Das Pauschalreiserecht ist nach wie vor vom Prüfungsstoff im ersten juristischen Staatsexamen umfasst. Hier sind viele kleine Detailvorschriften zu beachten, was die Materie etwas unübersichtlich macht. Insofern bietet eine neue Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt zum Reisemangel Anlass, sich einmal mit diesem Teilbereich des Rechts zu befassen.
Stellt schlechtes Wetter einen Reisemangel dar?
Sachverhalt der Entscheidung:
So war etwa eine Rundwanderreise wegen Nebels beeinträchtigt
und insgesamt habe der anhaltende Nebel den Genuss des Urlaubs gestört.
Entscheidung des Gerichts:
Das Oberlandesgericht Frankfurt (Beschl. v. 28.8.2023, Az.Az. 16 U 54/23) ist der Argumentation der Urlauberin aber nicht gefolgt.
Die geltend gemachte Minderung des Reisepreises gem. § 651mI 1 BGB kam nicht in Betracht. Die Vorschrift besagt:
Für
die Dauer des Reisemangels mindert sich der Reisepreis. Bei der Minderung ist
der Reisepreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des
Vertragsschlusses der Wert der Pauschalreise in mangelfreiem Zustand zu dem
wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich,
durch Schätzung zu ermitteln.
Sicherlich wäre es denkbar, dass ein Reiseveranstalter
bestimmte Garantien übernimmt. Hier aber war das nicht der Fall, sodass das
schlechte Wetter, was für die Reisezeit typisch war, keinen Reisemangel darstellte.
Darüber hinaus musste der Reiseveranstalter die Urlauberin
auch nicht vor der Reise über das Klima am Zielort informieren. Das sei nach
Ansicht des Gerichts Sache des jeweiligen Urlaubers, zumal man das heutzutage
leicht im Internet tun könne. Insofern bestehe auch kein Wissensvorsprung des
Reiseveranstalters.
Hier der Wortlaut der Entscheidung:
„Nicht
zu folgen vermag der Senat der Argumentation der Klägerin, dass sich an der
Informationslage von Reisenden und damit der Informationspflicht des
Reiseveranstalters über die Klima- und Witterungsbedingungen in Ecuador
angesichts der durch das Internet eröffneten Recherchemöglichkeiten nichts
geändert hat gegenüber den bereits vor dem „Internetzeitalter“ zur Verfügung
stehenden Reiseführern in Printform. Denn das Internet bietet dem Reisenden
eine umfangreichere sowie aktuellere und zudem unentgeltliche
Informationsquelle als ein Reiseführer, den der Reisende aufgrund der damit
verbundenen Kosten nach allgemeiner Lebenserfahrung erst erwerben wird, nachdem
er sich für ein bestimmtes Zielgebiet entschieden hat.“
Nachdem die Reise offenbar sehr teuer war, könnte man auf
die Idee kommen, dass insoweit mehr an Information geschuldet sei als bei einem
billigeren Urlaub. Aber auch diese Argumentation trägt nicht, denn der Preis
wurde für die Exklusivität der Privatreise entrichtet und nicht für die
Information über etwaige Wetterverhältnisse. Dazu das Gericht:
„Eine
besondere Beratungspflicht der Beklagten hinsichtlich der üblichen
Witterungsbedingungen im Reisemonat lässt sich auch nicht damit rechtfertigen,
dass es sich um eine recht hochpreisige Reise gehandelt haben mag. Bestimmend
für die Höhe des Reisepreises war primär der Umstand, dass es sich laut Reisebeschreibung
um eine exklusive Privatreise der Klägerin und ihres Mitreisenden handelte und
die Flugreise als sog. Gabelflug in der Business-Class (mit Ausnahme des
Inlandsfluges) erfolgte, so dass der Senat eine Störung des
Äquivalenz-Verhältnisses nicht zu erkennen vermag, wenn von der Klägerin eigene
Recherchetätigkeit in Bezug auf die typischen Witterungsbedingungen im
Zielgebiet vor Buchung erwartet wird.“
Insgesamt zeigt der Fall, dass man gerade im
Pauschalreiserecht hinsichtlich des Mangels eigentlich nur vernünftig
argumentieren muss. Wenn man die Einbettung der Problematik in die richtigen
Anspruchsgrundlagen und den Prüfungsaufbau richtig durchführt, sollten keine
Probleme mit dem Gutachten bestehen.
Weiterführende Literatur:
In meinem eBook* „Juristische Übungsfälle zum Schuldrecht BT
I“ habe ich mehrere
Fälle zum Pauschalreiserecht gutachterlich gelöst. Wer
Interesse hat, kann das Buch hier finden:
Juristische Übungsfälle zum Schuldrecht BT I
Ein weiterer Artikel zum Pauschalreiserecht findet sich hier auf meinem Blog.
Hier sind weitere Artikel zum Schadensrecht zu finden
Mitverschulden
bei der Haftungsausfüllung, § 254 II 1 BGB
Dieselskandal
und Schadensrecht
* Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten
Verkäufen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen