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Mittwoch, 15. März 2023

Explodierte Batterie und § 7 I StVG

Explodierte Batterie und § 7 I StVG

In der Praxis stützt man sich sehr oft auf die Haftung des Halters nach § 7 I StVG, wenn man einen Schaden durch ein Fahrzeug erleidet (siehe auch meinen Beitrag hier, hier und hier). Das hat seinen Grund darin, dass es sich um eine Gefährdungshaftung handelt und man kein Verschulden nachweisen muss, was in einem Gerichtsprozess oft sehr schwer ist.

Im Laufe der Jahre hat der Bundesgerichtshof dann auch immer mehr Entscheidungen gefällt, die eine Haftung nach dieser Vorschrift begründet, obwohl man dies auf den ersten Blick nicht erwartet hätte.

In einer neuen Entscheidung (BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 – VI ZR 1234/20)  hat das Gericht aber einmal die Grenze gezogen und die Ausweitung des Anwendungsbereichs begrenzt.


Sachverhalt


Ein Versicherungsnehmer der Beklagten brachte seinen Elektroroller zur Inspektion in Werkstatträume, die bei der Klägerin versichert waren. Dort entnahm ein Mitarbeiter der Werkstatt die Batterie des Elektrorollers und begann sie aufzuladen. Als der Mitarbeiter bemerkte, dass sich die Batterie stark erhitzte, trennte er sie vom Stromnetz und legte sie zur Abkühlung auf den Boden der Werkstatt. Kurz darauf explodierte die Batterie und setzte das Gebäude in Brand.


Entscheidung


Dazu Rn. 8: „Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" verletzt bzw. beschädigt worden ist. Dieses Haftungsmerkmal ist entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen.“

Rn. 9: „Zwar ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Umstand, dass sich der Elektroroller und die Batterie zur Inspektion in einer Werkstatt befanden, für die Frage der Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG unerheblich. Denn dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeuges an ihren Rechtsgütern einen Schaden erleiden, gehört zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift des § 7 StVG den Verkehr schadlos halten will.“

Rn. 10 f.: „Allerdings ist nicht festgestellt - und die Revision zeigt dazu auch keinen übergangenen Vortrag auf -, dass die Erhitzung und die nachfolgende Explosion der Batterie bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG standen. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Batterie bereits aus dem Elektroroller ausgebaut und hatte zu diesem keine Verbindung mehr. Bei dieser Sachlage besteht kein Unterschied zu der Situation, in der eine zuvor nicht im Elektroroller befindliche Batterie dort eingebaut werden soll und zu diesem Zweck vorher aufgeladen wird. In diesen Fällen ist die Batterie nicht mehr bzw. noch nicht Teil der Betriebseinrichtung.

Weiter ist nicht festgestellt - und die Revision zeigt auch dazu keinen übergangenen Vortrag auf -, dass die Explosion der Batterie in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang stand (vgl. dazu Senatsurteil vom 26. März 2019 - VI ZR 236/18, NJW 2019, 2227 Rn. 9). Allein der Umstand, dass sich die Batterie zuvor im Elektroroller befand und in diesem entladen wurde, begründet nicht den erforderlichen Zurechnungszusammenhang.“

Man kann also sehen, dass die Haftung des Halters nicht grenzenlos ist. Manchmal muss man einfach die Kirche im Dorf lassen.


Hohe Examensrelevanz


Verkehrsunfälle sind absolut examensrelevant. Hier kann man sehr schön Probleme der Haftungsbegründung mit der Haftungsausfüllung verbinden und auch leicht zivilprozessuale Themen einbinden.

Wer sich einmal mit der Materie beschäftigt und einen Überblick erhält, wird sich im ersten Staatsexamen darüber freuen, wenn ein Verkehrsunfall Gegenstand der Klausur ist.

Letztlich muss man sich im Referendariat sowieso ausgiebig mit dem Verkehrsunfall beschäftigen, weshalb man es auch gleich im Studium tun kann.


Vor kurzem habe ich mein eBook* zum Deliktsrecht überarbeitet und man kann dort nun vier Fälle zu diesem Thema gutachterlich gelöst finden (unter anderem eine ganz neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs). Hier zu finden:


Juristische Übungsfälle zum Deliktsrecht

 


Hier sind weitere Artikel zur Halterhaftung zu finden


Halterhaftung beim Kfz (§ 7 StVG)

Noch mehr Halterhaftung

Haftung nach § 7 I StVG bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs, das abgestellt ist




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