Ein Klassiker im Zivilrecht im juristischen Studium ist
der Ausgleich in familiären Verhältnissen. Dabei geht es darum, dass Zahlungen
oder Leistungen eines Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder
einer Ehe oder der Schwiegereltern für (regelmäßig) den Ehemann erbracht werden,
damit dieser das Haus abbezahlen kann. Wie es im Jurastudium zwangsläufig
kommen muss, zerbricht die Ehe oder Partnerschaft dann und die Leistenden
wollen ihr Geld zurück.
Einen Fall, der in diese Kategorie fällt, hat nach einer Meldung von Legal Tribute Online das Landgericht Frankfurt (Urt. v. 28.11.2024, Az. 2-23 O 701/23) entscheiden müssen.
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Das
Verhältnis von § 123 BGB zu § 138 BGB
Eigenschaftsirrtum
gem. § 119 II BGB und Irrtum über den Wert der Sache
Laut Mitteilung sei folgender Sachverhalt gegeben
Die
Geschichte begann, als der Schwiegersohn ein geerbtes Haus erhalten wollte.
Doch die Bank hatte ihm den Kredit gekündigt. In seiner Not wandte er sich an
seine Schwiegereltern, die ihm aushelfen wollten. Sie nahmen ein Darlehen in
Höhe von 250.000 Euro auf, um die Restschuld des Schwiegersohns zu begleichen.
Die Vereinbarung war eindeutig: Der Schwiegersohn würde das Darlehen inklusive
Zinsen und Tilgung zurückzahlen.
Doch
die Geschichte nahm eine Wendung: Die Ehe des Schwiegersohns mit der Tochter
der Darlehensgeber scheiterte. Kurz darauf stellte er seine Zahlungen ein.
Seine Begründung: Die finanziellen Belastungen durch die Unterhaltszahlungen an
seine Ex-Frau hätten ihm keine Möglichkeit mehr gelassen, weiterzuzahlen. Doch
die Schwiegereltern ließen sich damit nicht abspeisen und klagten vor dem LG.
In dieser konkreten Gestaltung kommt es regelmäßig darauf
an, die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu finden. Diese können sein:
Schenkungswiderruf,
531 II, 812 BGB
Wegfall
der Geschäftsgrundlage, 313, 346 BGB
Zweckfortfall,
812 I 2 2. Alt. BGB
Vor der Prüfung dieser Anspruchsgrundlagen ist allerdings
immer zu fragen, ob nicht vertragliche Ansprüche
der Parteien gegeben sind. Das ist in einer Klausur im Studium eher nicht der
Fall, da dies die Lösung sogleich zum Ende bringen würde.
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht Frankfurt aber offenbar angenommen, dass zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag vorgelegen hat. Damit führt der Zahlungsanspruch der Schiegereltern zum Ziel.
Dazu die
Mitteilung auf der genannten Seite:
Das
Gericht entschied sich gegen die Schilderung des Schwiegersohns, der das
Darlehen als eine Art Hilfe im engen Familienkreis darzustellen versuchte.
Dieser stellte die Geldzuwendung der Schwiegereltern als freiwillige
Gefälligkeit dar – eine rein altruistische Geste, ganz ohne rechtliche
Verpflichtungen. Doch das LG wies diese Argumentation zurück.
Das
Gericht führte aus, dass die Höhe des Darlehens von 250.000 Euro eindeutig
gegen die Vorstellung einer bloßen Gefälligkeit spreche. Vielmehr wiesen sie
darauf hin, dass der Rechtsbindungswille der Parteien offensichtlich war, da
die Schwiegereltern ein erhebliches finanzielles Risiko eingegangen waren.
Der
Rechtsbindungswille ist eine entscheidende Voraussetzung für die Wirksamkeit
einer Willenserklärung, die ihrerseits die Grundlage für den Vertragsschluss
bildet. Ein Rechtsbindungswille liegt vor, wenn der Erklärende mit seiner
Handlung oder Erklärung beabsichtigt, eine rechtlich bindende Verpflichtung
einzugehen. Das bedeutet, derjenige, der eine Willenserklärung abgibt, muss die
Absicht haben, sich rechtlich zu binden.
Im
vorliegenden Fall war es für das LG klar, dass es sich nicht um eine bloße
Hilfeleistung handelte. Auch die Tatsache, dass der Mann zu seiner Zeit als
Schwiegersohn die Rückzahlungen über Jahre hinweg geleistet hatte, unterstützte
diese Einschätzung. Zusätzlich machte das Gericht klar, dass der Mann selbst
eingeräumt hatte, dass die Parteien nie eine Schenkung vereinbaren wollten.
Dies verstärkte weiter die Annahme, dass der Schwiegersohn zu einer Rückzahlung
verpflichtet war.
Wenn tatsächlich erwiesen ist, dass die Parteien gerade
keine Schenkung wollten, dann liegt es in der Tat nahe, einen Darlehensvertrag
anzunehmen. Für eine bloße Gefälligkeit außerhalb des Rechts erscheint die
genannte Summe als zu hoch. Dazu noch einmal die Abgrenzung nach dem
Bundesgerichtshof:
Indizien, die auf einen Rechtsbindungswillen und damit
auf einen Vertrag schließen lassen, sind (BGHZ 21, 102, 107; BGH NJW-RR 2006,
117, 120):
(1) die Art der Gefälligkeit, ihr Grund und ihr Zweck,
(2) ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung (insb.
für den Empfänger)
(3) die bestehende Interessenlage
(4) der Wert der anvertrauten Sache
(5) das erkennbare Interesse des Begünstigten und die dem
Leistenden erkennbare Gefahr, in die der Leistungsempfänger durch eine
unterlassene oder fehlerhafte Leistung geraten kann.
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