In eher seltenen Fällen muss man als Jurist/in in
der Ausbildung das Zurückbehaltungsrecht bei der Lösung eines Sachverhalts
ansprechen. Dabei tun sich viele Bearbeiter/innen schwer.
Die Vorschrift des § 273 BGB ist von erheblicher Bedeutung im Jurastudium und soll im Folgenden abgegrenzt werden.
Abgrenzung zur Aufrechnung
Insbesondere eine
Abgrenzung zur Aufrechnung nehmen viele Studierende dann falsch vor, was zu schweren
Fehlern im Gutachten führen kann.
Sofern eine gleichartige Forderung gegen eine andere steht, gibt es kein Zurückbehaltungsrecht, denn in diesem Fall kommt nur die Aufrechnung gem. § 387 BGB in Betracht:
Schulden zwei Personen
einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder
Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald
er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken
kann.
Siehe dazu noch weiter unten.
Die Aufrechnung ist übrigens ein einseitiges Rechtsgeschäft,
sowie ein Gestaltungs- und Verfügungsgeschäft.
Einrede des nichterfüllten Vertrags
Bei der Einrede des nichterfüllten Vertrags
nach § 320 BGB geht es um im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende
Hauptleistungspflichten aus einem gegenseitigen Vertrag. Falls dies nicht gegeben ist, wäre die Norm
des § 273 BGB zu prüfen. Die Norm des § 320 BGB ist darüber hinaus eine Sonderform
des Zurückbehaltungsrechts aus § 273 BGB.
Wenn man sich die Voraussetzungen des
Zurückbehaltungsrechts einmal näher angeschaut hat, kann man schwere Fehler
vermeiden, ohne dass man große Detailkenntnisse haben muss.
Die Wechselseitigkeit
ist dabei eigentlich selbstverständlich, nämlich dass der jeder der beiden
Beteiligten zugleich Schuldner und Gläubiger ist.
Dass es sich um einen
vollwirksamen und fälligen Gegenanspruch des Zurückhaltenden handeln muss,
leuchtet auch ein.
Problematischer wird es bei der Ungleichartigkeit der
Forderungen als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Demnach
ist eine Anwendung der Vorschrift nicht möglich, wenn der Schuldner sich sogleich
durch eine Aufrechnung befreien kann, weil beide Parteien etwa Zahlungsansprüche haben.
Ein schützenswertes Interesse an der
Zug-um-Zug-Situation würde hier nicht bestehen, denn es können ja sofort klare Verhältnisse
geschaffen werden. Notfalls ist somit die Erklärung als eine Aufrechnung auszulegen.
Gelegentlich liest oder hört man die Antwort
von Studierenden, dass ein Verkäufer, der einen Anspruch auf Zahlung aus
einem anderen Vertrag hat, gegen den Anspruch des Käufers auf Lieferung der
Kaufsache aufrechnen könne, was freilich angesichts des Vorstehenden als
schwerer Fehler zu bewerten wäre.
Das am wenigsten klare Element dürfte jedoch
die Konnexität sein. Es müssen hier die Forderung und Gegenforderung auf
demselben rechtlichen Verhältnis beruhen, es muss also ein innerlich
zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis zugrunde liegen.
Erforderlich ist ein solcher natürlicher und
wirtschaftlicher Zusammenhang, dass es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn
der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen gelten gemacht werden könnte (BGHZ
92, 194, 196).
Wann immer Treu und Glauben ins Spiel gebracht wird, sind alle möglichen
Ansichten vertretbar. Man kann diesen Zusammenhang eher weit ziehen und Ansprüche
aus verschiedenen Verträgen ausreichen lassen, insbesondere dann, wenn zwischen
den Parteien eine ständige Geschäftsbeziehung besteht. Falls aber viele Jahre
zwischen der Entstehung der Ansprüche liegen, wird man wohl auch hier den
Zusammenhang verneinen müssen.
Letztlich ist noch zu beachten, dass es sich
bei dem Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB um eine Einrede handelt, die natürlich
auch erhoben werden muss, um beachtlich zu sein.
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