lernt man bereits im ersten Semester ein Prüfungsschema auswendig, welches im Gutachten zugrunde zu legen ist, wenn es um die Anfechtung einer Willenserklärung geht.
Hier existieren zahlreiche Probleme, die anhand von verschiedenen Prüfungspunkten abzuhandeln sind, wobei jedoch oft die Konkurrenz der Anfechtung mit anderen Rechtsinstituten übergangen wird.
So finden sich in den Anfängervorlesungen kaum tiefere Ausführungen zu diesem Thema, weshalb man auf sich selbst gestellt ist, um die Materie zu durchdringen. Sie ist aber von so herausragender Bedeutung, dass man sie keinesfalls ignorieren darf.
Verhältnis von § 119 BGB und § 123 BGB
So ist z.B. eine Anfechtung nach § 119 BGB und § 123 BGB nebeneinander möglich, wobei es dem Erklärenden frei steht, welches Anfechtungsrecht er ausüben will.
Anfechtung nichtiger Willenserklärungen
Des Weiteren kann auch eine nichtige Willenserklärung angefochten werden. Das habe ich ausführlich in meinem Beitrag hier dargestellt.
Verhältnis von § 123 BGB zu § 138 I BGB
Auch soll auf die Vorrangigkeit der Vorschrift des § 123 BGB im Verhältnis zu § 138 I BGB hingewiesen sein. Zu Einzelheiten des wucherähnlichen Geschäfts nach § 138 I BGB siehe meinen Beitrag hier.
Der Hintergrund ist, dass die Vorschrift des § 123 BGB nicht leerlaufen soll.
Konkurrenz von § 119 II BGB zu §§ 434 ff. BGB
Die Unkenntnis der Konkurrenzfrage kann gerade dann schwere Folgen haben, wenn es um einen Eigenschaftsirrtum beim Kauf geht, also um das Verhältnis von § 119 II BGB zu §§ 434 ff. BGB, wenn nebenher auch die Gewährleistung eingreift.
Denn hier ist das Anfechtungsrecht nach sehr umstrittener Ansicht ausgeschlossen, wobei zwischen der Situation vor und nach Gefahrübergang zu unterscheiden ist.
Ein Ausschluss soll nach verbreiteter Ansicht jedenfalls nach Gefahrübergang gegeben sein. Vor diesem Zeitpunkt ist die Situation nicht so eindeutig und es herrscht ein starker Meinungsstreit, den man kennen sollte.
Um
die Sache noch komplizierter zu machen, muss auch beachtet werden, wer denn
überhaupt die Anfechtung erklärt, etwa der Käufer oder gar der Verkäufer.
Dennoch kann ihm die Anfechtung wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB verwehrt sein nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs. Denn die Irrtumsanfechtung führt zur Vernichtung des Vertrags und damit zum Wegfall der Mangelgewährleistungsrechte des Käufers.
Fazit
Wie oben deutlich wird, gibt es in diesem Bereich des Anfechtungsrechts sehr viele kleinere Detailprobleme, die man sich genauer ansehen muss. Die soeben angesprochene Konkurrenz ist dabei nicht ausschöpfend behandelt worden, denn dieses Gebiet ist äußerst umfangreich.
Hoffentlich aber wird durch die kurze Darstellung das Problembewusstsein gefördert, welches in einer Prüfung sehr wichtig ist.
Weiterführende Literatur
Einen Fall des
Zusammentreffens eines Eigenschaftsirrtums mit der Sachmängelgewährleistung
habe ich in meinem eBook* „Klausuren zu nichtigen und
anfechtbaren Willenserklärungen“ auf
amazon.de dargestellt. Dort
finden sich dann auch Hinweise, wie bei gleichzeitig vorliegenden Angaben ins
Blaue hinein mit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und der culpa in contrahendo zu
verfahren ist. Hier zu finden:
Klausuren zu nichtigen und anfechtbaren Willenserklärungen
Hier sind weitere Artikel zum Anfechtungsrecht zu finden
Das
Verhältnis von § 123 BGB zu § 138 BGB
Eigenschaftsirrtum
gem. § 119 II BGB und Irrtum über den Wert der Sache
Die
Anfechtung seitens des Bürgen
Hier sind weitere Artikel zum Kaufrecht zu finden
Die
Nacherfüllung beim Kaufvertrag
Die
Feinheiten des § 442 I 1 BGB
Der
Verschleiß als Mangel der Kaufsache
Frist
zur Nacherfüllung und zweite Gelegenheit zur Nachbesserung
Die
Eintrittskarte im Vorverkauf
Umtausch,
Gewährleistungsrecht, Garantie – Was ist der Unterschied?
Der
falsch gelieferte Artikel (aliud) beim Kaufvertrag im Internet – Wer hat welche
Rechte?
Die
negative Beschaffenheitsvereinbarung bei Verkauf eines „Bastelfahrzeugs“
* Als Amazon-Partner verdiene ich an
qualifizierten Verkäufen.
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