In der juristischen Ausbildung an der
Universität spielt das Reiserecht keine besonders große Rolle. Jedenfalls wird
das Thema in den Vorlesungen kaum behandelt, sodass Studierende insofern auf
sich selbst gestellt ist.
Dennoch sollte sich jede/r Prüfungskandidat/in wenigstens
mit den Grundzügen dieser Materie vertraut machen.
Der Pauschalreisevertrag im ersten Staatsexamen soll daher im Folgenden diskutiert werden.
Examensrelevanz
Natürlich ist es leicht,
hier auf Lücke zu lernen und zu hoffen, dass man im Examen ohne Kenntnisse des
Reiserechts ungeschoren davon kommt. Aus meiner eigenen Erfahrung muss ich
allerdings von einem solchen Verhalten abraten, denn in meinem ersten
Staatsexamen war eine Klausur vollständig dem Pauschalreiserecht gewidmet.
Glücklicherweise hatte ich im großen Schein eine Hausarbeit aus dem Reiserecht
zu bearbeiten, sodass ich mich hier vertieft mit den gesetzlichen Regelungen
beschäftigen musste, was sich dann auch ausgezahlt hat.
Rechtsprechung des BGH
In diesem Sinn soll
eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshof kurz angesprochen werden (BGH,Urteil vom 6. Dezember 2016 - X ZR 117/15):
Wenn eine Pauschalreise den Transport von
Flughafen zum Hotel umfasst und es auf dem Weg zur Unterkunft zu einem vom
Transportunternehmen unverschuldeten Unfall kommt, bei dem der Reisende schwer
verletzt wird, dann stellt sich die Frage, ob Letzterer den bereits gezahlten
Reisepreis zurück verlangen kann oder einfach Pech gehabt hat.
Die erste
Überlegung geht natürlich dahin, aus welcher Anspruchsgrundlage sich eine
solche Rückzahlung ergeben könnte. Vielleicht ist der ein oder andere versucht,
hier an einen Schadensersatz zu denken. Den Transporteuer als
Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters iSd. § 278 S. 1 BGB traf jedoch kein
Verschulden, sodass die Voraussetzungen für einen Schadensersatz nicht
vorliegen.
Sehr viel mehr erfolgversprechend ist die
Minderung, die sich nicht auf den ersten Blick aufdrängt. Allerdings muss man
hier einmal gehört haben, dass eine Minderung auf Null möglich ist, wenn die
gesamte Reise für den Reisenden wertlos ist. Das hat der Bundesgerichtshof in
der genannten Entscheidung erneut klargestellt.
Wenn man also nun weiß, dass
eine Minderung auf Null in Betracht kommt, dann kann der gezahlte Reisepreis gemäß
§ 651d I 2 i.V.m. § 638 IV BGB zurück verlangt werden.
Im Reiserecht kommt es regelmäßig darauf an,
ob überhaupt ein Reisemangel nach § 651c I BGB gegeben ist. Man muss an dieser
Stelle genau ermitteln, was der Reiseveranstalter denn schuldet. Oft muss eine
Abgrenzung zum allgemeinen Lebensrisiko erfolgen.
Das Gericht hat bei dem
schweren Unfall einen solchen Mangel bejaht, weshalb es in der Folge bei der
Minderung auf ein Verschulden des Reiseveranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen
nicht ankommt. Damit kann der Reisende den gezahlten Reisepreis erstattet
verlangen.
Weiterführende Literatur dazu
Diese und zahlreiche weitere Probleme aus dem
Pauschalreiserecht, die immer wieder in diesem Zusammenhang auftauchen, habe
ich in drei sehr ausführlichen Fällen in meinem eBook* „Juristische Übungsfälle zum
Schuldrecht BT I, Vertragliche Schuldverhältnisse“ in gutachterlicher Form
behandelt, wie sie durchaus in einer Prüfungsarbeit abgefragt werden könnten.
Es
reicht gerade im Reiserecht aus, dass man sich die Standardkonstellationen näher
einprägt, sodass man auch den leicht abgewandelten Fall mit Erfolg lösen kann.
Hier ist ein weiterer Artikel zum Reiserecht zu finden:
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qualifizierten Verkäufen.
Toller Blog, aber bitte die "Standartkonstellationen" weg von den Standarten und hin zu den "Standardkonstellationen" korrigieren! ;)
AntwortenLöschenIch danke für den Hinweis. Korrektur veranlasst.
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